Audi-Prozess in Heilbronn Showdown für Rupert Stadler

Der frühere Audi-Chefentwickler Ulrich Weiß hat vor Gericht seine schwere Anschuldigungen gegen Vorstandschef Rupert Stadler erneuert. Der Audi-Boss gerät im Dieselskandal in immer größere Erklärungsnot.

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Der Audi-Chef gerät in der Diesel-Affäre immer stärker unter Druck. Quelle: Reuters

Heilbronn Diese Reise in die schwäbische Provinz hat sich gelohnt – für alle die Zuschauer und Journalisten, die sich am Dienstagmorgen vor dem Arbeitsgericht Heilbronn eingefunden haben. Erneut erhebt Ulrich Weiß, mittlerweile entlassener Motorenentwickler bei Audi, schwere Vorwürfe. Und zwar gegen seinen obersten Chef, Audi-Chef Rupert Stadler. In der Affäre um die Abgas-Manipulationen von hunderttausenden Diesel-Fahrzeugen von Audi, Porsche und VW wird es für Stadler nun eng.

Im Gerichtssaal geht es zwischen den Anwälten hin und her. Als Hans-Georg Kauffeld, der den früheren Entwickler vertritt, aus einer internen E-Mail von April 2012 eines Kollegen von Weiß zitieren will, versuchen die Audi-Anwälte vergeblich, die Öffentlichkeit auszuschließen. Dann zitiert Kauffeld: „Im A-PSK“ – gemeint ist der Audi-Produkt-Steuerungskreis – sei entschieden, dass die Diesel-Fahrzeuge „dreckig weiterlaufen sollen“. Der Arbeitskreis sei Stadler unterstellt gewesen, sagt er. Damit wäre die Chefetage schon vor Jahren im Bilde gewesen.

Es ist ein weiterer Tiefschlag für Stadler, der bislang stets beteuert hatte, erst Mitte November 2015 von der Softwaremanipulation zur Abschaltung der Abgasreinigung erfahren zu haben. Sowohl 3- als auch 2-Liter-Motoren des Volkswagen-Konzerns wurden mit derartigen Systemen ausgestattet.

In Heilbronn wachsen nun die Zweifel an dieser Version. Weiß war seit März 2012 bei Audi, zwei Stufen unter dem Vorstand. Nach Bekanntwerden der Affäre wurde er Ende November beurlaubt. Als er in einem Verfahren auf einstweilige Wiederbeschäftigung vor dem Landesarbeitsgerichts Stuttgart vor wenigen Tagen Stadler belastete, wurde er von Audi fristlos entlassen. Weiß hält auch diese Kündigung für unwirksam. „Die sollte nur dazu dienen, den Gerichtstermin heute zu verhindern“, sagt sein Verteidiger Kauffeld. Weiß fühlt sich als Bauernopfer, eigentlicher Verantwortlicher sei der Vorstand, namentlich Stadler.

Im September 2015 war in den USA bekanntgeworden, dass VW über Jahre ein Programm zur Manipulation von Diesel-Abgaswerten einsetzte. Neben der Kernmarke VW sind Modelle etwa der Töchter Audi, Seat und Skoda betroffen. „Dieselgate“ stürzte den Konzern in eine schwere Krise.

Stadler, seit 2007 Audi-Chef, ist im Zuge der Affäre zunehmend unter Druck gekommen. Nach dem Beginn des Skandals hatte schließlich auch Audi zugeben müssen, dass in seinen großen Sechszylinder-Dieseln Abgas-Software eingesetzt wurde, die nicht US-Vorschriften entsprach.

Audi erwägt mittlerweile wegen der Vorwürfe gegen Stadler eine Strafanzeige gegen Unbekannt. Wie das Handelsblatt erfuhr, prüft das Unternehmen außerdem Schadensersatzansprüche. Es gehe um den „Verrat von Betriebsgeheimnissen“ und um „falsche Verdächtigungen“, sagte ein Audi-Sprecher. Zudem seien „unterschiedliche Versionen“ interner Dokumente im Umlauf. Einen direkten Zusammenhang mit den Aussagen von Weiß will das Unternehmen aber nicht ziehen.

Als das Handelsblatt Stadler vor wenigen Tagen explizit fragte, ob er schon seit 2012 darüber im Bilde war, schwieg er. Aus dem Unternehmen hieß es lediglich: „Die Kanzlei Jones Day hat sich in umfassenden Interviews und Untersuchungen mit diesem Thema beschäftigt. Aus Sicht unseres Unternehmens sind sämtliche offenen Fragen ausgeräumt.“ Nun dürfte Stadler nicht mehr umhin kommen, sich zu erklären.

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