Abgasskandal Volkswagen will vier Millionen Diesel nachrüsten

Volkswagen bessert nach: Der Autobauer will zusätzlich 1,5 Millionen Diesel nachrüsten, um die Abgase zu reduzieren. Umweltministerin Barbara Hendricks droht der Branche jedoch weiter mit Fahrverboten.

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Volkswagen rüstet zusätzlich 1,5 Millionen Fahrzeuge nach. Quelle: dpa

Wolfsburg Volkswagen hat kurz vor dem „Diesel-Gipfel“ der Bundesregierung Abgas-Nachbesserungen bei zusätzlichen Autos in Aussicht gestellt. Der Konzern werde anbieten, insgesamt vier Millionen Fahrzeuge nachzurüsten und damit die Emissionen deutlich zu reduzieren, sagte Vorstandschef Matthias Müller am Donnerstag nach einem Gespräch mit Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Wolfsburg. Nach Unternehmensangaben sind dies 1,5 Millionen zusätzliche Fahrzeuge. Volkswagen muss nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte bereits rund 2,5 Millionen Autos umrüsten.

Müller betonte: „Wir wissen um unsere Verantwortung für Umwelt und für unsere Arbeitsplätze.“ VW wolle einen Beitrag zu einem Erfolg des Gipfels leisten, zu dem Hendricks mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eingeladen hat.

Hendricks sieht die Auto-Industrie vor einschneidenden Veränderungen. „Das ist ein Wendepunkt“, sagte die Politikerin am Donnerstag vor dem Treffen mit Müller. Die Vorwürfe zu möglichen illegalen Kartellabsprachen hätten weiteres Vertrauen zerstört. Es gebe „offenbar hier oder da Missstände im Management“ der Autobauer.

Es habe auch eine große Nähe zwischen Politik und der Branche in den vergangenen Jahren gegeben, die den Anschein der Kumpanei erweckt habe. „Ich kann das nicht ganz von der Hand weisen“, sagte sie. Es wäre daher richtig, wenn die Aufsicht über die Branche verstärkt würde und nicht nur von einem Ministerium. Neben dem Verkehrsministerium könnte auch das Umweltministerium dabei eine Rolle spielen.

Trotz geplanter Nachbesserungen von Diesel-Autos hält Hendricks weiterhin Fahrverbote für möglich. Diese würden notwendig, wenn die Grenzwerte für Stickoxide weiter überschritten würden – auch wenn sie das letzte Mittel seien, sagte die SPD-Politikerin. In einem ersten Schritt werde die Politik den Automobilkonzernen nur aufgeben können, die Software der Autos zu verbessern. Damit seien „nur Teilverbesserungen“ möglich - „und damit kann man nicht ausschließen, dass es trotzdem zu Fahrverboten kommen kann“.

Um Nachbesserungen soll es auch auf dem Diesel-Gipfel in der kommenden Woche gehen. Dort werde es neben Software-Updates auch um die „Formulierung von Anforderungen für den zweiten Schritt“ gehen, sagte sie – also Nachrüstungen am Motor. Der Verdacht illegaler Kartellabsprachen stehe nicht auf der Agenda des Treffens, sagte Hendricks. Sie würden aber „die Atmosphäre der Debatte“ prägen.

„Ich denke, es ist gut, miteinander zu reden und nicht übereinander zu reden“, sagte VW-Chef Müller. Er hoffe, dass der Gipfel „eine ernsthafte Angelegenheit wird – keine Inszenierung, kein Wahlkampfthema.“ Zur Wahrheit gehöre, „dass wir auch in Zukunft saubere und effiziente Verbrennungsmotoren brauchen in einer Übergangsphase hin zur Elektromobilität.“

Trotz aller Widrigkeiten rund um Abgasskandal und Kartellverdacht hat Volkswagen seine Gewinne im ersten Halbjahr fast verdoppelt. Unter dem Strich stand ein Gewinn von knapp 6,6 Milliarden Euro – nach rund 3,6 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum, wie das Dax-Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Am Vorabend hatte der VW-Vorstand den Aufsichtsrat über den Stand bezüglich der möglichen Kartellvorwürfe informiert – VW ist sich allerdings keiner illegalen Absprachen bewusst.

Nach außen schwieg das Unternehmen nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zu dem Verdacht gegen deutsche Autobauer, hält den Austausch zwischen Konzernen zu technischen Fragen aber für „weltweit üblich“. Zur Frage von Gesprächen unter den Herstellern teilte VW mit, davon profitierten auch Kunden, „weil innovative Lösungen schneller verfügbar und preiswerter sind als aufwendigere Einzelentwicklungen“. Die EU-Kommission prüft derzeit Informationen, wonach sich VW, BMW, Daimler, Audi und Porsche in verschiedenen Fragen mutmaßlich abgesprochen haben sollen.


VW-Kernmarke präsentiert sich stark

Angesichts guter Verkaufszahlen peilt der Autobauer im Gesamtjahr nun mehr Umsatz als zuvor geplant an: Die Konzernerlöse dürften 2017 um mehr als 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen. Vorher war VW von bis zu 4 Prozent ausgegangen.

Stark präsentierte sich die Pkw-Kernmarke VW mit einer Verdoppelung des operativen Ergebnisses auf 1,8 Milliarden Euro. Die Tochter Audi hielt mit 2,7 Milliarden Euro ihr operatives Ergebnis des Vorjahreszeitraums. Gewinnbringer Porsche erzielte operativ 2,1 Milliarden Euro - nach 1,8 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum.

Bei der Ergebnisprognose für 2017 allerdings bleibt Finanzchef Frank Witter vorsichtig. Vom Umsatz sollten insgesamt vor Zinsen und Steuern 6 bis 7 Prozent als operativer Gewinn hängen bleiben. Nach dem ersten Halbjahr steht die Marge bereits bei 7,7 Prozent. „Das Ergebnis wurde durch ein Verkaufsplus beflügelt“, sagte Witter. „Ich bin überzeugt: Wir sind für den Wandel der Automobilbranche und für die Zukunftsthemen finanziell gerüstet.“

Konzernchef Matthias Müller pflichtete bei: „Das beachtliche Ergebnis zum Halbjahr sowie die gute Entwicklung der Auslieferungen im Juni sind eine Bestätigung dafür, dass der Volkswagen-Konzern wieder auf dem richtigen Kurs ist.“ VW sei dankbar für das wachsende Vertrauen der Kunden.

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