Bayer vor der Aufspaltung Die zwei Wege des Pharmakonzerns

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Hohe Schulden würden den Preis drücken

Größter Unsicherheitsfaktor ist die Finanzkraft der künftigen Bayer-Chemiesparte. „Viel hängt davon ab, wie viel Schulden und Pensionsverpflichtungen Bayer der neuen Gesellschaft mitgibt“, sagt Joachim Kregel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. „Dann zeigt sich, wie stark das neue Unternehmen investieren kann.“

Die Versuchung, der ungeliebten Sparte hohe Schulden aufzuhalsen, ist jedenfalls da. Nach dem Kauf der rezeptfreien Präparate von Merck & Co. stieg Bayers Nettofinanzverschuldung von 9 auf 21 Milliarden Euro. Hohe Schulden würden den an der Börse zu erzielenden Preis drücken. Sollte die Chemiesparte am Ende an der Börse tatsächlich bis zu zwölf Milliarden Euro wert sein, „wäre das schon sehr bemerkenswert“, sagt Aktionärsschützer Tüngler.

Das Bayer-Geschäftsjahr 2014 nach Regionen

Aber womöglich kommt ja alles doch noch ganz anders. Ein Kaufangebot eines Wettbewerbers oder auch von Finanzinvestoren könnte den Börsengang noch kippen. „Falls wir ein insgesamt attraktives Angebot bekämen, müssten wir uns das im Unternehmensinteresse natürlich ansehen. Wir halten diese Option aber derzeit für unwahrscheinlich und sind voll auf den Börsengang fokussiert“, sagt Bayer-Chef Dekkers.

Der staatliche saudische Ölriese Saudi Aramco sowie Sinochem oder ChemChina aus dem Reich der Mitte, die zunehmend in die Weiterverarbeitung ihrer Öl- und Gasvorräte investieren, seien an BMS durchaus interessiert, heißt es in der Branche. Die gute Marktstellung und die Technologie von Bayer bei den Polyurethanen, die aus Erdöl gewonnen werden, könnten für die Ölförderer interessant sein. Die Unternehmen wollen die Gerüchte nicht kommentieren.

Großübernahme IV: Bayer und Merck & Co

Tatsächlich hat Bayer vor dem Börsengang auch die Möglichkeit eines Verkaufs ausgelotet. Doch Gespräche mit dem Essener Konzern Evonik scheiterten wohl an unterschiedlichen Preisvorstellungen.

Durchaus passen würde die Bayer-Chemie auch zu Lanxess, schließlich gehörten beide Unternehmen bis vor zehn Jahren noch zusammen. Lanxess könnte die Bayer-Kunststoffe brauchen, um die Abhängigkeit vom Kautschukgeschäft zu verringern. Nur hat Lanxess für eine Übernahme kein Geld.

In der Branche kursiert daher auch ein Szenario, wonach sich große Finanzinvestoren zusammenschließen könnten, um beide Unternehmen zu kaufen und daraus einen neuen Chemiekonzern zu formen. Das dürfte einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag kosten, aber bei den „Private-Equity-Firmen warten auch Milliarden darauf, angelegt zu werden“, so ein Szenekenner.

Finanzinvestoren könnten aber kaum durchregieren. Denn um die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat für die Abspaltung zu gewinnen, hat Dekkers für die rund 35 000 Mitarbeiter in Deutschland, davon 6500 in der Chemie, eine Standortsicherungsvereinbarung bis Ende 2020 abgeschlossen; bis dahin sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. „Der Vertrag bringt den Beschäftigten Schutz vor Joint Ventures und Übernahmen“, sagt Frank Löllgen, Landesbezirksleiter der Chemie-Gewerkschaft IG BCE in Nordrhein-Westfalen. Für die Beschäftigten ist das gut, für mögliche Käufer oder künftige Aktionäre eher unerfreulich.

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