BASF wird 150 Die bewegte Geschichte des Chemiegiganten

Rückblick auf ein bewegtes Konzernleben: Die BASF hat den Hunger bekämpft und Material für Kriegswaffen geliefert, Styropor erfunden, Schlangen gezüchtet – und wäre fast in die Musikbranche eingestiegen.

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BASF Quelle: dpa

Am 6. April feiert der weltgrößte Chemiekonzern Geburtstag. BASF wird 150. Auf den ersten Blick wirkt der Jubilar dabei eher langweilig. Bei den anderen großen Chemie-Konkurrenten war jedenfalls deutlich mehr los.

Hoechst etwa, spaltete in den Neunzigerjahren unter seinem umstrittenen Chef Jürgen Dormann einen Konzernteil nach dem anderen ab – um sich am Ende schließlich selbst zu atomisieren. Und auch bei Bayer ging es deutlich aufgeregter zu: Kurz nach der Jahrtausendwende, nachdem fatale Nebenwirkungen des Cholesterinsenkers Lipobay bekanntgeworden war, stand dort die Pharmasparte kurzzeitig vor dem Aus. Die Bayer-Chemie lief so schlecht, dass ein Großteil in ein anderes Unternehmen – Lanxess – verfrachtet wurde.

Anders bei der BASF: Seltsam unaufgeregt geht es dort zu. Der Ludwigshafener Chemiekonzern erscheint wie ein gemächlich dahinplätschernder Fluss.

Die Geschichte von BASF

Mag sein, dass es bei der BASF tatsächlich etwas ruhiger und weniger erratisch zugeht als anderswo. Langweilig ist das Unternehmen deswegen nicht. Mit den BASF-Technologien ließ sich Hunger bekämpfen und Krieg führen, bis zum Ende des vergangenen Jahrhunderts machte die BASF noch Musik. Inzwischen sorgen Produkte aus Ludwigshafen etwa dafür, Energie zu sparen und die Ausdauer von Elektroautos zu erhöhen.

Für einige Aufregung sorgte bereits die Gründung. Der Goldschmied und Gasfabrikant Friedrich Engelhorn gründete die "Badische Anilin- & Soda- Fabrik", aus der später dann die BASF wurde, eben nicht in Ludwigshafen, sondern in Mannheim. Doch weil der Große Bürgerausschuss der Stadt einen höheren Kaufpreis für das vorgesehene Grundstück forderte, als zunächst vorgesehen, siedelte sich Engelhorn gegenüber in Ludwigshafen an.

Prägend war zunächst die Produktion von Anilin – einer hellbraunen Flüssigkeit, die als Ausgangsstoff für die Synthese von Farben und Kunstfasern verwendet wird. Stolz nennen sich die BASF-Mitarbeiter auch heute noch „Aniliner“.

von Jürgen Salz, Alexander Busch

Das neue Unternehmen entwickelt zunächst aus Steinkohlenteer Farbstoffe, etwa das  seinerzeit gefragte „Indigoblau“.

Ein weiterer Coup folgt Anfang des 20. Jahrhunderts: Der Karlsruher Professor Fritz Haber und der BASF-Chemiker Carl Bosch entwickeln ein Verfahren zur Herstellung von Ammoniak, einem wichtigen Bestandteil von Düngemitteln. Die BASF hilft, den Hunger in der Welt zu bekämpfen.

Allerdings dient die Ammoniaksynthese nicht bloß zivilen Zwecken: Im Ersten Weltkrieg, als das Kaiserreich unter Munitionsmangel leidet, wandelt die BASF den Ammoniak in Salpetersäure um und beliefert damit die Sprengstoffindustrie. Chemikalien wie Chlor und Phosgen, die als Zwischenprodukt bei der Herstellung von Farbstoffen und Arzneimitteln anfallen, kommen als Kampfgase auf den Schlachtfeldern zum Einsatz.

I.G. Farben statt BASF

1925 verschwindet die BASF dann für einige Jahrzehnte von der Bildfläche; unter Führung des BASF-Chemikers Carl Bosch formiert sich die I.G. Farben. Die düsterste Zeit der Chemiebranche beginnt; zur I.G. Farben gehören neben der BASF vor allem Bayer und Hoechst. Zehntausende Zwangsarbeiter mussten für das Chemiekartell bis zur Erschöpfung schuften; in der Nähe des Vernichtungslagers Auschwitz betrieb die I.G. ein Werk zur Produktion von synthetischem Kautschuk.

Der Historiker Raymond G. Stokes von der Universität Glasgow hat die düsterste Vergangenheit der BASF vor über zehn Jahren aufgearbeitet. Interessant dürfte werden, wie die BASF bei ihrem Jubiläums-Festakt am 23. April mit dem unrühmlichen Kapitel umgeht.

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