Schon die bereits bekannten Anforderungen an die neue Drohne dürften ihre Bauer zudem ins Schwitzen bringen. So muss der unbemannte Flieger selbstständig und problemlos Kollisionen ausweichen können, wenn er die dringend erforderliche Zulassung für den zivilen Luftraum erhalten soll. Die Entwicklung dieser „Sense and Avoid“ genannten Fähigkeit ist für das Projekt entscheidend, aber auch hoch komplex. Zumindest einfacher wäre es, auf Technik aus dem Ausland zurückzugreifen: In den USA wird sie bereits seit Längerem in der Reaper-Drohne getestet.
2. Überlegt, was die Drohne können soll
Zumindest im Kern ist die eigentliche Aufgabe für die neue Europa-Drohne klar: Sie soll aufklären. Das neue Fluggerät wird zur sogenannten MALE-Klasse (kurz für Medium Altitude, Long Endurance) gehören. Mehr als 24 Stunden soll die Drohne in der Luft bleiben und aus einer Höhe von 5000 bis 15.000 Metern Daten eines überwachten Gebiets an die Bodenstation senden. Im Idealfall ist sie gleichermaßen im Kampf gegen Terroristen wie auch in Katastrophengebieten und bei der Überwachung von Grenzen und Küsten einsetzbar.
Zudem soll die Drohne aber auch Raketen abschießen können. Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder beschrieb das Projekt zuletzt als Aufklärungsdrohne, "die optional bewaffnet werden kann". Der Satz zeichnet nicht nur den Kritikern von Kampfdrohnen Sorgenfalten ins Gesicht, die einen „militärischen Tabubruch“ befürchten.
Die bislang noch wenig konkreten Anforderungen wecken auch die Sorge, dass die neue Europa-Drohne eine Art eierlegende Wollmilchsau sein soll. Die extrem hohen Anforderungen und unterschiedlichste Einsatzszenarien hatten unter anderem die Entwicklung des Transportfliegers A400M zum Millionengrab werden lassen. Trotzdem erfüllen die ersten ausgelieferten Flieger bis heute nicht alle früheren Versprechungen.
Schon jetzt ist immerhin klar, dass die Europa-Drohne mit hochgerüsteten Kampfdrohnen, die etwa in den USA entwickelt werden und die selbst schwere Bomben mit großer Zerstörungskraft transportieren können, gar nicht erst mithalten muss. Eine solche Killermaschine wäre politisch kaum durchsetzbar.
Die Drohnen-Projekte der Bundeswehr
Bis 2025 wollen Deutschland, Frankreich und Italien gemeinsam eine mittelgroße Drohne entwickeln. Sie soll 5000 bis 15 000 Meter hoch fliegen und sich 24 Stunden oder sogar länger in der Luft halten können. Mit etwa zehn Metern Länge und um die fünf Tonnen Gewicht sind solche Drohnen groß genug, um auch Waffen tragen zu können.
Da die Bundeswehr noch zehn Jahre auf die Euro-Drohne warten muss, soll als Übergangslösung eine bewaffnungsfähige Drohne gemietet oder gekauft werden. Zur Auswahl stehen die israelische „Heron TP“ und eine amerikanische Drohne, die wahlweise „Predator B“ (Raubtier) oder „Reaper“ (Sensenmann) genannt wird.
Zu Aufklärungszwecken möchte von der Leyen eine Drohne anschaffen, die bis zu 20 Kilometer hoch fliegen und von dort aus riesige Gebiete überwachen kann. Im ersten Anlauf ist das Projekt im Mai 2013 gescheitert. Die Entwicklung des 14,5 Meter langen und 14,6 Kilogramm schweren „Euro Hawk“ wurde wegen Problemen bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion gestoppt. Als Ersatz wird nun die Anschaffung der Schwester-Dohne „Triton“ desselben US-Herstellers geprüft.
Welche Art von Bewaffnung für die Europa-Drohnen möglich – oder überhaupt ratsam ist, ist nicht ganz klar. Fest steht: zusätzliche Bewaffnung wird zu Lasten von Reichweite, Flugzeiten und vermutlich auch der Bewegungsfähigkeit gehen. Allein die Option, Raketen anzubringen, wird die Konstrukteure vor Herausforderungen stellen und zu Kompromissen zwingen.
Um die richtig einordnen zu können, ist entscheidend, wie die Drohne eingesetzt werden soll: Die Einsatzszenarien müssen deshalb schon während der Entwicklung der ersten Studie bis Ende 2017 so weit nur irgend möglich definiert werden. Nicht nur für aktuelle Konflikte, sondern insbesondere mit Blick auf die Zeit nach 2025.
3. Verzichtet auf permanente Nachbesserungswünsche
Eine klare Definition der Leistungsforderungen könnte auch eindämmen, was die Rüstungsindustrie seit Langem zur Verzweiflung bringt: Regierungen bestellen ein Projekt - und schrauben im Nachhinein an den Anforderungen.
Das kann gute Gründe haben: Im Laufe der jahrelangen Entwicklung ändert sich die Weltlage, die Technik entwickelt sich weiter. Also müssten bestellte Fahrzeuge, Flieger und eben auch Drohnen den Neuerungen entsprechend angepasst werden. Das ist alles andere als leicht. Die Systeme sind nicht modular aufgebaut, müssen aber perfekt zusammenspielen. Schon eine kleinere Änderung wie ein neuer Adapter, ein neuer Anschluss oder eine verbesserte Software kann große Probleme nach sich ziehen. Das kostet Zeit und Geld.