Bertelsmann Arvato expandiert im Gesundheitsmarkt

In Deutschland verpflichtet das Präventionsgesetz Krankenkassen dazu, jährlich mindestens zwei Euro je Versichertem in betriebliche Gesundheitsförderung zu investieren. In dem Bereich will die neue Marke Vilua wachsen.

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Check-Up im Präventiometer: Das spacige kugelförmige Cockpit, in dem die Vitaldaten des Mitarbeiters beim Fahrradfahren aufgezeichnet werden, soll das Interesse von Beschäftigten für eine erste Gesundheitsuntersuchung wecken. Quelle: PR

Frankfurt Die Bertelsmann Dienstleistungstochter Arvato startet mit der neuen Marke Vilua im Gesundheitsbereich. Vilua bietet für Konzerne, Gesundheitsunternehmen und Krankenkassen unter anderem Programme für die Gesundheitsförderung und Versorgung von Menschen an.

Rund 170 Mitarbeiter sind derzeit laut Geschäftsführer Jens Härtel für Vilua tätig: Von medizinischem Fachpersonal wie Ärzte und Apotheker über zertifizierte Coaches bis hin zu Designern und Entwicklern: Vilua kombiniert digitale Produkte und persönliches Coaching.


Den individuellen Gesundheitscheck-up beispielsweise gibt es bei einer virtuellen Radtour im so genannten Präventiometer, bei dem wichtigen Daten wie Körpergewicht, Blutdruck, Hör- und Sehvermögen oder auch der Stresslevel ermittelt werden. Anschließend wird für den Nutzer das persönliche Gesundheitsprogramm zusammengestellt, unterstützt mit speziellen Apps und der digitalen aber auch persönlichen Kommunikation mit dem Coach. „Bei Vilua steht immer die Begleitung des Nutzers im Vordergrund“, sagt Geschäftsführer Härtel. „Der Nutzer kann ein Patient sein, der Mitarbeiter eines Unternehmens oder auch ein Versicherter. Ziel ist es, den Menschen bei einer Verhaltensänderung zu unterstützen, um letztlich seine Lebensqualität zu verbessern“, so der Mediziner.

Vilua zielt mit seinem Angebot stark auf den Markt der betrieblichen Gesundheitsförderung, ein viel versprechendes Feld, in dem sich viele Anbieter von der Krankenkasse, über Reha-Firmen bis zum Beratungsunternehmen tummeln. In Deutschland etwa verpflichtet das neue Präventionsgesetz Krankenkassen dazu, jährlich mindestens zwei Euro je Versichertem in betriebliche Gesundheitsförderung zu investieren.

Hinzu kommen viele Aktivitäten der Unternehmen selbst. Sie haben erkannt, dass sie durch Investitionen in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter auch einen echten Nutzen haben, etwa wenn die Fehlzeiten durch Krankheit reduziert werden können. Eine Studie des Beratungs- und Marktforschungsunternehmen Dostal und Partner beziffert den erweiterten Markt für betriebliches Gesundheitsmanagement in Deutschland auf bis zu vier Milliarden Euro.

Wie viel Umsatz Vilua mit seinen 170 Mitarbeitern in diesem Markt bereits macht, gibt das Unternehmen nicht bekannt. Arvato insgesamt hatte im Jahr 2016 weltweit mit rund 67.000 Mitarbeitern mehr als 3,8 Milliarden Euro Umsatz erzielt, mit einem breiten Portfolio, das von Call-Center-Dienstleistungen über Logistik bis hin zu Online-Bezahldiensten und Direktmarketing reicht.

Für Vilua hat Arvato seine Healthcare-Aktivitäten des Unternehmensbereichs Arvato CRM Solutions mit denen mit der Firma Welldoo gebündelt. CRM steht für Customer Relationship Marketing, Arvato bietet hier für unterschiedlichste Branchen Lösungen rund um das Thema Kundenkommunikation und digitale Services an. Die Berliner Welldoo GmbH wiederum gehört bereits seit 2000 zum Bertelsmann-Reich. Damals übernahm die Verlagstochter Gruner & Jahr die Firma, die noch unter dem Namen xx-well firmierte. Daniel Welzer, Vorsitzender der Geschäftsführung von Arvato CRM Solutions Deutschland sieht in innovativen und digitalen Lösungen für die Gesundheitsbranche ein spannendes Wachstumsfeld.


