Autosalon in Paris Volkswagen startet in ein neues Zeitalter

Neue Töne von Volkswagen auf dem Pariser Autosalon: Mitten im Dieselskandal ruft Konzernchef Matthias Müller den großen Wachwechsel aus. Batterieantrieb und Mobilitätsangebote sollen den Konzern neu ausrichten.

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Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen: „Wichtig ist mir, dass wir jetzt die Zukunft von Volkswagen gestalten.“ Quelle: dpa

Paris Das Gebäude ist ziemlich imposant und passt im Moment eigentlich gar nicht zu Volkswagen. Der Bau erinnert an ein gewaltiges Schiff. Es sieht so aus, als habe US-Architekt Frank Gehry extra Segel setzen lassen. Die Fondation Louis Vuitton im Herzen von Paris ist als Kunstmuseum die Heimat von Andy Warhol und Gerhard Richter. Keine zwei Jahre gibt es dieses Museum, gegründet von Bernard Arnault, dem Haupteigentümer des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH.

Doch am Vorabend des Pariser Automobilsalons hat hier der Volkswagen-Konzern das Sagen. Gleich am Eingang stehen der erste Porsche 911 und der erste Audi Quattro. Damit auch wirklich jeder Besucher versteht: An diesem Abend geht es in der Fondation Louis Vuitton weniger um Kunst, sondern vielmehr um Autos.

Die „Volkswagen Group Media Night“ steht auf dem Programm. Zum Auftakt des Autosalons präsentieren sich alle Marken aus dem Konzern mit ihren neuesten Modellen, die von Donnerstag an auch auf dem Messegelände am südlichen Stadtrand von Paris zu sehen sein werden.

Solche Vorabendpräsentationen sind gängige Praxis bei den meisten Herstellern und auf den meisten großen Automessen, und damit natürlich auch in Paris. Doch ziemlich genau ein Jahr nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals ist es eine ganz besondere Nacht für den Volkswagen-Konzern.

Das Gebäude der Fondation Louis Vuitton ist zwar wirklich imposant und spricht wahrlich nicht von einer neuen Bescheidenheit. Doch im Inneren des Gebäudes unterscheidet sich dieser Volkswagen-Marken-Abend deutlich von seinen Vorgängern wie vor einem Jahr auf der IAA in Frankfurt oder eben vor zwei Jahren in Paris.

Im Verlauf des Abends ist trotzdem etwas von einer neuen Bescheidenheit bei Volkswagen zu spüren. Es muss nicht immer das Teuerste und das Beste sein wie früher bei VW. Die Dieselaffäre hat dafür gesorgt, dass der Konzern viel stärker auf sein Geld achten muss. Deshalb geht es auch auf dem Markenabend etwas bescheidener zu. Die Zahl der Gäste ist deutlich kleiner geworden, statt 1000 sind nur noch etwa 500 gekommen. Die neuen Modelle fahren nicht mehr vor, sie sind stattdessen im Hintergrund geparkt.

Teure Rockbands, die sich Volkswagen früher ebenfalls leistete, sind auf diesem Markenabend auch nicht mehr zu hören und zu sehen. Auf den Messeauftritt in Paris will Volkswagen allerdings nicht verzichten, trotz aller Belastungen aus der Dieselaffäre. So mancher Konkurrent sieht das anders: Volvo und Ford sind in Paris nicht mehr vertreten.


„Die Zukunft fährt elektrisch“

Matthias Müller betritt die Bühne. Er steht dort, weil es die Dieselaffäre gegeben hat. Müller ist Vorstandschef von Volkswagen geworden, weil sein Vorgänger Martin Winterkorn das Unternehmen wegen der Dieselaffäre verlassen musste.

Müller will auf diesem Markenabend zeigen, dass unter seiner Führung etwas Neues im Konzern begonnen hat. Die Dieselaffäre bleibe zwar „ein tiefer, ein historischer Einschnitt“ für das Unternehmen. „Mindestens genauso wichtig ist mir aber, dass wir jetzt die Zukunft von Volkswagen gestalten“, verkündet der Vorstandschef.

Immer wieder sind Worte wie Zuversicht und Aufbruchsstimmung zu hören, ein neues Zeitalter habe begonnen. Müller verspricht „frisches Denken“ überall im Konzern. Wenn der Vorstandsvorsitzende des Volkswagen-Konzerns vom neuen Zeitalter spricht, dann meint er damit an erster Stelle den Wechsel auf den Elektroantrieb und den Wandel des gesamten Konzerns zum Mobilitätsanbieter.

„Die Zukunft fährt elektrisch“, lautet Müllers Botschaft an diese Abend. Volkswagen will bis zum Jahr 2025 mehr als 30 Elektrofahrzeuge entwickeln und bauen. Auf dem Autosalon in Paris ist der neue „I.D.“ zu sehen. Ein Prototyp dessen, was in wenigen Jahren tatsächlich auf den Straßen rollen sollte. Müller verspricht 600 Kilometer Reichweite, was den Wagen gleich auf eine Stufe mit Benzinern stellen würde. Das neue Elektrofahrzeug soll so etwas wie der Golf werden, das wirtschaftliche Fundament eines ganzen Unternehmens

Auch mit einem anderen Schritt will Müller unter Beweis stellen, dass etwas bei Volkswagen passiert. Der gesamte Bereich der Mobilitätsdienste wird zusammengefasst und bekommt den Status einer eigenen Konzernmarke. Es wäre die 13. und die erste Nicht-Auto-Marke. Den Namen wollte Müller noch nicht verraten, im November dürfte es wahrscheinlich soweit sein.

„Künftig wird längst nicht mehr jeder ein eigenes Auto besitzen. Aber jeder kann auf die eine oder andere Art Kunde von Volkswagen sein“, fasst Müller seine Erwartungen an die neue Mobilitätstochter zusammen. Außer an der Vermittlung von Fahrdiensten arbeitet Volkswagen an eigenen Shuttle-Diensten und am Carsharing für den Stadtverkehr.

Müller wollte nicht ausschließen, dass VW eines Tages auch eigene Taxiflotten betreibt. Aber das ist erst einmal noch Zukunftsmusik, auch in Paris. Dort will Volkswagen einfach nur seine neuesten Autos präsentieren und während einiger schöner Tage an der Seine die leidige Dieselaffäre daheim in Deutschland vergessen lassen.

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