Autozulieferer erhöht Prognose Continental startet stark ins Jahr

Bei Continental laufen die Geschäfte zum Jahresbeginn besser als erwartet. Der Zulieferer aus Hannover erhöht deshalb seine Umsatzprognose. Allerdings schlägt die gute Entwicklung nicht überall durch.

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Der hannoversche Autozulieferer ist gut in das neue Jahr gestartet, wird aber viel Geld für Digitalisierung und Elektroantrieb investieren müssen. Quelle: Reuters

Düsseldorf Continental sieht sich trotz steigender Rohstoffkosten und höherer Investitionen in den Elektroantrieb auf Kurs. Weil die Geschäfte besser als erwartet laufen, erhöht der Automobilzulieferer aus Hannover seine Umsatzprognose für das gesamte Jahr. „Für das zweite Quartal rechnen wir mit einer weiterhin starken Entwicklung. Daher heben wir unsere Umsatzerwartung für das laufende Jahr um 500 Millionen Euro auf mehr als 43,5 Milliarden Euro an“, sagte Vorstandschef Elmar Degenhart am Dienstag in Hannover.

Beim Ertrag bleibt das Unternehmen hingegen bei seiner Prognose: Die bereinigte operative Rendite, also nach Zu- und Verkäufen, soll zum Jahresende bei 10,5 Prozent liegen. Das ist nicht ganz so gut wie 2016, als Continental 10,8 Prozent erreicht hatte. Wegen der höheren Rohstoffkosten ist insbesondere die Reifensparte in diesem Jahr unter Druck geraten, Continental rechnet daraus mit einer Zusatzbelastung von 500 Millionen Euro.

Der Dax-Konzern steigerte den Umsatz in den ersten drei Monaten um 11,7 Prozent auf elf Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn kletterte auf 1,14 (Vorjahr: 1,04) Milliarden Euro. Die operative Marge schrumpfte im ersten Quartal leicht auf 10,3 Prozent nach 10,6 Prozent vor Jahresfrist. Grund sind außer den höheren Rohstoffpreisen vor allem Investitionen in neue Technologien und Produktionsanläufe. Conti hatte Ende April wegen der allmählichen Abkehr vom Verbrennungsmotor Investitionen von 300 Millionen Euro beim Elektroantrieb angekündigt.

Der Automotive Bereich konnte seinen Umsatz im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um 12,4 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro steigern. Bereinigt um Konsolidierungskreis- und Wechselkursveränderungen lag das Umsatzwachstum bei 11,3 Prozent. In der Rubber Group (Reifen und Contitech) legte der Umsatz im ersten Quartal 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 10,6 Prozent auf 4,3 Milliarden Euro zu. Bereinigt um Konsolidierungskreis- und Wechselkursveränderungen lag das Umsatzplus in der Gummi-Sparte bei 6,9 Prozent.

Im ersten Quartal schlugen die höheren Rohstoffkosten bereits mit 100 Millionen Euro zu Buche. Die bereinigte operative Marge sank deshalb auf 15,1 Prozent (Vorjahr: 17,8). Auch für das zweite Quartal rechnet Continental mit steigenden Rohmaterialkosten. „Deren Ergebnisbelastung sollte sich jedoch im zweiten Halbjahr 2017 als Folge bereits eingeleiteter Preisanpassungen abschwächen“, stellte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer in Aussicht.

Der Wechsel zum Elektroauto wird kommen, der Trend ist nicht mehr aufzuhalten. Deshalb investiert der hannoversche Automobilzulieferer bis 2021 die zusätzlichen 300 Millionen Euro für den Elektroantrieb. In den vergangenen fünf Jahren sei bereits eine Milliarde Euro investiert worden. In diesem Jahr will Continental in der gesamten Antriebssparte („Powertrain“) ein Umsatzplus von neun Prozent auf acht Milliarden Euro erreichen.

Der Umstieg auf das Elektroauto wird allerdings seine Zeit brauchen. „In den nächsten 15 Jahren spielt der Verbrennungsmotor eine wichtige Rolle“, betont Conti-Chef Degenhart. Der Anteil von Hybridmodellen mit Verbrennungs- und Elektromotor sowie von rein elektrisch angetriebenen Autos werde zwar von Jahr zu Jahr zunehmen, jedoch mit vergleichsweise langsamem Tempo.


