Anti-Herdprämie Wie Unternehmen Mütter zurück ins Büro locken

Siemens zahlt Mitarbeitern mit kleinen Kindern 100 Euro extra für deren Betreuung. So sollen Mütter schneller wieder in den Beruf einsteigen. Was sich Konzerne noch einfallen lassen.

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Immer mehr Unternehmen bieten betriebseigene Krippen zur Kinderbetreuung an. Siemens zahlt sogar Zuschüsse für die externe Kinderbetreuung. Quelle: dpa

Bei Siemens ist die "Anti-Herdprämie" ein echter Renner. 100 Euro zahlt der Technologiekonzern monatlich extra, wenn Mitarbeiter ihren Nachwuchs in den Kindergarten oder zu einer Tagesmutter schicken und dafür wieder in den Beruf einsteigen. Für Kinder unter 14. Monaten zahlt Siemens sogar 500 Euro pro Monat. Das Angebot gilt bis zur Einschulung der Kinder. Das kommt bei der Belegschaft gut an. Ebenso wie die Kindergartenplätze, die das Unternehmen in eigenen Krippen zur Verfügungen stellt oder in Kooperation mit kommunalen Einrichtungen anbietet. Bis 2015 will Siemens seinen Kinderbetreuungsplätze von aktuell 800 auf dann 2.000 steigern. Im ersten Jahr liefen allerdings schon 6000 Anträge auf, so dass Siemens zusätzlich den Zuschuss zu Kinderbetreuung außerhalb der eigenen Krippen einführte.

Mit diesem Angebot nimmt Siemens eine Vorreiterrolle ein. Familienfreundlich sind bereits viele Dax-Konzerne, doch der Zuschuss für die externe Kinderbetreuung ist noch kaum verbreitet, wie eine Umfrage von WirtschaftsWoche Online zeigt. Um Beruf und Familie besser und einen Hut bringen zu können, setzen die Konzerne vor allem auf betriebseigene Krippenplätze.

BASF stockt Krippenplätze auf

So bemüht sich auch BASF um die Mitarbeiterinnen und versucht lange Babypausen zu vermeiden. In Ludwigshafen bietet der Chemiekonzern 70 Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren an. 2013 sollen es bereits 250 sein. Erst vor wenigen Tagen haben die Bauarbeiten am BASF-Hauptsitz in Ludwigshafen für das neue Zentrum für Work-Life-Management begonnen. Drei Häuser auf dem 5500 Quadratmeter großen Gelände sind für die BASF-Kinderkrippe LuKids vorgesehen - außerdem entstehen dort ein Fitness- und Gesundheitszentrum, eine Physiotherapiepraxis sowie die Büros der Sozial- und Pflegeberatung der BASF: „Um die besten Mitarbeiter zu gewinnen, muss ein Unternehmen heute hervorragende Arbeitsbedingungen bieten", sagt Vorstandsmitglied Margret Suckale.

Das bedeute, dass auch die Rahmenbedingungen stimmen müssten, damit Mitarbeiter private und berufliche Anforderungen besser in Einklang bringen könnten. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiter ihre Kinder in Notfällen zur "adhoc-Betreuung" bringen können, wenn die private Kinderbetreuung einmal ausfallen sollte - dafür stehen täglich 10 Plätze von 7 Uhr morgens bis 18 Uhr abends zur Verfügung.

Kinderbetreuung schon für Säuglinge

Eine Notfallbetreuung gibt es auch an allen deutschen Standorten der Lufthansa. In Frankfurt, Hamburg und Köln bietet die Airline den Mitarbeitern auch Krippenplätze an. Außerdem kooperiert der Konzern mit dem Unternehmen "Familienservice", das Mitarbeiter bei der Organisation der Kinderbetreuung unterstützt. Einen Zuschuss für eine externe Kinderbetreuung zahlt die Lufthansa nicht, ebenso wie Vodafone. Der Telekommunikationsanbieter setzt ebenfalls auf betriebseigene und arbeitsplatznahe Kinderbetreuung. An acht Standorten können die Vodafone-Mütter ihre Kleinkinder unter drei Jahren firmenintern unterbringen. Auch die Deutsche Bank bietet der Belegschaft Krippen- und Kinderbetreuungsplätze an - die Öffnungszeiten sind extra lang, Kinder können ab einem Alter von acht Wochen in Betreuung gegeben werden.

