Alexandra Voss, Chinarepräsentantin der AHK: „Das Problem ist rückläufig und bei der Rechtssetzung sowie der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen sehen wir Fortschritte. Die jahrelangen Bemühungen von uns und anderen ausländischen Institutionen in China zeigen endlich Wirkung.“ Das klingt nach Fortschritt, doch Thomas Wu relativiert: „Es herrschen bei weitem noch keine europäischen Verhältnisse.“
Und weil das so ist, beraten Experten wie Thomas Wu, Mitarbeiter der AHK und das Bundesinnenministerium Unternehmen, die Geschäfte in China machen wollen – ohne schmerzhafte Erfahrungen wie die eines deutschen Mittelständlers, der zwei Monate nach dem Besuch beim chinesischen Kooperationspartner das eigene Produkt unter anderem Namen auf einer Branchenmesse wiederentdeckte.
Was also tun? Der Deutsch-Chinese Thomas Wu sieht Schwächen auf westlicher Seite. „Deutsche Unternehmen müssen an ihrer Schutzkultur arbeiten“, warnt er. Oft sei Entscheidungsträger überhaupt nicht klar, welches Informationen in keinem Fall an Dritte gelangen dürfen. „Nur etwa 5 Prozent des Wissens und der Technik sind wirklich wichtig. Diese Kern-Know-how wie etwa die Spezial-Software, die eine Maschine steuert, muss ich schützen“, erklärt Wu.
Deutsche Unternehmen in China
BSH-Waschmaschine aus Nanjing
BSH (Bosch und Siemens) baut 50 Kilometer von Nanjing entfernt in Chuzhou eine neue Kältegerätefabrik. Produktionsstart ist 2013.
Fabriken: 6, an drei Standorten (bisher)
Marktanteil bei Kühlgeräten: 13,7 Prozent
Mitarbeiter: 21.000
Produktion Shanghai
Die Leverkusener wachsen auf dem inzwischen drittgrößten Pharmamarkt der Welt kontinuierlich. 3 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet der Konzern in der Volksrepublik. Bis 2015 soll der Umsatz sich verdoppeln.
Fertigungsstätten: 12
Mitarbeiter: 11.000
Energie in Waigaoqiao II
Das von Siemens errichtete Kohlekraftwerk in Shanghai spart 2,1 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr ein.
Umsatz: 6,4 Milliarden Euro
Forschungszentren: 16
Mitarbeiter: 43.000
Shanghai läuft und läuft
VW ist mit knapp 50.000 Beschäftigten größter deutscher Arbeitgeber in China. Bis 2016 will der Konzern 14 Milliarden Euro in China investieren.
Verkaufte Autos 2011: 2,26 Millionen
Anteil am Automobilmarkt: 17 Prozent
Schutz von geistigem Eigentum sei ein Thema, das von den Beteiligten große Disziplin erfordere. Seine Beobachtung: „Deutsche Unternehmen bauen sehr schnell Vertrauen auf und werden dann undiszipliniert.“ Ein Verhalten, das Asiaten bei Geschäften unter sich, so nicht an den Tag legen. Ein Beispiel aus der Automobilproduktion, von dem Jochen Siebert, Inhaber der auf den chinesischen Automobilmarkt spezialisierten JSC Automotive Unternehmensberatung, berichtet.
Dem Partner keine Chance zum Know-How-Klau lassen
Der japanische Autobauer Toyota importiert für die Einrichtung seiner Werke in China, alle relevanten Maschinen und bringt die japanischen Zulieferer auch gleich mit. Alle Prozesse laufen auf Japanisch ab. „Und der Partner Guangzhou guckt in die Röhre“, sagt Siebert. Thomas Wu weiß von ähnlichen Abläufen bei taiwanesischen oder koreanischen Unternehmen. Da werde die chinesische Belegschaft des Joint-Venture-Partners schon mal für einige Wochen in den Urlaub geschickt, bis die Maschinen der neuen Fertigungslinie vom landeseigenen Fachpersonal justiert sind und die Produktion beginnen kann. Die chinesische Belegschaft lernt nur einzelne Handgriffe.
Wer so vorgeht, bietet dem Partner nahezu keine Chance Kern-Know-how abzugreifen. Eine Lektion, die vor allem deutsche Mittelständler erst noch lernen müssen. Im Bad-Practice-Fall holt zum Beispiel der Maschinenbauer chinesische Facharbeiter in die deutsche Produktion, schult sie wochen- oder sogar monatelang. Diese wissen danach genau, wie die Maschine zu bedienen und zu justieren ist. Beste Voraussetzungen, um mit diesem Wissen selbst eine Maschine zu konstruieren oder die nötige Software zu entwickeln.