Bilanz in Wolfsburg VW-Vorstand wird zur Zwei-Klassen-Gesellschaft

Seit seinem Amtsantritt verspricht VW-Vorstandschef Matthias Müller den Wandel in Wolfsburg. Im Vorstand wird trotz der Krise weiterhin fürstlich verdient - das zeigen die aktuellen Bilanzzahlen.

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Konzernchef Matthias Müller will dem VW-Konzern einen Kulturwandel verordnen. Quelle: dpa

Wolfsburg Das Jahr 2015 war das schlimmste in der der knapp 80-jährigen Unternehmensgeschichte von Volkswagen. Dieses Jahr soll alles besser werden. 2016 soll das Jahr der Aufarbeitung und Neuausrichtung zu werden. Der Konzern will zur Normalität zurückkehren. So jedenfalls lautet der Tenor bei der Jahrespressekonferenz des Konzerns in Wolfsburg. „2016 wird für uns ein Jahr des Übergangs, in dem wir den Wandel beschleunigen“, sagte Vorstandschef Matthias Müller.

Es ist eisig an diesem Donnerstagmorgen über der Autostadt in Wolfsburg. Das Repräsentationsobjekt des Konzerns, an dem täglich mehrere hundert Kunden ihren Neuwagen abholen, ist diesmal Ort für die Vorlage der Bilanz für das abgelaufene Jahr. Vor einem Jahr wählte man dafür noch den ehemaligen Flughafen in Berlin-Tempelhof. Pompös mit einer Halle für die Pressekonferenz und einer zweiten mit einer Art Mini-IAA für die Präsentation der zwölf Marken. Jetzt ist alles etwas kleiner, das Auslieferungszentrum in Wolfsburg wurde schlicht umfunktioniert.

Im Jahr eins nach der Krise soll also alles besser werden. Damit das alles gelingt, sollen auch in diesem Jahr wieder rund 10 Millionen Autos verkauft werden. Das kündigte Konzernchef Matthias Müller an. 9, 93 Millionen waren es im abgelaufenen Jahr. „Bei einem wachsenden Volumen in China“, wie es am Donnerstag hieß. Die Grundausrichtung ist damit klar: Das Reich der Mitte, das in den vergangenen Jahren schon der mit Abstand größte Markt war, soll seine Position weiter ausbauen. Ergebnis und Umsatz aus China gehen wegen der Joint Ventures dort mit heimischen Partnern zwar nicht in die operativen Zahlen des Konzerns ein.

Die Blickrichtung ist trotzdem klar: China ist nach dem Einbruch im vergangenen Jahr, als 3,4 Prozent weniger Autos verkauft wurden, wieder der wichtigste Wachstumstreiber. Die weiterhin schlechte Lage in Russland und Südamerika, die Wechselkursrisiken sowie viele weiterhin ungeklärte Fragen um die Abgasthematik sollen so kompensiert werden.

Noch wichtiger für den Konzern ist indes, dass schon in diesem Jahr die Rückkehr in die schwarzen Zahlen gelingen soll. Eine Marge von fünf bis sechs Prozent beim operativen Ergebnis, so die durchaus ambitionierte Planung von Konzernchef Matthias Müller für dieses Jahr. Der Umsatz soll um lediglich bis zu fünf Prozent unter dem von 2015 liegen, als trotz Krise ein Rekordumsatz von 213,3 Milliarden Euro erwirtschaftet wurde. Auch das wäre Anbetracht der vielen ungeklärten Fragen ein weiterer Etappensieg.

Der Geschäftsbericht für das abgelaufene Jahr offenbart indes aber auch noch anderes: Bei Volkswagen wird in der Vorstandsetage trotz historischer Krise weiterhin fürstlich verdient. Und zwar mit erheblichen Unterschieden zwischen den einzelnen Zuständigkeiten. Absoluter Krösus dabei war der Anfang 2015 von Daimler gekommene Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler. 14,9 Millionen Euro betrugen seine Gesamtbezüge auf Basis des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK). Damit ist er auch der einzige Vorstand, der im zweistelligen Millionenbereich verdient hat. Zur Erklärung dient indes die Fußnote im Geschäftsbericht auf Seite 72: „Enthält Kompensation von verlorengegangenen Ansprüchen aufgrund des Arbeitgeberwechsels in Höhe von 11,5 Millionen Euro“. Renschler kam damals von Daimler und hatte dort noch einen laufenden Vertrag, ehe Volkswagen ihn abwarb.

Herbert Diess, der im Sommer und damit vor Ausbruch der Dieselkrise als neuer Markenchef kam, bekam insgesamt 7,1 Millionen für sein erstes halbes Jahr bei Volkswagen. Ebenfalls spannend: Ex-Vorstandschef Martin Winterkorn, dessen Vertrag noch bis Ende dieses Jahres läuft, erhielt Gesamtbezüge von 7,3 Millionen Euro. Als er 2014 noch im Amt war, waren es insgesamt mehr als doppelt so viel, nämlich 15,8 Millionen Euro. Beinahe beschieden wirken da die knapp 4,1 Millionen für Audi-Chef Rupert Stadler. Die Premium-Tochter war mit einem Ergebnisbeitrag von mehr als fünf Milliarden Euro die größte Cash-Kuh von Volkswagen. Er selbst verdiente hingegen gut 2,8 Millionen Euro weniger als im Jahr 2014. Die geringeren Boni – bedingt durch den hohen Verlust im Konzern – waren die Folge. Ganz unten auf der Gehaltsliste findet sich übrigens der neue Finanzvorstand Frank Witter. Knapp über 900 000 Euro bekam er für seine drei Monate seit Antritt Anfang Oktober.

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