Audi und die Dieselaffäre Rupert Stadler will reinen Tisch machen

An diesem Freitag beginnt in San Francisco die letzte entscheidende Anhörung in der Dieselaffäre von VW. Im Mittelpunkt steht dann die Ingolstädter Premiumtochter Audi, die ebenfalls Dieselmotoren manipuliert hatte.

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Rupert Stadler, Vorstandschef von Audi, will die leidige Dieselaffäre endlich vom Tisch haben. Am Freitag fällt die Entscheidung. Quelle: dpa

Düsseldorf Wahrscheinlich hört am Freitagabend ganz Ingolstadt sehr genau zu, wenn US-Richter Charles Breyer in San Francisco die letzte entscheidende Anhörung in Sachen Dieselskandal eröffnet. Dieses Mal stehen nicht die VW-Kollegen aus Wolfsburg am Pranger, sondern die Premiumtochter Audi aus dem Bayerischen. Die Vorzeigemarke des Volkswagen-Konzerns hofft auf den Befreiungsschlag: Wenn Richter Breyer und die Verfahrensgegner den Entschädigungs- und Umrüstplan für 80.000 Autos freigeben, dann wären Audi und Vorstandschef Rupert Stadler in der Affäre erst einmal aus dem Schneider.

Gemeinhin wird nur die Marke Volkswagen mit dem Dieselskandal des Konzerns in Verbindung gebracht. Von den elf Millionen Autos, die weltweit mit einer manipulierten Motorsteuerung verkauft worden sind, stammt der überwiegende Teil von VW. Doch für einen kleineren Teil trägt die Premiummarke Audi die Verantwortung, über diese Autos wird am Freitag in Kalifornien verhandelt.

Audi hat einen großen Drei-Liter-Dieselmotor entwickelt und nicht nur in den eigenen Autos verwendet, sondern auch an die Schwestermarken VW und Porsche weitergereicht. Betroffen vom Audi-Skandal sind vor allem größere und besser ausgestattete Fahrzeuge wie der Audi Q7, der VW Touareg und der Porsche Cayenne. Der aktuelle Rechtsstreit bezieht sich ausschließlich auf rund 80.000 in den USA verkaufte Autos, Europa etwa ist davon nicht betroffen.

Anfänglich hatte Audi abgestritten, dass in den 80.000 Autos überhaupt eine manipulierte Software zur Motorsteuerung („Defeat Device“) eingebaut worden ist. Die Autos wiesen auf dem Teststand bei der Zulassung für den US-Automarkt eine wesentlich niedrigere Schadstoffbelastung auf als später im Alltagsbetrieb auf der Straße. US-Ermittler konnten Audi jedoch die Verwendung einer „Defeat Device“ nachweisen, die Ingolstädter VW-Tochter musste am Ende klein beigeben.

Über Monate hat Audi nun mit US-Umweltbehörden, den Anwälten der betroffenen Autofahrer und dem amerikanischen Justizministerium über einen Vergleichsvorschlag verhandelt. Vorbild könnte eine Lösung sein, die Volkswagen bereits im Sommer für fast 500.000 Autofahrer in den USA ausgehandelt hatte, die ein Fahrzeug mit kleinerem Zwei-Liter-Dieselmotor gekauft hatten. Sie können mit einer Entschädigung von bis zu zehn Milliarden US-Dollar rechnen. Außerdem zahlt Volkswagen Milliarden in einen Umweltfonds ein und hilft beim Aufbau eines Netzes von Elektro-Tankstellen in den USA.

Für Audi würde es am teuersten, wenn US-Richter Breyer in San Francisco den Rückkauf aller betroffenen 80.000 Autos mit großem Drei-Liter-Motor anordnet. „Ein kompletter Rückkauf dürfte etwa 2,5 Milliarden Dollar kosten“, erläutert Arndt Ellinghorst, Automobilexperte beim Londoner Investmentberater Evercore ISI. Im Vorfeld der Verhandlung vom Freitag war auch schon einmal diskutiert worden, dass Audi nur gut 20.000 Autos zurückkauft und den größeren Rest umrüsten kann. Eine Umrüstung ist deutlich günstiger, in diesem Fall würden 1 bis 1,5 Milliarden Dollar fällig.


Keine weitere Verzögerung

Noch hofft Audi allerdings darauf, dass es nicht so teuer wird und Richter Breyer die billigere Umrüstung aller 80.000 Autos freigibt. Dann würde der Dieselskandal für Audi vergleichsweise günstig werden. Autoexperte Ellinghorst rechnet dann mit Kosten von einigen hundert Millionen Dollar. Vorbild wäre die Umrüstungsaktion in Europa, wo es keinen Rückkauf der betroffenen Autos durch den VW-Konzern gibt und wo alle Fahrzeuge umgerüstet werden. In diesem Fall müssten auch keine zusätzlichen Rückstellungen gebildet werden. Die 18,2 Milliarden Euro, die der Konzern bislang zurückgelegt hat, dürften auch eine Umrüstung aller 80.000 Autos in den USA mit Audi-Motor einschließen.

Audi hofft, dass es an diesem Freitag wirklich eine Entscheidung von US-Richter Breyer gibt. Es wäre so etwas wie der zivilrechtliche Schlussstrich für die Dieselgate-Verfahren in den USA, für Audi und den gesamten Konzern. Dort, wo der Skandal überhaupt erst entdeckt worden ist und wo Volkswagen der entscheidenden Verfolgung durch Justizbehörden ausgesetzt ist.

Die Zeichen, dass genau das passieren wird, stehen nicht schlecht. Richter Charles Breyer hatte schon im November gesagt, dass erhebliche Fortschritte erreicht worden seien. Er äußerte sich „sehr optimistisch“, dass eine Einigung erzielt werden könnte. Dann hatte Breyer auch noch die finale Anhörung vom 30. November auf den heutigen Freitag verschoben und den beteiligten Parteien damit mehr Zeit gegeben, am Ende auch tatsächlich einen tragfähigen Kompromiss zu finden. Eine weitere Verzögerung würde Audi treffen – Vorstandschef Stadler will das Thema endlich vom Tisch haben. 2017 soll Audi wieder befreit und ohne Vorlasten agieren können.

Die rechtlichen Auseinandersetzungen sind für den VW-Konzern allerdings auch mit einer Einigung bei den Audi-Motoren noch nicht beendet. Es fehlt der abschließende Schuldspruch im laufenden strafrechtlichen Verfahren, das der Konzern mit dem US-Justizministerium in Washington führt.

Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller will dieses Verfahren ebenfalls am besten noch in diesem Jahr abschließen – bevor in Washington die neue Administration des künftigen US-Präsidenten Donald Trump die Arbeit nimmt. Neues Personal in den Ministerien dürfte eine weitere Verzögerung bedeuten – etwas, was Volkswagen nach Möglichkeit verhindern will.

Teuer wird eine strafrechtliche Einigung auf jeden Fall. Volkswagen kalkuliert mit eine Strafe von etwa drei Milliarden US-Dollar, wie aus Konzernkreisen in Wolfsburg verlautet. Das Unternehmen hat dafür die nötigen Rückstellungen gebildet, auch diese Belastung könnte der Volkswagen-Konzern aushalten.

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