Bayer verkauft Covestro-Aktien Baumanns Milliarden-Deal über Nacht

Bayer hat sich über Nacht von weiteren Anteilen an seiner Kunststofftochter Covestro getrennt. Damit holt Konzernchef Werner Baumann rund 1,5 Milliarden Euro herein. Dennoch behält Bayer die Mehrheit – aus gutem Grund.

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Der Bayer-Chef muss sich in Sachen Covestro als geschickter Taktiker beweisen. Quelle: dpa

Düsseldorf Auf der Bayer-Jahrespressekonferenz in der vergangenen Woche war es eine der beliebtesten Fragen an den Vorstand: Wann trennt sich Bayer von seiner ausgegliederten Kunststofftochter Covestro? 64 Prozent der Anteile hielt der Konzern zuletzt noch. Und die Gelegenheit erschien günstig, weitere Pakete an die Börsen zu bringen. Mit rund 70 Euro notiert die Covestro-Aktie auf absolutem Rekordwert.

Vorstandschef Werner Baumann gab keine neuen Pläne dazu bekannt. Doch die hatten er und Finanzvorstand Johannes Dietsch da längst in der Schublade. Am Dienstagabend platzierte Bayer ein Paket von 22 Millionen Covestro-Aktien für je 66,50 Euro bei institutionellen Investoren. Das brachte rund 1,5 Milliarden Euro in die Kasse des Leverkusener Dax-Konzerns. Am Mittwochmorgen verkündete Bayer den erfolgreichen Abschluss der Platzierung.

Das Paket entspricht einem Anteil von 10,9 Prozent. Damit behält Bayer mit rund 53 Prozent weiterhin die Mehrheit an Covestro. Der Schritt kommt einem Kompromiss gleich: Zum einen nutzt Bayer das gute Börsenumfeld und den Höhenflug der Covestro-Aktie. Zum anderen kann der Konzern die abgespaltene Tochter weiterhin voll konsolidieren – und somit vorerst weiter von deren vorteilhafter Gewinn- und Cash-Entwicklung profitieren.

Bayer hatte bislang keinen festen Zeitplan zur kompletten Trennung von Covestro genannt, es hieß nur vage, man wolle dies in den kommenden Jahren vollziehen. Den Mehrheitsanteil von 53 Prozent wird Bayer nach der Aktion von Dienstagabend vorerst behalten. Wie bei solchen Platzierungen üblich, verpflichtete sich der Konzern dazu, in den kommenden 90 Tagen keine weiteren Anteile abzugeben.

Frühestens Ende Mai oder Anfang Juni könnten also weitere Verkäufe folgen, möglicherweise auch in Form einer größeren Tranche an Covestro. Das allerdings dürfte nicht nur vom Börsenumfeld abhängen, sondern auch davon, ob der operative Höhenflug der Kunststofftochter im zweiten Halbjahr 2016 weitergehen wird. Im Frühsommer dürfte darüber mehr Klarheit herrschen als heute.

Covestro gehört zwar nicht mehr zum Kerngeschäft des auf Medizin und Agrarchemie fokussierten Konzerns. Die Gewinne der Tochter fließen aber zu 100 Prozent in die Bilanz von Bayer ein. Die Tochter war im vergangenen Jahr neben der Pharmasparte einer der beiden Wachstumstreiber bei Bayer. Der bereinigte Betriebsgewinn von Covestro war 2016 um annähernd 22 Prozent in die Höhe geschnellt. Dass die Bayer-Aktionäre mehr Dividende und die Mitarbeiter eine dicke Sonderprämie bekommen, liegt also auch am Erfolg der früheren Kunststoffsparte.


Monsanto-Kauf bringt hohe Schulden

Auf den vollen Gewinn- und Cashbeitrag von Covestro würde Bayer gegenwärtig ungern verzichten. Das müsste der Konzern aber, wenn seine Beteiligung unter 50 Prozent rutscht. Zwei der drei Bayer-Kerndivisionen laufen momentan nicht rund. Das Agrogeschäft Crop Science, das mit der Megaübernahmen von Monsanto verstärkt werden soll, steckt noch immer im Konjunkturtief. Im Geschäft mit verschreibungsfreien Medikamenten (Consumer Health) verzeichnete Bayer 2016 sogar einen Gewinnrückgang.

Crop Science und Consumer Health könnten im zweiten Halbjahr 2017 wieder an Fahrt gewinnen. Bis dahin ist Bayer für den Gewinnbringer Covestro dankbar. Bei der Covestro-Bilanzpräsentation, ebenfalls in der vergangenen Woche, wurde deutlich, dass das Unternehmen mit einem starken ersten Quartal rechnet, auch das zweite Vierteljahr dürfte gut verlaufen.

Wie es danach im Kunststoffgeschäft weitergeht ist allerdings unklar. Covestro profitiert derzeit davon, dass Konkurrenten wie BASF technische Probleme haben und ihre Anlagen nicht hochfahren können, obwohl die Nachfrage steigt. Diese vorteilhafte Marktsituation könnte sich im Laufe des zweiten Halbjahres ändern.

Offen ist derzeit auch, ob der saudi-arabische Ölkonzern Saudi Aramco seine gerade fertiggestellten Kunststoff-Anlagen am Persischen Golf noch im zweiten Halbjahr hochfahren kann. Das würde zu Preisdruck auf dem Markt führen und die Gewinne von Covestro wohl drücken.

Bayer-Chef Baumann muss in Sachen Covestro also geschickte Taktik beweisen. Er will die Konzernbilanz mit Blick auf die Übernahme von Monsanto stärken, dazu ist natürlich auch der Covestro-Verkauf ein geeignetes Mittel. Bayer bietet 66 Milliarden Dollar für den US-Saatguthersteller, rund 45 Milliarden Dollar werden fremdfinanziert. Zuletzt hat Bayer seine Nettoschulden auf 11,8 Milliarden Euro gedrückt. Der am Dienstag umgesetzte Verkauf von Covestro-Aktien wird den Schuldenstand auf rund zehn Milliarden senken, eine Trennung von den verbliebenen 53 Prozent würde noch einmal rund 5,5 Milliarden Euro einbringen.

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