BHP Billiton, Rio Tinto, Glencore Die Bergbauriesen steigen wieder ein

Nach dem steilen Absturz ziehen die Preise vieler Rohstoffe an. Die großen Bergbaukonzerne denken nach Jahren des Sparens nun wieder laut über neue Projekte nach. Doch hat die Branche aus ihren Fehlern gelernt?

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Der Bergbaukonzern Rio Tinto investiert Milliarden in dem Land. Quelle: AFP

Kapstadt/Düsseldorf „Wir investieren in einer Zeit, wo die meisten aus unserem Sektor ihre Ausgaben noch weiter reduzieren“, sagte Laura Tyler, Chefgeologin bei BHP Billiton, jüngst auf eine Konferenz in Sydney. Der weltweit größte Bergbaukonzern will sein jährliches Budget für die Rohstoffsuche (Exploration) um mehr als ein Viertel auf 900 Millionen Dollar, umgerechnet rund 810 Millionen Euro, ausweiten. Im Fokus stehen vor allem Kupfer und Öl.

Noch Ende Januar hatte BHP bei seinen Schiefergas- und Ölgeschäften in den USA eine Abschreibung von über fünf Milliarden US-Dollar gemeldet, nachdem der Rohölpreis unter 30 Dollar gerutscht war. Inzwischen kostet Öl in Europa wieder um 45 Dollar je Barrel (159 Liter); damit ist es aber immer noch weniger als halb so teuer wie vor zwei Jahren.

Kaum anders sieht es etwa bei den Metallen aus. Viele werden noch immer rund 50 Prozent unter den Hochs von 2011 gehandelt. Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore verwies darauf, dass die Rohstoffpreise binnen relativ kurzer Zeit auf das Niveau vor dem Rohstoffboom zurückgefallen sind; der Boom dauerte von 2002 bis 2012. Die Minenbranche hatte daher in diesem Jahr geplante oder bereits getätigte Verkäufe in Höhe fast 30 Milliarden Dollar verkündet. Nun wächst bei den Konzernen der Optimismus, dass das Schlimmste hinter ihnen liegt.

Erste Unternehmen denken sogar wieder laut über neue Projekte nach. Der australisch-britische Bergbaukonzern Rio Tinto etwa investiert in die riesige Kupfermine Oyu Tolgoi in der Mongolei. Mit 5,3 Milliarden Dollar sollen 400 Millionen Dollar mehr als ursprünglich geplant in die Mine fließen. Die Förderung soll 2020 beginnen.

Bislang hatte der weltweit zweitgrößte Minenkonzern einen drastischen Sparkurs gefahren. Vorstandschef Sam Walsh wurde sogar nach einem Verlust von 866 Millionen Dollar und einer Dividendenkürzung zum 1. Juli gegen Jean-Sebastien Jacques ausgetauscht, den bisherigen Chef der Kupfer-Sparte. Er hat den Slogan ausgegeben: Ruhig bleiben und durchhalten. Der Konzern hat besonders unter dem Preisverfall von Eisenerz, seinem wichtigsten Rohstoff gelitten.

Den Slogan bezieht Jacques aber wohl nicht auf alle Vorhaben. Denn in Westafrika hat er das milliardenschwere Eisenerz-Projekt Simandou erst einmal auf Eis gelegt. Das Unternehmen sehe „im gegenwärtigen Marktumfeld keinen Weg weiter“, sagte er der britischen Zeitung „The Times“. Wirklich verwundern kann der Rückzug nicht. Denn ein wenig Unsicherheit schwingt auch bei den neuen Vorhaben mit. Viele Rohstoffveteranen sind eben noch nicht völlig überzeugt, dass die Trendwende angesichts der schwachen Nachfrage dieses Mal wirklich von Dauer ist. Zu häufig sind die Erwartungen enttäuscht worden. Die bangen Blicke sind besonders auf China gerichtet, den größten Rohstoffverbraucher der vergangenen Jahre.