Daten-Zugriff auf Gesundheitsinformationen und Analyse

Vilua-Geschäftsführer Härtel macht das größte Potential für das von ihm geführte Unternehmen im Bereich betriebliche Gesundheitsförderung bei großen international tätigen Konzernen aus. „Durch den demografischen Wandel steigen die Anforderungen an die Firmen, ihre Belegschaft zu unterstützen, möglichst lange gesund und produktiv zu bleiben“, sagt er. Dax-Konzerne und internationale Pharma- und Medtech-Unternehmen zählen laut Firmenmitteilung bereits zu den Kunden von Vilua, Welldoo hat beispielsweise Firmen wie Sanofi, die Schweizer Migros, die Deutsche Rheuma Liga und die Techniker Krankenkasse betreut.

Zu den Krankenversicherungen, die in Deutschland mit Vilua zusammenarbeiten, gehört unter anderem die AOK Nordost. Sie unterstützt in ihrer Region verschiedene Betriebe bei der betrieblichen Gesundheitsförderung und setzt dabei unter anderem auch den Gesundheits-Check-up via Präventiometer ein. Von dem Einsatz des spacigen, kugelförmigen Cockpits erhofft sich die AOK Nordost eine höhere Bereitschaft der Beschäftigten, sich auf eine Untersuchung ihres Gesundheitszustands einzulassen.


Mit Vilua arbeitet die AOK Nordost zusammen, weil sie eine ganzheitliche Lösung für die betriebliche Gesundheitsförderung liefert: „Den Gesundheitscheck und Coaching bieten viele Firmen an, die im Bereich betriebliche Gesundheitsförderung unterwegs sind. Vilua hat darüber hinaus die externe Speicherung der Daten im Paket und liefert unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen auch die entsprechenden Analysen, wo der Betrieb bei der Gesundheitsförderung steht.“, sagt Werner Mall, Unternehmensbereichsleiter Prävention der AOK Nordost.

Die externe Auswertung und sichere Speicherung der Daten ist der Krankenkasse laut Mall wichtig, weil sie selbst keinen Zugriff auf Gesundheitsinformationen aus der betrieblichen Gesundheitsförderung haben will. Schließlich sind es nicht nur die eigenen Versicherten, die die Krankenkassen im Rahmen ihrer betrieblichen Gesundheitsförderung unterstützen sollen. Bei den Unternehmen wiederum sollten die Daten auch nicht gespeichert werden, denn, so Mall: „Für die Akzeptanz bei den Beschäftigten ist es wichtig, dass auch ihr Arbeitgeber nicht auf die Daten zugreifen kann.“

Weil sich Apps und neue digitale Angebote auch im Gesundheitswesen schnell weiterentwickeln, ist Vilua-Geschäftführer Härtel offen dafür, interessante Angebote von Start-ups im Bereich Digital Health bei Vilua einzubinden. „Wir halten hier im Markt auch gezielt Ausschau“, sagt Härtel, der als Mentor in der Initiative Startupbootcamp auch Einblick in die europäische Gründerszene hat.

Das Präventiometer der Stuttgarter Firma Ipex5 ist ein Beispiel für eine solche Kooperation. Darüber hinaus arbeitet Vilua laut Härtel aber auch an der Entwicklung eigener Produkte, etwa neuer mobile Lösungen, damit sich der Nutzer einfacher sein individuelles Beratungs-und Gesundheitsprogramm zusammenstellen kann. Nicht zuletzt will Vilua auch die Forschung zu Prävention und Gesundheitsversorgung mit Instituten und Universitäten ausbauen und liefert dafür Analysen der gesammelten anonymisierten Daten aus den Projekten.

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