Vorzeige-Jet 787 „Dreamliner“ Überraschung bei Boeings Wundervogel

Boeings neues Leichtbauflugzeug 787 kämpft mit technischen Problemen. Doch ein Flug mit dem Wundervogel bleibt ein unvergleichliches Erlebnis. Deshalb die Forderung an Boeing: Löst endlich die Probleme und gebt uns mehr Flugzeuge aus Plastik.

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Der Flugzeugbauer Boeing muss sich bei seinem Vorzeige-Jet 787 „Dreamliner“ mit undichten Treibstoffleitungen herumschlagen Quelle: dpa

Den gestrigen Tag werden die 174 Passagiere von Flug UA 1146 so schnell nicht vergessen. Denn ihre Reise mit dem Lufthansa-Partner United Airlines von Houston im US-Bundesstaat Texas nach New York endete unerwartet früh in New Orleans, wo sie ein Gruppe von Feuerwehrwagen erwartete. Grund war ein Problem in einer Benzinpumpe. Und prompt schickte die amerikanische Luftaufsichtsbehörde FAA alle 33 bisher ausgelieferten Exemplare des Wundervogels in die Werkstatt. Bislang sieht es so aus, als könnten sie alle ohne Probleme weiter fliegen.

Das werden Airlines und Passagiere mit Erleichterung hören. Denn auch wenn die Maschine im Prinzip wie jedes andere Flugzeug aussieht. Dank der inneren Werte ist ein Flug ein besonderes Erlebnis, wie ich beim Erstflug im vergangenen Januar erleben durfte.

Dumpfes Trommeln, helles Klacken und laute Rufe: Den Beginn der neuen Ära in der Fliegerei kann an diesem Tag keiner im Teil B des alten Terminals am Frankfurter Flughafens überhören. Vier Meister der japanischen Trommelkunst Kodo dröhnen laut durch die Gänge bis in die Vielfliegerlounges, in die Dutyfree-Läden und das Casino. Und zumindest den ersten Reihen vor mir bereiten sie viel Freude. Eine Gruppe Jungen und Mädchen im Grundschulalter in Pilotenuniformen mit den vier Ärmelstreifen strahlen, dahinter lächeln Manager mit europäischen und japanischen Gesichtszügen über ihre Becher mit Reisschnapps oder Frankfurter Apfelwein. Dahinter genießen ein paar Ehrengäste in Freizeitkleidung frisches Sushi und Bretzeln.

Die Freude ist verständlich. Denn die Feier gilt der wohl wichtigsten Neuerung in der Passagierluftfahrt, seit vor mehr als 50 Jahren die ersten Düsenmaschinen wie die Boeing 707 dank dicker Druckkabinen höher und mit großen Düsentriebwerken schneller denn je flogen - Flüge zu anderen Kontinenten auf halbe Tage verkürzten – und damit praktisch die Globalisierung und den Jetset gleichermaßen möglich machten.

Ja, seit Anfang Januar ist es endlich soweit. Dreieinhalb Jahre später als geplant startet endlich die Boeing 787 von Frankfurt aus zum weltweiten Linienverkehr.

Die Wundermaschine mit dem Spitznamen Dreamliner ist die erste Maschine, die zu mehr als der Hälfte aus leichten Verbundwerkstoffen besteht. Das soll die ganze Flugbranche verändern - und wenn man Boeing glaubt, sogar eine Revolution auslösen.

Die hohen Erwartungen sind allen anzumerken. Die anwesenden Manager der All Nippon Airways (ANA), die als erste Fluglinie die Maschinen bekommt, freuen sich. Immerhin soll ihr neuer Flieger künftig mehr als ein Fünftel an Betriebskosten einsparen und das brauchen alle Airlines angesichts der schwachen Konjunktur und des hohen Spritpreises dringender denn je. Die Passagiere genießen die deutlich gesündere Luft an Bord und die Anwohner der Flughäfen, dass die 787 bei Starts und Landungen nur noch ein Drittel des Lärms macht als andere Flieger.

Das alles sieht dem Star der Veranstaltung keiner an. Gut, die Front ist etwas windschnittiger. Und Kenner freuen sich am hyperkritischen Flügel, wie Experten die leicht nach hinten und oben gezogene Tragflächenform nennen. Doch besonders jetzt, wenn der Frankfurter Nieselregen die Sicht ein wenig verdüstert, macht die Maschine nicht viel her. So ist es kein Wunder, dass der Superjumbo A380 der Lufthansa für fast die dreifache Zahl an Passagieren deutlich mehr Blicke auf sich zieht als er mitten in einer der Festreden vorbeizieht. „Aber warten sie es ab“, sagt mir ein Mitarbeiter de ANA. „Wenn Sie drin sitzen, sind sie wirklich begeistert.“

Als wir dann an Bord gehen, ist die Begeisterung zunächst wieder nur bei Kindern im Kapitänsdress zu spüren. Sie liefern sich einen fröhlichen Wettbewerb, wer den Passagieren eine Tüte mit ein paar Fanartikeln überreichen darf: ein großer Fanschal der ANA, ein Minibembel für Apfelwein und ein handgroßes quadratisches Ding aus Holz. „Ist das ein Übertopf für einen kleinen Bonsaibaum?“, frage ich einen der lächelnden Japaner. „Nein“, antwortet er. „Das ist ein Trinkbecher für Sake.“

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