Daimler hütet seine "Sternchen"

Schneller wieder in den Beruf - Daimler unterhält


Ähnlich hält es Daimler in puncto Kinderbetreuung - einen Zuschuss für externe Kinderbetreuung gibt es nicht, dafür bietet der schwäbische Autobauer mehr als 450 Betreuungsplätze für Kleinkindern an elf Standorten in Deutschland an. Die so genannten "sternchen-Krippen" betreuen den Nachwuchs nach Bedarf halb- oder ganztags, die Beiträge sind nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt. Das Angebot soll vor allem den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern. Noch sind Betriebskindergarten oder Kooperationen mit kommunalen Krippen das geläufigste Modell der Konzerne, um Mütter vor langen Berufspausen abzuhalten. Henkel baut aktuell in Düsseldorf mit Beteiligung der Stadt eine dritte Kindertagesstätte, die voraussichtlich im Frühjahr 2013 eröffnet wird. Statt bisher 160 stehen dann 240 Betreuungsplätze zur Verfügung.

Die familienfreundlichsten Unternehmen
Bergmann Klaus Wuestenberg beobachtet den Abraumbagger SRs1541 waehrend des offiziellen Starts zum Aufschluss des neuen Kohlefeldes Quelle: AP
Blick auf das Logo der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Quelle: dpa
Das Logo des TÜV Nord Quelle: dpa
Carina Sarstedt von Caritas International in Freiburg richtet Spendendosen Quelle: AP
Das Logo der Postbank Quelle: dpa
Ein Mitarbeiter der Eckes-Granini Deutschland GmbH steht inmitten der neuen PET-Produktionsanlage und kontrolliert eine Kunststoffflasche. Quelle: dpa
Ein Kunde greift in einem REWE City-Markt in Koeln nach einem Einkaufswagen Quelle: dapd

Airbus baut sein Angebot an den Standorten Hamburg und Bremen um insgesamt 170 Kita-Plätze aus. Für die Kinder von Beschäftigten am Standort Hamburg werden zu den bestehenden 40 Plätzen weitere 150 Plätze geschaffen. In Bremen entstehen 20 zusätzliche und damit insgesamt 45 Krippenplätze. Die Ausweitung des betrieblichen Betreuungsangebots in Hamburg geschieht zum einen durch die Belegung von 120 KiTa-Plätzen für Airbus-Mitarbeiter im Hamburger Stadtgebiet. Zum anderen durch eine Vergrößerung  der Airbus Betriebs-Kita „Beluga“ um 30 Plätze. Dort werden künftig insgesamt 70 Plätze im Krippen- und Elementarbereich zur Verfügung stehen. Damit erhöht sich das betriebliche Kinderbetreuungsangebot für den Standort Hamburg auf insgesamt 190 Plätze.

Die Beispiele zeigen, einen Kinderbetreuungszuschuss wie Siemens zahlt kaum ein Unternehmen. Dabei ist die Zulage für beide Seiten attraktiv. Unternehmen können das Extra in beliebiger Höhe steuer- und abgabenfrei zahlen, wenn ihre Arbeitnehmer Kinder unter sechs Jahren in Betreuung außerhalb des Hauses unterbringen. Bleibt zu wünschen, dass das Modell viele Nachahmer findet, denn in der Kinderbetreuung hinkt Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern leider immer noch hinterher. In Frankreich und Belgien etwa ist betriebliche Kinderbetreuung seit Jahrzenten Usus, aber auch der Staat bietet mehr Anreize wie etwa einen Zuschuss für ein Kindermädchen. Kein Wunder also, dass der Anteil von vollzeitbeschäftigten Müttern in Frankreich deutlich höher ist als in Deutschland. Was nicht ist, kann noch werden - die Unternehmen jedenfalls leisten bereits ihren Beitrag dazu.

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