Bayer, Monsanto Der vernetzte Bauer

Big Data im Ackerbau, GPS-gestützte Mähdrescher: An der Digitalisierung der Landwirtschaft wollen Agrochemiefirmen wie Bayer mitverdienen. Die Leverkusener stärken sich dazu mit der Übernahme eines deutschen Start-ups.

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„Big Data“ soll die Arbeit der Bauern revolutionieren. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Kohlschotenrüssler und der Rapsglanzkäfer sind nur wenige Millimeter klein. Doch wenn sie massenhaft auftreten, sind beiden Käfer für die Landwirtschaft eine Gefahr: Sie fressen die Blüten und gefährden so die Raps-Ernte. Niederschläge, Temperatur und andere Umwelteinflüsse bestimmen, wann und wie stark die Käfer über die Felder herfallen. Für den Bauern ist es entscheidend für Geschäft, dass er im richtigen Moment mit ausreichend Pflanzenschutzmittel gegen die Schädlinge antritt.

Die Bauern früherer Generationen vertrauten dabei auf Erfahrung und Gefühl – dem Bauer von heute und morgen soll moderne Technik dabei helfen. Denn die Digitalisierung erobert auch die Landwirtschaft. GPS-gesteuerte Mähdrescher, die ferngesteuert übers Feld fahren, sind längst zu haben. Nun soll auch „Big Data“ die Arbeit der Bauern revolutionieren – ein Geschäft, an dem auch die großen Agrochemieunternehmen mitverdienen wollen.

Beispielweise die Bayer AG aus Leverkusen. Die Pflanzenschutzdivision des Konzerns baut sein Geschäft mit Datenanalyse nun per Zukauf aus. Bayer kündigte am Montag die Übernahme der in Münster ansässigen Firma Proplant an.

Dabei handelt es sich um ein junges Unternehmen, das als Spin-off von ehemaligen Mitarbeitern des Instituts für Geoinformatik der Universität Münster gegründet wurde. Es ist spezialisiert auf Diagnose-und Warndienste für Bauern. Per Software sollen sie den optimalen Moment und die optimale Menge für den Einsatz beispielsweise von Mitteln gegen den Pilzbefall steuern können. Das geschieht nicht nur auf Grundlage von Wetterdaten, sondern auch mit Erkenntnissen über die Bodenbeschaffenheit. Denn selbst auf kleinen Ackerflächen können die Böden sehr unterschiedlich sein – und somit auch die Wasser- und Nährstoffversorgung der Pflanzen.

2015 hat Bayer bereits den kanadische Geo-Dienstleister Zoner übernommen. Mit dessen Software können Satellitenbilder landwirtschaftlicher Flächen aus den zurückliegenden 30 Jahren analysiert werden. Mit Hilfe dieser Daten sollen die die Bauern unter anderem das passende Saatgut gezielter auswählen können.

Für Bayer ist die digitale Landwirtschaft noch ein junge Geschäftsfeld – aber eines, in dem der Konzern wachsen will. „Wir wollen nicht der Datensammler für Landwirte sein und sehen uns auch nicht als Engineering-Firma“, sagte Liam Condon, Vorstandsmitglied von Bayer, dem Handelsblatt. „Aber an der Idee, die verfügbaren Daten in einen Algorithmus zu packen, vom dem der Landwirt einen Mehrwert hat, daran arbeiten wir sehr intensiv.“


Digitale Agrarsteuerung in jedem fünften Betrieb

Proplant wird künftig unter dem Namen Bayer Digital Farming innerhalb des Konzerns weitergeführt. Auch andere große Agrochemiehersteller und spezialisierte Agrar-IT-Dienstleister basteln an den Datenplattformen für die Landwirte.

So hat sich der US-Saatgutspezialist Monsanto mit dem Landmaschinenhersteller John Deere zusammengetan. Bislang ist das Geschäft zwar noch überschaubar: Der globale Markt für das sogenannte „Precision Farming“ erreichte Ende 2014 ein Volumen von 2,3 Milliarden Euro, wie eine Untersuchung des Beratungsunternehmens Roland Berger ergab.

Doch die Experten erwarten, dass der Markt für IT-Applikationen für die Landwirtschaft bis 2020 jährlich um durchschnittlich zwölf Prozent zunehmen wird.

Die Vorteile der Digitalisierung haben die Bauern erkannt. Laut einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom erwarten mehr als die Hälfte der Landwirte davon besser Abläufe und vor allem geringere Kosten. Allerdings setzt bisher nur jeder fünfte Betrieb auf digitale Agrarsteuerung. Vor allem die kleineren scheuen die hohen Kosten für die Investitionen in die IT.

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