Abgasskandal Die miesen Tricks der Autohersteller

Als erster Hersteller ruft Porsche Fahrzeuge zurück, weil sie zu viel Stickoxid ausstoßen. Das Beispiel zeigt, wie schamlos die Autokonzerne ihre Autos zum Schaden der Umwelt und Kunden getunt haben.

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Erster Rückruf gestartet. Porsche holt den Macan zurück. Insgesamt kommen 630.000 Fahrzeuge wegen überhöhter Stickoxid-Werte in die Werkstatt. Quelle: dpa

Als Schuldeingeständnis wollen die Hersteller die größte Rückrufaktion der jüngsten deutschen Wirtschaftsgeschichte natürlich nicht verstehen. Bis zu 630.000 Fahrzeuge sollen in die Werkstatt, weil die Stickoxid-Werte zu hoch sind. Die Konzerne haben der Politik im Frühjahr versprochen, die Abgasreinigung neu einzustellen. „Freiwillige Serviceaktion“, heißt es etwa bei Audi. Autohersteller wie Mercedes, Audi, Opel und Porsche sprechen zudem von „Nachbesserung“.

Doch schon beim ersten Autohersteller, der mit dem Rückruf beginnt, zeigen sich, dass die Autokonzerne im wahrsten Sinne mehr Dreck am Stecken haben als ihnen lieb ist. Porsche holt ab heute 10.500 Fahrzeuge des Modells Macan zur Umrüstung in die Werkstatt. Wie nahezu alle anderen Unternehmen nutzte auch Porsche das so genannte „Thermofenster“. Es erlaubt Unternehmen laut EU-Verordnung, die Abgasreinigung zum Schutz des Motors abzustellen oder zu reduzieren.

Doch der Porsche-Rückruf zeigt, wie schamlos das Unternehmen das Gesetz zum eigenen Vorteil und zum Nachteil der Umwelt ausgenutzt hat. Laut Bundesverkehrsministerium wird bei der Umrüstung des Macan „das Thermofenster von 17 auf 5 Grad Außentemperatur geändert“, heißt es. Das führe zur Einsparung von rund 32 Tonnen Stickoxiden (NOx) pro Jahr. Die Verbesserung werde Porsche auch für alle neu zuzulassenden Modelle vornehmen.

Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) wirft dem italienischen Autobauer Fiat nach Informationen der WirtschaftsWoche vor, unzulässige Abschalteinrichtungen bei Dieselmotoren zu verwenden.
von Christian Schlesiger

17 versus 5 Grad: Der gewaltige Unterschied in der Außentemperatur zeigt, wie offensichtlich beliebig Porsche die Grenzen des Thermofensters gesetzt hat. Vor allem zeigt die Dimension, wie gleichgültig die Autokonzerne mit der Frage umgehen, welche umweltschädlichen Wirkungen die Diesel-Motoren haben. Jetzt läuft die Abgasreinigung also viele Wochen mehr pro Jahr.

Mit Motorschutz hat das nichts zu tun

Nicht besser verhalten sich andere Hersteller. Opel hat bereits zugegeben, die Abgasreinigung bei bestimmten Modellen ab einer Geschwindigkeit von 145 Kilometer pro Stunde und einer Drehzahl von 2400 Umdrehungen abzuschalten. Bei Fiat stellte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gerade fest, dass die Modelle Fiat 500X, Fiat Doblo und der zum Konzern gehörende Jeep Renegade die Abgasreinigung offenbar nach 22 Minuten automatisch abstellen.

Welche Schadstoffe im Abgas stecken


Mit Motorschutz hat all das nichts zu tun. Ein Wissenschaftler einer deutschen Hochschule, der namentlich nicht genannt werden möchte, weil er auch von Aufträgen der Industrie abhängt, bestätigt der WirtschaftsWoche: „Technisch ist das Abschalten der Abgasreinigung nach dem Muster einer Zeitschaltuhr wie vermutlich bei Fiat oder ab einer bestimmten Geschwindigkeit und Drehzahl wie bei Opel für den Motorschutz unnötig.“ Auch Thermofenster seien nur vorgeschoben.

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