Aixtron „Oft werden Versprechen gebrochen“

Investoren aus China müssen in Deutschland mehr für Übernahmen zahlen als westliche Konkurrenten. Das liegt auch an ihrer mangelnden Zuverlässigkeit.

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Sitz des Spezialmaschinenbauers Aixtron. Quelle: dpa

Chinesische Unternehmen machen mit Übernahmen Furore. Bei Aixtron müssen die Investoren allerdings gerade einen Rückschlag einstecken, weil Deutschland das Geschäft erst prüfen will. Woher kommen die Bedenken?
Die Bundesregierung argumentiert mit Sicherheitsbedenken. Diese liegen etwa vor, wenn die Technologie eines Unternehmens für militärische Zwecke oder Spionage gegen Deutschland eingesetzt werden könnten. Ich weiß natürlich nicht, ob die Regierung im Fall Aixtron konkrete Erkenntnisse hat, die Sicherheitsbedenken rechtfertigen, halte diese aber für vorgeschoben. Ich glaube stattdessen, dass die Politik die Wettbewerbsvorteile der deutschen Industrie schützen will. Die Chinesen haben es ganz offen auf ihre sogenannte „Agenda 2025“ gesetzt, dass sie durch den Kauf von internationalen Unternehmen technische Rückstände wettmachen wollen.

Warum hat die Bundesregierung dann den Einstieg des chinesischen Haugerätekonzerns Midea beim deutschen Roboterbauer Kuka durchgewunken?
Durchgewunken wurde der Fall Kuka nicht. Dort ist die Gefahr eines Know-how-Abflusses wegen des digitalisierten Geschäftsmodells noch deutlich größer. Die Politik hat den Einstieg der Chinesen allerdings mit anderen Mitteln zu verhindern versucht als bei Aixtron und wollte einen alternativen Erwerber für Kuka finden. Das hat aber nicht geklappt, weil deutsche Unternehmen nicht mithalten konnten oder wollten bei dem, was die Chinesen geboten haben.

Zur Person

Der Nachholbedarf lässt chinesische Investoren immerhin hohe Preise für westliche Unternehmen zahlen, worüber sich der deutsche Mittelstand freuen sollte.
Diese Preisaufschläge haben einen anderen Grund. Sie sind der Unzuverlässigkeit und der Unerfahrenheit vieler chinesischer Geschäftspartner geschuldet. Sie müssen mehr bieten als Investoren aus dem Westen, um überhaupt in die engere Wahl zu kommen.

Zahlen die Chinesen mehr wegen westlicher Vorurteile ihnen gegenüber?
Das liegt nur zum Teil an Vorurteilen. Insgesamt sind die Preisaufschläge gerechtfertigt. Übernahmen mit chinesischen Bietern dauern oft länger und sind intransparenter. Das verteuert die Prozesse und macht es für alle Beteiligten komplizierter.

Woran liegt das?
Internationale Geschäftssitten sind in China und vor allem im chinesischen Mittelstand wenig verbreitet. Statt in Zahlen gegossener Businesspläne werden oft Versprechen gemacht und hinterher gebrochen. Es gibt viele Berichte, in denen deutsche Geschäftspartner sich über den Tisch gezogen fühlen. Das trifft vor allem auf  Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Mittelständlern zu. Wir dürfen gespannt sein, wie hoch der Preisaufschlag für den chinesischen Mittelstand sein wird, wenn er in den kommenden Jahren verstärkt auf den europäischen Markt drängt.

Bei der Übernahme des deutschen Betonpumpenherstellers Putzmeister hat sich der Käufer Sany an seine Versprechen gehalten.
Putzmeister war eher ein Musterfall, bei dem sehr vieles außergewöhnlich gut gelaufen ist. Die Realität des deutsch-chinesischen M&A-Geschäfts sieht leider oft anders aus. Die gute Nachricht ist, dass progressive Behörden, wie etwa in der südchinesischen Industriemetropole Shenzhen, das längst erkannt haben und zum Beispiel mit Fortbildungen für ihre Unternehmen entsprechend gegensteuern.

Know-how-Transfer muss keine Einbahnstraße sein. Was können deutsche Unternehmen von chinesischen Partnern lernen?
Deutsche Unternehmen können jede Menge von chinesischen Partnern lernen. Aus meiner Sicht gilt das vor allem für digitale Geschäftsmodelle. Chinas Start-ups sind sehr innovativ, wenn es darum geht, die Möglichkeiten des Internet zu nutzen. Die Smartphone-App WeChat zum Beispiel ist in China aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, im Westen gibt es aber kein Pendant. Diese Plattform ist ein Netzwerk für sämtliche Bereiche des menschlichen Lebens und Alltags: Sie bucht Restaurants, Taxis oder Hotels, ermöglicht die Kommunikation mit Geschäftspartnern oder Freunden.

Klingt bequem, hört sich aber nach einem Alptraum für jeden Datenschützer an.
Zugegeben. Aber die chinesischen Konsumenten scheinen ihre Priorität nicht beim Datenschutz zu setzen. Wie chinesische Konsumenten ticken, müssen deutsche Unternehmen von ihren chinesischen Partnern lernen.

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