Aus Panzerriese wird U-Boot-Bauer Rheinmetalls riskante Zukunftspläne

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Zukauf könnte mehr als vier Milliarden kosten

Doch der Plan ist nicht nur ambitioniert, er ist auch riskant. Für den Aufstieg müssten die Düsseldorfer nicht nur ein halbes Dutzend Akteure aus Politik und Wirtschaft mit extrem unterschiedlichen Interessen unter einen Hut bringen. Die Sache würde auch extrem teuer.

Ein Analyst einer deutschen Großbank, der lieber anonym bleiben will, schätzt den Finanzbedarf auf mindestens vier Milliarden Euro: „Das kann sich Rheinmetall mit seiner gegenwärtigen Bilanz wenn überhaupt, dann nur durch Verkäufe leisten.“

Für die Zukäufe müsste sich Rheinmetall wohl von einem großen Teil des Stammgeschäfts Panzerbau sowie vom Autozulieferer-Geschäft trennen, das mit 2,5 Milliarden Euro Umsatz etwas größer ist als das Geschäft mit Haubitzen und Granaten. Und das hieße: komplette Abhängigkeit von der extrem politisch dominierten Rüstung

Wohlwollen beim Minister

Die Konsolidierungs-Idee genießt das Wohlwollen des Wirtschaftsministers. Sie entlockte dem Vizekanzler seine bislang konkreteste Äußerung zur Zukunft der maladen Branche. Er habe Interesse „an einer innovativen, leistungs- und wettbewerbsfähigen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie und dem Erhalt ausgewählter Schlüsseltechnologien und industrieller Fähigkeiten“, so Gabriel. „Dafür unterstützen wir jede Form von Konsolidierung“, skandieren seine Ministerialen.

Kenner der Szene übersetzen das freundlich als „ermuntern, nicht forcieren“. Konkret bedeutet dies aber: Die Unternehmen sollen fusionieren und dann schrumpfen, bis die verbliebenen Aufträge der Bundeswehr und politisch genehme Exporte ihnen das Überleben und der Bundesrepublik militärisches High-Tech-Wissen sichern.

Große deutsche Rüstungskonzerne

Das umzusetzen sei freilich ausschließlich Aufgabe der Unternehmen selbst. „Die in Presseberichten beschriebene volle Rückendeckung oder gar aktive Hilfe kann keiner erwarten“, sagt ein Kenner der Berliner Szene. Kein Wunder, dass sich KMW-Chef Haun nicht nur als imaginäre Mätresse behandelt fühlt, schlimmer noch: „Sie wollen uns zu Tode aushungern.“

KMW wäre für Rheinmetall nur Ballast

Das Schicksal möchte Papperger Rheinmetall durch den Umbau ersparen. Den Beginn sehen Insider freilich nicht durch eine Übernahme des Panzerrivalen KMW. „Das brächte Rheinmetall statt einem Gewinn vor allem viel Ärger“, so ein Insider. Denn die Idee einer Fusion Rheinmetall-KMW, die seit gut 20 Jahren kursiert und bereits im Jahr 2000 in einem Papier der rot-grünen Bundesregierung angemahnt wurde, scheiterte bisher an persönlichen Gründen. „Zwischen den beiden Top-Managements herrschte lange offener Hass“, klagt ein Ex-Mitarbeiter.

Auch jetzt ist die Lage angespannt. Da fühle sich Gabriel machtlos, sagen seine Leute: „Der Minister ist nicht der Psychotherapeut der Branche.“

Und selbst wenn sich beide Seiten vertrügen, wäre KMW für Rheinmetall kaum mehr als Ballast. Die eher patriarchalisch geführten Bayern leben vor allem vom Auslaufmodell Panzer. „Dagegen haben die börsennotierten Düsseldorfer erfolgreich expandiert in neue Geschäftsfelder“, sagt Aude Fleurant, Programmdirektorin am renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri.

Hierzu zählen intelligente Munition, Elektronik und die Zusammenarbeit mit dem israelischen Drohnenhersteller IAI beim unbemannten Flugkörper Heron für die Bundeswehr.

Zudem wäre die innerdeutsche Panzer- Allianz das Aus für die Fusion von KMW mit dem staatlichen französischen Panzerbauer Nexter. Das Projekt „Kant“ – militärisch-unphilosophisch für „KMW And Nexter Together“ – ist aber ein Lieblingskind der Regierung in Paris. Es soll über die Kombination deutsche Technik und laxe französische Exportrichtlinien Tausende gefährdete Jobs retten. Sollte KMW unter dem Druck Gabriels „Kant“ aufkündigen, droht ein deutsch-französischer Krach.

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