Automesse Detroit Billigsprit befeuert den US-Automarkt

Nach einem Verkaufsrekordjahr in den USA treten die Autobauer in Detroit mit breiter Brust auf. Angeheizt wird der Boom von billigem Sprit. Gut für schwere Auto-Dickschiffe – für deutsche Hersteller aber eher ein Problem.

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Die billige Benzin wird den Markt auch 2016 befeuern. Pick-up oder SUV sind die Gewinner der aktuellen Absatzparty. Quelle: dpa

Detroit Billigsprit-Party und kein Ende: Wenn die Auto-Industrie auf der ersten wichtigen Branchenmesse des Jahres in Detroit ihre neuen Modelle vorstellt, werden einmal mehr benzinschluckende SUV-Geländewagen und Pickup-Trucks im Mittelpunkt stehen. Zwar geben sich die Hersteller – nicht zuletzt angesichts des VW-Abgasskandals – dieser Tage gerne modern und lenken den Fokus auf Innovationen wie Elektromobilität oder Roboterautos. Doch tatsächlich interessieren sich die US-Kunden vor allem für schweres Gerät.

Das harte Durchgreifen der US-Behörden in der Volkswagen-Affäre um manipulierte Abgas-Messwerte könnte den Eindruck erwecken, in den Vereinigten Staaten werde beim Autogeschäft besonders penibel auf die Umweltverträglichkeit geachtet.

Aber ein Blick auf die Absatzstatistik in der weltgrößten Volkswirtschaft zeigt, dass monströse Pritschen- und Geländewagen mit vergleichsweise hohem Verbrauch voll im Trend liegen. Die meistverkauften Modelle sind alles andere als energiesparende Öko-Fahrzeuge.

„2015 war ein herausragendes Jahr für die Auto-Industrie“, sagt Toyota-Topmanager Bill Fay. Das stimmt zwar, doch würde man unterscheiden zwischen gewöhnlichen Pkw auf der einen und SUV's und Pickup-Trucks auf der anderen Seite, so würde sich ein völlig anderes Bild für den US-Markt ergeben. Nur dank eines 13-prozentigen Absatzplus in letzterer Produktkategorie konnte die Branche mit knapp 17,5 Millionen verkauften Neuwagen ein Rekordjahr verbuchen. Die Nachfrage nach kleineren Fahrzeugen schrumpfte hingegen.

Das schlägt sich in den Verbrauchswerten nieder: Dem Transportation Research Institute der Universität von Michigan zufolge verschlechtert sich die Kraftstoffbilanz der gesamten US-Neuwagenflotte seit August 2014 das erste Mal seit Jahren wieder - und zwar deutlich. Grund sei der Trend weg von effizienteren Kleinwagen hin zu Kleinlastern und SUV's, erklärte Uni-Professor Michael Sivak jüngst in der „New York Times“.


2016 – ein weiteres Jahr mit Rekordkäufen

Für die deutschen Hersteller ist die Entwicklung eine Herausforderung. Bei den Pickup-Trucks sehen sie gegen die US-Hersteller ohnehin keinen Stich und bei den SUV-Geländewagen haben die deutschen Autobauer vor allem Modelle für den dickeren Geldbeutel zu bieten.

„Das Wachstum wird aber im Moment eher vom mittleren Preissegment getrieben“, erklärt Commerzbank-Autoexperte Sascha Gommel. „Das hängt auch mit den niedrigen Benzinpreisen zusammen: Die Kunden gucken beim Autokauf nicht so sehr auf den Verbrauch“. In der Folge entscheiden sich viele eher für einen komfortablen SUV-Spritfresser als für eine klassische Limousine.

Neben günstigem Benzin – der Ölpreis hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als halbiert, was sich an den Tanksäulen bemerkbar macht – kurbeln die niedrigen Kreditzinsen, durch die sich Autokäufe günstig finanzieren lassen, den US-Absatz an. Auch wenn die US-Notenbank die Leitzinsen im Dezember erstmals seit 2006 minimal erhöht hat, sehen Experten unverändert gute Vorzeichen für den Markt.

„Die US-Konjunktur verzeichnet weiter Wachstum und die wichtigsten Faktoren, die die Nachfrage treiben, sind weiter gegeben – deshalb erwarten wir 2016 ein zweites Jahr mit Rekordverkäufen“, erklärt Chefökonom Mustafa Mohatarem von General Motors. Am wichtigsten sei, dass der Aufschwung am US-Arbeitsmarkt anhalte und die privaten Einkommen wüchsen.

Commerzbank-Analyst Gommel ist vorsichtiger: „2016 wird schwieriger.“ Vor allem die Arbeitslosigkeit könne in den USA nicht mehr allzu stark sinken. Er erwartet eher, dass die Verkäufe in China wieder anziehen und dass Europa den Weltmarkt weiter stützt. Am Haupttreiber des US-Verkaufsbooms – dem Billigsprit – dürfte sich aber so schnell nichts ändern. So geht die US-Investmentbank Goldman Sachs sogar davon aus, dass der Ölpreis von zuletzt rund 36 bis auf 20 Dollar fallen wird.

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