Zu den Optimisten gehörte zuletzt Tom Albanese vom indischen Konzern Vedanta. Er glaubt, dass die Rohstoffe das Tal der Tränen durchschritten haben. Vedanta will daher eine Milliarde Dollar investieren, um seine Zinkproduktion auszuweiten. Zwar sucht auch BHP nach Chancen, doch ist dessen Chef Andrew Mackenzie vorsichtiger.

Neben anhaltenden Zweifeln an der wirtschaftlichen Lage Chinas habe auch der Brexit für neue Unsicherheit gesorgt, da niemand die Auswirkungen verlässlich vorhersagen kann. „Die Bestände an den Märkten sind noch immer hoch und die Lage angespannt. Wir erwarten eine längere Phase anhaltend niedriger Preise und hoher Preisfluktuationen“, warnte Mackenzie. An einen Rückzug der Zentrale aus London denkt aber bisher wohl keiner der großen Bergbaukonzerne.


Lernt die Branche aus den Fehlern der Vergangenheit?

Zweifel hegen auch nicht nur die Bergbaugiganten. Die Ratingagentur Moody's hat vor kurzem zum Beispiel die Kreditwürdigkeit von Anglo American auf Ramschstatus gesenkt, nachdem das Unternehmen für 2015 einen Verlust von 5,5 Milliarden Dollar gemeldet hatte – den vierten in Folge. Das britisch-südafrikanische Unternehmen, das 1999 von Johannesburg nach London umzog, will seine hohe Schuldenlast nun weiter reduzieren, die Produktivität verbessern und die Zahl der eigenen Minen auf 16 reduzieren; 2013 waren es noch 65. Moody's ist zudem der Ansicht, dass es sich bei dem Einbruch im Rohstoffsektor diesmal nicht etwa um eine normale zyklische Flaute handelt sondern um eine völlige Umgestaltung des Sektors.

Die aktuellen Erholungsansätze an den Rohstoffmärkten spiegeln sich eindrucksvoll in den Aktienkursen der großen Konzerne wider. Die Schweizer UBS hat trotz der bereits gesehenen Kurssteigerungen zuletzt sowohl die Aktien von BHP Billiton als auch von Rio Tinto zum Kauf empfohlen.

Bei Anglo American hat sich der Kurs als Reaktion auf die Sparbemühungen des Managements seit Anfang Februar fast verdreifacht. Die Credit Suisse hat das Kursziel von 500 auf 630 Pence angehoben. Zuletzt war die Aktie allerdings schon teurer; UBS rät zum Verkauf. Auch der Glencore-Kurs hat sich mehr als verdoppelt. Grund zum Optimismus besteht laut David Shapiro vom Johannesburger Finanzdienstleister Sasfin vor allem deshalb, weil schlechte Nachrichten nun, anders noch als zu Jahresbeginn, nicht mehr sofort auf die Aktienkurse der Konzerne durchschlagen – oft ein Indiz für eine Trendwende.

Auch Glencore-Chef Ivan Glasenberg ist zuversichtlich, dass die Rohstoffpreise nicht mehr auf ihre Tiefstände von vor sechs Monaten zurückfallen werden. Der Südafrikaner hat seine Kollegen in der Minenbranche in der Vergangenheit immer wieder gedrängt, aus früheren Fehlern zu lernen – und nicht mehr wie im nun so abrupt zu Ende gegangenen, jüngsten Rohstoffboom fast eine Billion Dollar in den Ausbau und die Erschließung immer neuer Minen zu stecken.

Stattdessen gelte es, Angebot und Nachfrage vorausschauender als bislang zu balancieren. So hätten die hohen Investitionen der vergangenen Jahren nicht nur den Schuldenberg vieler Förderer drastisch ansteigen lassen sondern auch zu einem massiven Überangebot von Rohstoffen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt geführt als Chinas Wirtschaft gerade spürbar eintrübte.

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