Bayer AG Bayer will weiter mit Monsanto verhandeln

Pokern um die Übernahme: Monsanto lehnt das Übernahmeangebot von Bayer als "unzureichend" ab. Das Management habe sich einstimmig zur Ablehnung des Angebots entschieden, sei aber offen für konstruktive Gespräche.

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Bayer AG: Grüne fordern Verbot der Übernahme von Monsanto Quelle: AP

Der US-Saatgutriese Monsanto wird die 62 Milliarden Dollar schwere Übernahmeofferte von Bayer zurückweisen und strebt einen höheren Preis an. Monsanto-Chef Hugh Grant sagte einer Mitteilung zufolge, eine „integrierte Strategie“ könne erhebliche Vorteile haben. Allerdings bewerte das derzeitige Angebot von Bayer Monsanto als deutlich zu niedrig. Der Verwaltungsrat habe keinen Zeitplan für weitere Gespräche mit Bayer vorgegeben. Nach Einschätzung von Monsanto besteht zwar eine industrielle Logik in einem Zusammenschluss mit den Leverkusenern und der Deal würde auch kartellrechtliche Hürden nehmen. Die Anteilseigner verdienten aber mehr als die 122 Dollar je Aktie, die Bayer biete.

Bayer will mit dem US-Saatgutkonzern weiter über eine Übernahme verhandeln. "Bayer sieht konstruktiven Gesprächen mit Monsanto zur geplanten Transaktion entgegen", teilten die Leverkusener am späten Dienstagabend mit. Das Unternehmen bekräftigte, die gebotenen 122 Dollar in bar je Monsanto-Aktie stellten einen attraktiven und sicheren Wert für die Anteilseigner dar. Zugleich hieß es aber: "Es ist weiterhin unser Ziel, diese für beide Seiten überzeugende Transaktion gemeinsam zum Abschluss zu bringen."

Bayer-Chef Werner Baumann erklärte, man freue sich, "dass der Verwaltungsrat von Monsanto unsere Überzeugung von den erheblichen Vorteilen einer integrierten Strategie für Landwirte und die Gesellschaft insgesamt teilt". Bayer sei zuversichtlich, dass alle Fragen zur Finanzierung und zu regulatorischen Aspekten im Zusammenhang mit der Transaktion geklärt werden könnten. Zum jetzigen Zeitpunkt werde Bayer von weiteren Stellungnahmen absehen.

Bayer hatte am Montagmorgen die Details seines Übernahmeangebots publik gemacht. Der Vorstand befinde sich mit Monsanto in konstruktiven Gesprächen und erwarte eine positive Antwort. "Wir sind vollkommen überzeugt von unserer Offerte." Ob der Pharma- und Chemiekonzern gegebenenfalls auch eine feindliche Übernahme, gegen den Willen von Vorstand und Verwaltungsrat von Monsanto, erwägen würde, hatte Bayer-Chef Werner Baumann offen gelassen.

Investoren hatten den hohen Preis kritisiert, die Bayer-Aktien waren auf Talfahrt gegangen. Analysten hatten bereits erwartet, dass Monsanto die Offerte zunächst zurückweisen und mehr fordern wird. Sie hatten die Übernahmepläne aber als strategisch sinnvoll bezeichnet.

Auch Bayer-Chef Baumann verteidigt trotz der Vorbehalte der Aktionäre seine Übernahmepläne. Die Agrarindustrie stehe angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen. Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten könnten Bayer und Monsanto hier wegweisende Antworten geben. Davon würden die Landwirtschaft, aber auch die eigenen Aktionäre profitieren.

Die Leverkusener würden durch den Zusammenschluss zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemiegeschäft aufsteigen. Der Konzernumsatz würde auf rund 60 Milliarden Euro (bisher: 46,3 Milliarden) zulegen, die Zahl der Mitarbeiter auf fast 140 000 (bisher: knapp 117 000) klettern.

Zur Finanzierung setzt Bayer auch auf eine Kapitalerhöhung. Der gebotene Kaufpreis liegt noch einmal deutlich über den knapp 40 Milliarden Dollar, die Daimler 1998 für Chrysler zahlte, und übertrifft auch die rund 50 Milliarden Dollar, die die Deutsche Telekom im Jahr 2000 auf dem Höhepunkt des Telekommunikations-Booms für den US-Rivalen Voicestream hinblätterte.

„Wir sind seit langem von Monsanto beeindruckt“, begründete Baumann den Schritt. Nicht zuletzt die führende Rolle der Amerikaner in der Biotechnologie und beim „digital farming“ - der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft - mache Monsanto attraktiv. Bereits nach drei Jahren rechnen die Leverkusener durch den Zusammenschluss mit Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Dollar jährlich.

Nachteile für die deutschen Bayer-Beschäftigten sind nach Angaben der IG BCE ausgeschlossen. Die Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung blieben unangetastet, alle Standorte erhalten, betonte die Gewerkschaft. Auch bleibe die Forschung und Entwicklung weiterhin in Deutschland angesiedelt. Der Bayer-Betriebsrat begrüßt den geplanten Zusammenschluss. „Die Übernahme von Monsanto sichert nachhaltig die Zukunftsfähigkeit von Bayer“, sagte Gesamtbetriebsratschef Oliver Zühlke der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Der Konzern habe sich unter anderem verpflichtet, bis 2020 am Kündigungsschutz festzuhalten.

Unterstützung bekam der Bayer-Chef auch von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Deren Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir finden es richtig, dass Bayer diesen Versuch startet.“ Dem Unternehmen biete sich eine einmalige Chance, zum Weltmarktführer aufzusteigen - auch wenn es dazu sein Angebot möglicherweise sogar noch einmal erhöhen müsse.

Der Saatgutkonzern Monsanto

Umweltschützer und die Bundestagsfraktion der Grünen sehen den Zusammenschluss dagegen kritisch. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnte, der Konzern wolle offenbar trotz allen gesellschaftlichen Widerstands verstärkt auf Gentechnik setzen. Am Dienstag forderten Grünen-Politiker die Europäische Kommission und die Bundesregierung auf, die Übernahme zu verhindern. "Eine Marktmacht-Konzentration solchen Ausmaßes ist eine existenzielle Bedrohung der bereits eingeschränkten Wettbewerbsstrukturen im europäischen Agrarmarkt", heißt es in einem Brief der Grünen Europa-Parlamentsmitglieder Martin Häusling und Sven Giegold vom Dienstag an EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und den Präsidenten des Bundeskartellamts, Andreas Mundt.

Monsanto steht in Europa seit Jahren wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik. Zudem wird seit langem über mögliche gesundheitsschädliche Auswirkungen des Wirkstoffs Glyphosat diskutiert, den Monsanto in seinem weltweit verbreiteten Unkrautvernichter „Roundup“ benutzt. Bayer hält die Image-Probleme indes für beherrschbar.

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