Bessere Auto-Abgaswerte Regierungen blockieren EU-Reform der Abgastests

Seite 2/2

Größere Probleme mit älteren Autos


Ein gutes Jahr nach Bekanntwerden des Abgasskandals von Volkswagen ist aus Sicht von Transport & Environment auf Europas Straßen nicht sonderlich viel passiert. 80 Prozent aller zugelassenen Dieselfahrzeuge würden viel zu hohe Stickoxid-Emissionen an die Atmosphäre abgeben. 26 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit überhöhten Abgaswerten seien in Europa unterwegs.

Die größeren Probleme gebe es mit den älteren Autos der Euro-5-Generation, die zwischen den Jahren 2010 und 2014 verkauft worden sind und die maximal 180 Gramm Stickoxid auf 1000 Kilometer abgeben dürften. Im Realbetrieb würden mehr als 80 Prozent der in Europa verkauften Dieselmodelle mehr als das Dreifache der zulässigen Grenzwerte ausstoßen. Nur unter Idealbedingungen im Testbetrieb würden die Autos die gesetzlichen Bestimmungen einhalten.

Etwas besser sieht es bei den Euro-6-Modellen aus, die seit 2015 verkauft werden. Zwei Drittel dieser Fahrzeuge emittierten mehr als das Dreifache des zulässigen Grenzwertes von 80 Gramm auf 1000 Kilometer. Knapp 70 Prozent dieser Autos mit geschönten Abgaswerten seien in den vier großen EU-Ländern Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien verkauft worden.

Für Transport & Environment steht unwiderruflich fest, dass der Abgasskandal von Volkswagen nur die „Spitze des Eisberg“ darstellt. Andere Hersteller seien genauso betroffen. Der einzige Unterschied: Über sie werde nicht geredet. Aus Sicht der Umweltschützer aus Brüsseler agiere Volkswagen in einer Hinsicht inzwischen sogar schon vorbildlich für die gesamte Branche. Die in Europa von dem Abgasskandal betroffenen 8,5 Millionen Fahrzeuge des VW-Konzerns würden auch tatsächlich umgerüstet. Bei Renault und Fiat müssten sich die Autofahrer selbst melden, wenn ihre Fahrzeuge richtig eingestellt werden sollen. Die Hersteller ließen ihre Kunden zudem im Unklaren darüber, dass ihre Autos überhaupt umgerüstet werden sollten. Knapp 700.000 verdächtige Dieselautos, darunter auch Modelle von Fiat und Renault, sind Teil eines sogenannten „freiwilligen Rückrufs“ der Autohersteller.

„Die nationalen Regierung bewerten die Interessen ihrer eigenen Automobilhersteller höher als den Bedarf der Menschen nach sauberer Luft“, kritisiert Julia Poliscanova von Transport & Environment. Die nationalen Zulassungsbehörden seien von den Autoherstellern „gekapert“ worden. Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien seien im Besitz verdächtiger Emissionsergebnisse von Herstellern wie Opel, Fiat und Renault. Diese Daten würden nicht an die EU-Kommission weitergegeben, weil den Autoherstellern Strafen aus Brüssel drohten.

Für Transport & Environment gibt es nur eine Konsequenz. „Die EU braucht eine unabhängige Zulassungsbehörde, die darauf achtet, dass die Vorgaben auch wirklich eingehalten werden, und die am Ende auch Strafen verhängt“, betont Julia Poliscanova.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%