„Er ist auf keinen Fall größenwahnsinnig und kalkulierter, als es nach außen scheint“, sagt dagegen einer, der Baumann gut kennt und seit Jahren mit ihm zusammenarbeitet. „Herr Baumann denkt seine Pläne bis ganz zu Ende durch. Er analysiert sehr gerade heraus und setzt ein Projekt entschlossen um, wenn es ihm sinnvoll erscheint“, sagt Christine Bortenlänger, die Geschäftsführerin des Deutschen Aktieninstituts, bei dem Baumann ehrenamtlich Präsident ist.
Das gilt auch für die eigene Karriere. Der Wirtschaftswissenschaftler und Autofan hat sein Berufsleben unter dem Bayer-Kreuz verbracht. 1988 begann er in Leverkusen, in der Abteilung Konzernfinanzen. Seine Karriere nahm Fahrt auf, als er in den Neunzigerjahren bei seiner ersten Auslandsstation in Barcelona den damaligen Bayer-Landeschef Werner Wenning kennenlernte.
Die Chemie zwischen Wenning, dem späteren Vorstands- und heutigen Aufsichtsratschef, stimmte: Beide stammen aus bescheidenen Verhältnissen und aus dem Rheinland. Beide sind Analytiker und Zahlenmenschen. Schnell war auf den Bayer-Fluren vom großen und vom kleinen Werner die Rede. 1995 machte der große Werner den kleinen Werner zu seinem Assistenten.
Baumann ging in die USA, übernahm erste Führungsaufgaben im Diagnostikgeschäft, lernte zu delegieren. 2002 holte ihn Wenning, inzwischen Vorstandschef, nach Leverkusen, als Wiederaufbauhelfer für die, nach dem Rückzug des umstrittenen Cholesterinsenkers Lipobay, darniederliegende Pharmasparte. Der Skandal um die Nebenwirkungen des Medikaments hätte fast das gesamte Unternehmen mit in den Abgrund gerissen. Für Baumann war das eine prägende Zeit: Noch heute redet er häufig davon, wie stolz es ihn macht, dass Bayer aus der Krise wieder herausgefunden hat. Auch der Monsanto-Kauf zielt darauf ab, Bayer von Pharma unabhängiger zu machen.
2006 durfte sich der Manager bei der Integration des von Wenning gekauften Berliner Pharmakonzerns Schering bewähren. Baumann erledigte den Job geräuschlos und effizient. „Ich habe bei der Integration von Schering auch einige Böcke geschossen“, verriet er später, ohne ins Detail zu gehen, „aber die Kollegen haben mich aufgefangen.“
Nicht nur bei Schering, auch beim Kauf der rezeptfreien Medikamente des Schweizer Pharmakonzerns Roche ein Jahr zuvor legte Baumann Hand an; ebenso bei Dutzenden kleiner und mittlerer Akquisitionen. Als 2010 die Nachfolge von Wenning anstand, war Baumann noch zu jung, rückte aber in den Vorstand auf, zunächst für das Finanzressort.
Wenning sorgte mit dafür, dass sein Schützling noch weitere Großprojekte erhielt, an denen er sich bewähren konnte, zwischenzeitlich leitete der Kronprinz das Gesundheitsgeschäft. „Baumann hat gelernt, dass er Großprojekte kann“, sagt ein enger Weggefährte. Er habe sich daran gewöhnt, zu siegen. „Das lässt ihn jetzt vielleicht ein noch höheres Risiko eingehen.“
Werner Baumann wagt nun im Agrargeschäft den ganz großen Wurf. Wenn der gelingt, kann er sich fast sicher sein, als genialer Unternehmenslenkers in die Geschichtsbücher einzugehen. Allemal ist im Markt derzeit viel in Bewegung. Auch die Konkurrenten schließen sich zusammen: Die US-Konzerne Dow Chemical und DuPont fusionieren, der chinesische Mischkonzern Chemchina übernimmt die Schweizer Syngenta. Zudem ist die Monsanto-Aktie derzeit vergleichsweise niedrig bewertet – was dem Finanzstrategen Baumann nicht entgeht. Man muss zugreifen, wenn die Gelegenheit da ist.