Bayer-Übernahme Bei US-Bauern ist Monsanto geschätzt und berüchtigt

Viele US-Landwirte preisen die Produkte des umstrittenen US-Konzerns, hadern aber mit dessen aggressiven Geschäftspraktiken. Zwei Bauern aus dem Mittleren Westen berichten von ihren Erfahrungen.

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Diese Deals schrieben Geschichte
Bayer kauft Monsanto Quelle: REUTERS
Platz 10: Royal Dutch kauft Shell Transport & Trading Quelle: dpa
Platz 9: Exxon kauft Mobil Quelle: AP
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Platz 8: AT&T kauft Bell South Quelle: REUTERS
Platz 7: Pfizer kauft Warner-Lambert Quelle: AP
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Doug Sombke lebt den amerikanischen Traum. Sagt er zumindest. Ende der 70er Jahre entschied sich Sombke, Land zu pachten und zu bewirten. Er startete bei Null, im wahrsten Sinne des Wortes. „Meine Frau Mel und ich waren am Anfang so pleite, wir konnten uns nicht einmal einen Backofen leisten“, sagt der Mittfünfziger. Über die Jahre aber erarbeiteten sich die Sombkes nicht nur eine Küche, sondern auch Hektar um Hektar Land.

Inzwischen bewirtschaftet Doug Sombke mit seinen drei erwachsenen Söhnen gut 600 Hektar in Conde, South Dakota – einem einsamen Plätzchen in dem Präriestaat im Mittleren Westen. Hauptsächlich baut die Familie Mais und Sojabohnen an. Die Samen kommen seit vielen Jahren von Monsanto. „Sie haben in meinen Augen die besten Produkte“, erklärt Sombke.

Keine Frage: Der Landwirt, der gleichzeitig Präsident des Bauernverbandes Farmers Union in South Dakota ist, schätzt die Produkte des US-Saatgutherstellers. Nicht aber deren Geschäftspraktiken. „Die Preise für das Saatgut kennen seit Jahren nur eine Richtung: rauf, rauf, rauf“, sagt Sombke. Da gleichzeitig die Preise für Mais seit 2012 drastisch zurückgegangen sind, könnten viele Bauernhöfe nicht mehr profitabel arbeiten; der amerikanische Traum findet vielerorts ein abruptes Ende.

Der Saatgutkonzern Monsanto

„Wir finden kein Gehör für unsere Argumente. Wir haben keine Mittel, der Markt- und Preismacht Monsantos etwas entgegenzusetzen“, sagt Sombke. Der  Zusammenschluss mit Bayer könnte dieses Ungleichgewicht noch weiter verstärken, befürchtet der Bauernvertreter. „Das macht vielen in der Branche Angst“, so Sombke.

Der Ruf von Monsanto unter den Landwirten ist ambivalent. Fast alle Abnehmer des Saatguts des Konzerns aus St. Louis loben die Samen. Neben der Preispolitik stören sich viele aber an den Geschäftspraktiken des Konzerns. Etwa jener, dass Samen nur eine Saison verwendet werden dürfen; wer das Saatgut in einem zweiten Jahr verwendet, droht, verklagt zu werden. „Ich verstehe nicht, warum“, sagt Sombke.

Josh Geigle ist im Stress. Seine Wiesen sind gemäht, nun muss das Heu gewendet und aufgerollt werden. Sieben Tage die Woche sitzt der Farmer aus South Dakota derzeit auf seinem Trecker. Noch vor dem Sonnenaufgang, gegen vier, spätestens um fünf Uhr morgens, beginnt Geigle – rundes Gesicht, gewinnbringendes Lächeln, Cowboyhut – mit der Arbeit. Gegen 22 Uhr fällt er müde ins Bett. Für andere Dinge bleibt keine Zeit. Einzige Ausnahme: der Kirchenbesuch am Sonntag.

„Wir sind nur zu zweit; mein Vater und ich arbeiten auf unserer Farm“, sagt Geigle. Für Erntehelfer fehlt das Geld. „Wir müssen hart kalkulieren“, sagt der Familienvater. Bei den Arbeitskosten, aber auch bei Anschaffungen für Maschinen oder Saatgut. Umso wichtiger sei für ihn ein Deal mit Monsanto gewesen. 2012 arbeiteten der bei vielen verhasste Konzern und Geigle zusammen. Der Landwirt stellte ein wenig Land zur Verfügung, Monsanto die Samen. Gemeinsam versuchten sie auf der Testfläche herauszufinden, wie viele Samen optimalerweise im Osten South Dakotas ausgesät werden müssen.

„Es gibt viele Variablen: die Bodenbeschaffenheit, die Sonnenscheindauer, die Niederschlagsmenge“, sagt Geigle. In seiner Nachbarschaft fallen im Schnitt nur 511 Millimeter Niederschlag; das Getreide konkurriert also um relativ wenig Wasser. Folglich darf Geigle deutlich weniger Samen säen als die Landwirte wenige Hundert Kilometer weiter östlich, die deutlich mehr Regen abbekommen. „Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass 14.500 Samen pro 0,4 Hektar das optimale Verhältnis sind“, sagt Geigle. Seitdem weiß der Landwirt, wieviel Saatgut er dem US-Konzern für seine Felder abkaufen muss. Die Zeiten, in denen er zu viele Samen kaufte, seien vorbei, freut er sich.

Doch auch Monsanto profitiert von der Zusammenarbeit. Der Konzern nutze fortan die gewonnenen Daten, um auf Kundenfang in Geigles Nachbarschaft zu gehen. Was Kritiker stört: Je mehr Daten, die spezifisch auf die Monsanto-Samen erhoben sind, das Unternehmen sammelt, desto größer ist die Abhängigkeit der Landwirte, Produkte von Monsanto zu kaufen. „Einmal Monsanto, immer Monsanto“, sagt auch Geigle, der aber der Sache etwas Positives abgewinnt. „Ich bin froh, dass ich weiß, wie ich idealtypisch mein Feld bewirten muss. Mir fehlt schlicht die Zeit, eigenständig zu forschen und nach dem Motto ,trial and error‘ – Versuch und Irrtum – zu experimentieren.“

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