Bericht der Netzagentur Stromnetze halten dem Winter stand

Trotz aller Warnungen von Kritikern ist ein großer Blackout im deutschen Stromnetz bisher ausgeblieben. Der neue Netzbericht zum vergangenen Winter zeigt aber, dass gerade im Süden die Lage schwierig ist.

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Einem Bericht der Netzagentur zufolge hielten die Stromnetze dem langen Winter stand. Quelle: ap

Berlin Die Lage im deutschen Stromnetz hat sich im vergangenen Winter auch dank neuer Leitungen etwas entspannt. „Insgesamt verlief der Winter 2012/13 weniger angespannt als der Winter 2011/12“, heißt es im noch unveröffentlichten Bericht der Bundesnetzagentur zur Winterversorgung, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Dennoch kam es an einigen Tagen zu Belastungssituationen, die durch teilweise umfangreiche Eingriffe der Übertragungsnetzbetreiber beherrscht werden konnten.“

Trotz der verbesserten Lage kam es vom 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013 zu Eingriffs-Maßnahmen mit einer Dauer von 3700 Stunden - das entspricht fast exakt der Eingriffsdauer im Winter 2011/2012. Hilfreich zur besseren Steuerung der Nord-Süd-Stromflüsse sei besonders der Umbau des Generators des Kernkraftwerks Biblis A (Hessen) zu einem sogenannten Phasenschieber gewesen. Ebenfalls entlastend sei die Inbetriebnahme der 380 Kilovolt-Leitung Hamburg - Schwerin, die den Windstrom im Norden besser zu verteilen hilft.

Nur am 29. Januar mussten Reservekraftwerke in Deutschland und Österreich in Anspruch genommen werden. Vor allem, um im Süden eine starke Windstromeinspeisung im Norden auszugleichen. Allerdings wäre der Einsatz aufgrund aktualisierter Windprognosen gar nicht mehr nötig gewesen, aber der Anfahrvorgang konnte nicht mehr gestoppt werden.

Kritisch war die Lage am 25. und 26. März, als über Stunden das Netz wegen einer regional sehr unterschiedlichen Einspeisung am Limit war. „Ursächlich war die Verbindung aus hoher Einspeisung aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen von bis zu knapp 30 GW am 25. März 2013, vorwiegend im nördlichen Deutschland und einer hohen Nichtverfügbarkeit konventioneller Kraftwerke im Süden.“

Sehr kritisch wird die vom Regierungspräsidium Darmstadt verfügte Stilllegung des Kohlekraftwerks Staudinger I gesehen. Als Begründung werden „immissionsschutzrechtliche Gründe“ angeführt. „Diese Stilllegung ist aus Sicht der Systemsicherheit nicht vertretbar.


Zum Weiterbetrieb gezwungen

Sie gefährdet die Versorgungssicherheit in der Rhein-Main Region und bundesweit, da in der Folge des Atommoratoriums in Süddeutschland alle verbleibenden konventionellen Kraftwerke in der Region dringend benötigt werden“, betont die Bundesnetzagentur. Das könne zu einer Gefährdung der Spannungshaltung führen und zudem werde das Kraftwerk zur Entlastung hoch belasteter Nord-Süd-Leitungen benötigt.

Die Bundesregierung hat gerade erst ein Art Zwangsverordnung bis 2017 festgeschrieben: Betreiber, deren Kraftwerke sich wegen immer mehr Ökostromeinspeisung nicht mehr rechnen, sollen noch bis 2017 - gegen Entschädigung - zum Weiterbetrieb auch unrentabler Anlagen gezwungen werden, wenn sie als „systemrelevant“ eingestuft werden. Insgesamt wurden für den letzten Winter ein „Kaltreserve-Bedarf“ mit einer Leistung von 2500 Megawatt ermittelt - sie werden bei Bedarf angefordert und erhalten für das Bereitstehen Sondervergütungen.

Ein zügiger Netzausbau sei das entscheidende Mittel, damit die Versorgungssicherheit trotz der schrittweisen Abschaltung von Kernkraftwerken gewahrt bleibt. „Eine Stilllegung von Kraftwerken im südlichen Deutschland gefährdet die Systemsicherheit“, betont die Bundesnetzagentur mit Blick auf andere konventionelle Kraftwerke.

Die Netto-Stromexporte stiegen im Winter um 92 Prozent an. Lagen sie im Winter 2011/12 noch bei 10,9 Terawattstunden (TWh), so kletterte sie im Winter 2012/13 auf 20,8 TWh. Ein Problem bleiben teils deutliche Bilanzkreisabweichungen, besonders zwischen Weihnachten und Neujahr.

Wenn zum Beispiel mehr Wind- und Solarstrom als nach der vorhergesagten Wetterlage erwartet produziert wird, kann parallel zu viel Strom in Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken produziert werden. Dies wiederum kann zu negativen Strompreisen und einer Abgabe des Stroms unter Wert an ausländische Versorger führen.

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