Conti nimmt Diesel-Rückgang gelassen

Zu einem Wachstumsgeschäft soll das Elektroauto auf jeden Fall beim Dax-Konzern aus Hannover werden. Bis 2021 will Continental den Umsatz mit elektrifizierten Antrieben von zuletzt 130 Millionen auf bis zu eine Milliarde Euro steigern. Bis 2025 sieht der Konzern zusätzliches Umsatzpotenzial von zwei Milliarden Euro. In den Übergangsjahren werden zunächst Hybridmodelle eine wachsende Bedeutung bekommen, später übernehmen dann die rein batteriegetriebenen Fahrzeuge. Die zusätzlich geplanten Investitionen in Höhe von 300 Millionen Euro werden dafür sorgen, dass die operative Marge im Bereich Antriebstechnik („Powertrain“) etwas fällt.

Die Rückgänge bei den Dieselzulassungen machen Continental derzeit keine besonderen Sorgen. Im gesamten Bereich Antriebstechnik kommen Diesel-Komponenten für Pkw auf einen Umsatzanteil von etwa sieben Prozent oder 500 Millionen Euro. Mögliche Umsatzeinbußen seien für Conti deshalb ohne allzu große Probleme verkraftbar, betont Degenhart. Außerdem ist es wahrscheinlich, dass die Umsätze vom Diesel- auf den Benzinantrieb verlagert werden – und das Geschäft dadurch bei Conti bleibt.

Der Imageschaden von Dieselautos durch den Abgasskandal bei Volkswagen und durch die Umweltprobleme in den Städten macht dem stark von dieser Technik abhängigen Autozulieferer Bosch hingegen wachsende Sorgen. „Ein Diesel-Fahrverbot wäre ein Kurzschluss“, warnte Bosch-Chef Volkmar Denner kürzlich . Geplante Fahrverbote von Städten wie Paris, Athen, Madrid oder auch Stuttgart seien „schädlich für Arbeitsplätze und Handel, schädlich aber auch für den Klimaschutz.“ Bei Bosch sind 50.000 der rund 390.000 Jobs weltweit vom Diesel abhängig.

Die Diskussion schreckt Käufer zunehmend vom Kauf eines Diesels ab, wie die rückläufigen Zulassungszahlen zeigen. Das spürt auch Bosch. Im zweiten Halbjahr falle die Auslastung in der Produktion von Diesel-Komponenten, ergänzt Rolf Bulander, Chef der Autosparte. Die Beschäftigungslage sei „kipplig“.

Diesel- und Benziner-Technik bleiben bei Continental vollständig Teil des Unternehmens, das war allerdings nicht die einzige Option. In Hannover wurde auch darüber nachgedacht, einen Teil dieses Geschäfts mit ähnlichen Fertigungsbereichen des US-Konkurrenten Delphi zusammenzulegen. Am Ende hat sich Continental allerdings dafür entschieden, dass kein einziger Bereich ausgegliedert und mit Delphi gebündelt wird. Hauptargument für diese Entscheidung: Das Geschäft mit den Verbrennungsmotoren verliere nur langsam an Bedeutung, es könne also komplett im Konzern bleiben.

Beim US-Konkurrenten Delphi herrscht eine andere Sicht der Dinge. Die Sorgen bei den Amerikanern werden größer, dass die Komponenten für Benzin- und Dieselmotoren schneller als gedacht an Bedeutung verlieren. In der vergangenen Woche hat Delphi daraus bereits Konsequenzen gezogen: Benzin- und Dieseltechnik sollen in ein eigenständiges Unternehmen ausgegliedert und dann an die Börse gebracht werden.

In Finanzkreisen stößt diese Entscheidung auf Zustimmung. „Damit steigt der Shareholder Value“, sagt Chris McNally vom Investmentberater Evercore ISI. Bei Continental wird es eine solch weitgehende Veränderung nicht geben – der Shareholder-Value-Gedanke ist in deutschen Unternehmen sicherlich auch weniger stark ausgebildet als in den USA.

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