Angebot für Osram Chinas Einkaufstour in Deutschland geht weiter

Erst der Roboterbauer Kuka und der Kunststoffspezialist Krauss-Maffei, jetzt Osram: Peking macht in Deutschland gezielt Jagd auf Hightech. Wer sonst noch mit Offerten aus Fernost rechnen kann.

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Chinas Wirtschaft ist auf Einkaufstour in Deutschland. Quelle: Getty Images

Dass die Angelegenheit von höchster Brisanz ist, zeigt schon die Wahl der Berater, die die Chinesen hinzuziehen. Bei seinem Vorstoß, den Münchner Osram-Konzern zu übernehmen, holt sich San’an, ein Hersteller von optischen Halbleitern aus Südchina, Unterstützung bei der Investmentbank JP Morgan. Zuständig ist Dorothee Blessing, Leiterin des Investmentbanking im deutschsprachigen Raum und Ehefrau des ehemaligen Commerzbank-Chefs Martin Blessing.

Ende September habe San’an, beheimatet in der Küstenmetropole Xiamen, dem Osram-Management in München ein Schreiben zustellen lassen, heißt es in Bankenkreisen. Man verstehe die Sorgen der Konzernführung in München, schreibt San’an, und nehme die kritische Berichterstattung in Deutschland zu dem jüngsten Vorstoß aus China zur Kenntnis. Gleichwohl werde San’an bis Mitte des Monats ein „qualifiziertes Angebot“ für den Kauf von Osram auf den Tisch legen. Die Rede ist von 70 Euro pro Aktie, ein Aufschlag von 30 Prozent. Angesichts solcher Aussichten schoss der Aktienkurs zwischenzeitlich um mehr als vier Prozent nach oben.

Inzwischen hat San’an das Interesse an Osram auch öffentlich bestätigt. Es habe erste Kontakte gegeben, um eine Übernahme oder eine Kooperation auszuloten, teilte San’an am Montag mit. Details etwa zum Preis seien bislang aber kein Thema gewesen. „Es sind auch keine bindenden Vereinbarungen getroffen worden.“

Konzernchef Olaf Berlien soll von der Aussicht auf einen chinesischen Eigentümer nicht erbaut sein. Nach der Übernahme des Roboterherstellers Kuka durch den chinesischen Konzern Midea liegt also die nächste Offerte auf dem Tisch. Wieder kommt der Interessent aus China, wieder ist das Ziel ein deutsches Hightechunternehmen.

Osram: Umsatz nach Geschäftsfeldern

Die jüngsten Vorstöße aus dem Reich der Mitte könnten erst der Anfang sein. Peking hat entschieden, dass aus China bis 2025 ein Hochtechnologieland werden soll – weniger durch eigene Unternehmen mit eigenen Innovationen, sondern vor allem durch Zukäufe im Ausland. Unter der Überschrift „Made in China 2025“ listen die Planer in Peking penibel Branchen auf, in denen Unternehmen und Fonds, egal, ob privat oder staatlich, bitte schön auf Beutezug in Übersee gehen mögen. Die Luft- und Raumfahrttechnik, Bahntechnik, Informationstechnologie, die Medizintechnik sowie Robotik und Steuerungstechnik sind die wichtigsten – und alles Branchen, in denen Deutschland weltweit führend ist oder zumindest zu den führenden Nationen gehört.

„Die jüngsten Käufe in Deutschland sind keine kurzfristige Erscheinung, sondern Auftakt für einen langfristigen Trend“, sagt Ulrich Plumbohm. Der Münchner Berater ist spezialisiert auf den Verkauf deutscher Unternehmen nach China, unterhält seit elf Jahren ein Büro in Shanghai. Zurzeit berät er einen chinesischen Investor beim Kauf eines deutschen Anbieters von Batterietechnik. „Unternehmen wie Kuka“, sagt Plumbohm, „könnte ich jedes Jahr zehn Mal verkaufen.“

Osram: Die Welt in neuem Licht

Bei allem, was mit der Digitalisierung von Fabriken (Industrie 4.0) zu tun hat, ist China besonders aktiv. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein Berater oder Rechtsanwalt anruft und nach möglichen Kandidaten für Käufer aus China fragt“, sagt ein Spitzenvertreter des Verbands AMA Sensorik und Messtechnik, zu dem gut 400 deutsche Unternehmen zählen. Die meisten bauen Sensoren, unter anderem für die Industrieautomatisierung oder autonomes Fahren.

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