Boomtowns Yihaa! Auf in Chinas Wilden Westen

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Steigende Kaufkraft

Fabers düstere Prognose für China
Marc Faber Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Rio de Janeiro Quelle: dapd
Kupfermine in Chile Quelle: IVAN ALVARADO
Taipeh 101 Quelle: dpa/dpaweb
Casino in Macau Quelle: REUTERS
Louis Vuitton in Shanghai Quelle: AP
Transformator Quelle: REUTERS

Chinas Provinzstädte stellt man sich irgendwie schäbig vor, mit Menschenmassen, die in heruntergekommenen Betonruinen hausen. In Chongqing sind die Wolkenkratzer modern und so zahlreich, dass sich der Besucher beinahe an Shanghai erinnert fühlt. Die 30-Millionen-Stadt, zusammen mit dem Umland so groß wie ganz Österreich, ist immer noch im Bau. Überall in der hügeligen Innenstadt röhren Presslufthämmer, Baufirmen ziehen neue Häusertürme hoch und schlagen Brücken über die Flüsse Jialing und Jangtsekiang. Mit schmucken Hotels, Einkaufszentren, Bars und Restaurants soll die Megacity für Manager aus dem In- und Ausland attraktiver werden.

Nah beim Kunden - Zulieferer Brose produziert in Chongqing Fensterheber und Türschlösser für VW und Ford. Quelle: Presse

Niedrige Personalkosten

Peking wünscht die Wanderung westwärts ins Zentrum. Bereits im Jahr 2000 gab die Regierung die "Go-West-Strategie" aus, mit der die zentralen, unterentwickelten Provinzen Chinas gefördert werden sollen. Im Fokus stehen Sichuan mit der Metropolregion Chengdu, die relativ autonome Stadt Chongqing, weiter nördlich Shaanxi mit der Hauptstadt Xi’an und ganz im Süden Guanxi. Neben der Infrastruktur, die alle Provinzstädte mit Pekinger Hilfe verbessern, locken die Regionen Investoren mit Steuerermäßigungen und Fördermitteln sowie niedrigem Lohnniveau und günstigen Grundstückspreisen.

Die Chancen im Westen seien immens, heißt es auch in einer Studie der Beratung EAC mit Sitz in Shanghai. Demnach sind die Personalkosten in der Region um 30 bis 40 Prozent geringer als an der gut erschlossenen Ostküste. Und während die durchschnittliche Fabrikmiete pro Quadratmeter in Shanghai bei 24,7 Yuan (rund drei Euro) liegt, sind es in Xian 15,8 Yuan und in Chongqing 12,8 Yuan.

Dennoch seien erst vier Prozent der in China registrierten deutschen Unternehmen im Landesinneren unterwegs, so EAC. Zusammen erwirtschaften diese nur vier Prozent ihres China-Umsatzes im Zentrum des Riesenlandes. Die Musik spielt weiter an der Küste, wo die logistische Anbindung durch die Nähe zu den Häfen besser ist. Die Autoren der EAC-Studie warnen ähnlich wie Berater Hällmayr: "Deutsche Unternehmen scheinen den Zug in den Westen zu verpassen."

Was Deutschland mit China verbindet
Das kommunistisch regierte China ist mit gut 1,3 Milliarden Menschen das bevölkerungsreichste Land der Erde. Quelle: dapd
Mit einer Fläche von knapp 9,6 Millionen Quadratkilometern ist es etwa 27 Mal so groß wie Deutschland. Quelle: Reuters
Trotz eines Bruttoinlandsprodukts von 5,88 Billionen US-Dollar (2010) und einem Wachstum von 9,2 Prozent im vergangenen Jahr ist besonders die Landbevölkerung von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen . Quelle: dpa
2010 exportierten deutsche Unternehmen Waren für 53,6 Milliarden Euro nach China. Im Vergleich zum Jahr zuvor entsprach das einem Plus von 43,9 Prozent. Die Einfuhren lagen 2010 bei 76,5 Milliarden Euro (35,0 Prozent mehr als 2010). Quelle: dpa
Aus der Bundesrepublik werden besonders Maschinen, Anlagen, elektrotechnische Produkte und Autos nach China verkauft. Quelle: dapd
Von dort kommen vor allem Elektrotechnik und Kleidung. Quelle: dpa
Die Direktinvestitionen deutscher Unternehmen beliefen sich 2010 auf 697 Millionen Euro nach 857 Millionen im Jahr zuvor. Quelle: REUTERS

Für Helmut Schneider gilt das nicht. Der China-Veteran ist Landeschef des Industriegaseproduzenten Messer Griesheim aus der gleichnamigen Stadt in Südhessen. In Chengdu hat er bereits investiert, als die meisten Expats die Namen der Städte in Zentralchina noch nicht richtig aussprechen konnten. "Wir bauen unsere Werke dort, wo die großen Kunden sitzen", erzählt Schneider. Damit meint er weniger deutsche Mittelständler, sondern riesige Lohnfertiger wie Foxconn aus Taiwan, die die Herstellung von Elektronik zuallererst ins günstige Landesinnere verlegt haben.

Schneider startete bereits Mitte der Neunzigerjahre mit der ersten Fabrik in Chengdu, kurz darauf folgte eine in Chongqing. Heute ist Messer Griesheim mit zehn Standorten in drei der Westprovinzen präsent und beliefert Apple-Großlieferant Foxconn mit Stickstoff und Sauerstoff - über Pipelines und in Flaschen. Solche Gase kommen als Hilfsstoffe etwa beim Löten zum Einsatz.

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