Bayer-Chef Deswegen will Baumann Monsanto übernehmen

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Bayer soll unabhängiger von Pharma werden

„Er ist auf keinen Fall größenwahnsinnig und kalkulierter, als es nach außen scheint“, sagt dagegen einer, der Baumann gut kennt und seit Jahren mit ihm zusammenarbeitet. „Herr Baumann denkt seine Pläne bis ganz zu Ende durch. Er analysiert sehr gerade heraus und setzt ein Projekt entschlossen um, wenn es ihm sinnvoll erscheint“, sagt Christine Bortenlänger, die Geschäftsführerin des Deutschen Aktieninstituts, bei dem Baumann ehrenamtlich Präsident ist.

Das gilt auch für die eigene Karriere. Der Wirtschaftswissenschaftler und Autofan hat sein Berufsleben unter dem Bayer-Kreuz verbracht. 1988 begann er in Leverkusen, in der Abteilung Konzernfinanzen. Seine Karriere nahm Fahrt auf, als er in den Neunzigerjahren bei seiner ersten Auslandsstation in Barcelona den damaligen Bayer-Landeschef Werner Wenning kennenlernte.

Die größten Chemiekonzerne der Welt
Platz 10 - PPG Industries (USA) Quelle: AP
Linde Quelle: dpa
Platz 8: Air Liquide (Frankreich) Die Erfindung von flüssiger Luft legte den Grundstein für einen Weltkonzern. Im vergangenen Jahr kam der französische Chemieriese auf einen Umsatz von 19,08 Milliarden Dollar. Quelle: obs
Platz 7: Henkel (Deutschland)Weltweit ist der Düsseldorfer Konzern bekannt für seine Marken Persil, Pril oder Pritt. Mit einem Umsatz von 19,69 Milliarden Dollar spielt der Dax-Konzern auch unter den internationalen Chemieriesen vorne mit. Quelle: dpa
Platz 6: Dupont (USA)Der komplette Name des amerikanischen Chemieriesens lautet „E I Du Pont de Nemours“. Das geht zurück auf die französischen Gründer, die in die USA emigriert waren und dort 1802 begannen, Sprengstoffe zu produzieren. Heute macht das Unternehmen in über 80 Ländern weltweit einen Umsatz von insgesamt 24,6 Milliarden Dollar. 2017 erfolgte die Fusion mit dem Rivalen Dow Chemical zum größten Chemiekonzern der Welt. Quelle: dpa
LyondellBasell Industries (Niederlande) Quelle: REUTERS
Platz 4 - Saudi Basic Industries (Saudi-Arabien) Quelle: SABIC

Die Chemie zwischen Wenning, dem späteren Vorstands- und heutigen Aufsichtsratschef, stimmte: Beide stammen aus bescheidenen Verhältnissen und aus dem Rheinland. Beide sind Analytiker und Zahlenmenschen. Schnell war auf den Bayer-Fluren vom großen und vom kleinen Werner die Rede. 1995 machte der große Werner den kleinen Werner zu seinem Assistenten.

Baumann ging in die USA, übernahm erste Führungsaufgaben im Diagnostikgeschäft, lernte zu delegieren. 2002 holte ihn Wenning, inzwischen Vorstandschef, nach Leverkusen, als Wiederaufbauhelfer für die, nach dem Rückzug des umstrittenen Cholesterinsenkers Lipobay, darniederliegende Pharmasparte. Der Skandal um die Nebenwirkungen des Medikaments hätte fast das gesamte Unternehmen mit in den Abgrund gerissen. Für Baumann war das eine prägende Zeit: Noch heute redet er häufig davon, wie stolz es ihn macht, dass Bayer aus der Krise wieder herausgefunden hat. Auch der Monsanto-Kauf zielt darauf ab, Bayer von Pharma unabhängiger zu machen.

2006 durfte sich der Manager bei der Integration des von Wenning gekauften Berliner Pharmakonzerns Schering bewähren. Baumann erledigte den Job geräuschlos und effizient. „Ich habe bei der Integration von Schering auch einige Böcke geschossen“, verriet er später, ohne ins Detail zu gehen, „aber die Kollegen haben mich aufgefangen.“

Die größten Deals deutscher Firmen im Ausland
Bayer will Monsanto kaufen Quelle: AP
Bayer AG und Merck & Co Consumer Care Business Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Linde und BOC Group Quelle: AP
Merck und Sigma-Aldrich Quelle: dpa
Heidelberg Cement Quelle: dapd

Nicht nur bei Schering, auch beim Kauf der rezeptfreien Medikamente des Schweizer Pharmakonzerns Roche ein Jahr zuvor legte Baumann Hand an; ebenso bei Dutzenden kleiner und mittlerer Akquisitionen. Als 2010 die Nachfolge von Wenning anstand, war Baumann noch zu jung, rückte aber in den Vorstand auf, zunächst für das Finanzressort.

Wenning sorgte mit dafür, dass sein Schützling noch weitere Großprojekte erhielt, an denen er sich bewähren konnte, zwischenzeitlich leitete der Kronprinz das Gesundheitsgeschäft. „Baumann hat gelernt, dass er Großprojekte kann“, sagt ein enger Weggefährte. Er habe sich daran gewöhnt, zu siegen. „Das lässt ihn jetzt vielleicht ein noch höheres Risiko eingehen.“

Werner Baumann wagt nun im Agrargeschäft den ganz großen Wurf. Wenn der gelingt, kann er sich fast sicher sein, als genialer Unternehmenslenkers in die Geschichtsbücher einzugehen. Allemal ist im Markt derzeit viel in Bewegung. Auch die Konkurrenten schließen sich zusammen: Die US-Konzerne Dow Chemical und DuPont fusionieren, der chinesische Mischkonzern Chemchina übernimmt die Schweizer Syngenta. Zudem ist die Monsanto-Aktie derzeit vergleichsweise niedrig bewertet – was dem Finanzstrategen Baumann nicht entgeht. Man muss zugreifen, wenn die Gelegenheit da ist.

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