Heinrich Prygoda ist in diesen Tagen ein besonders gefragter Mann. Mittags stand für den Inhaber des Bürobedarfsherstellers Olympia zuerst ein Interview mit dem TV-Sender Sat.1 an, nach der aktuellen Besprechung zur Markteinführung einer Alarmanlage wartet schon RTL auf ein Interview. Der Medienrummel dreht sich um einen eigentlich kleinen Auftrag, ein Kinkerlitzchen fürs Geschäft – jedoch mit einer großen Wirkung: Der russische Geheimdienst FSO, der für den Schutz von Wladimir Putin und der Regierung verantwortlich ist, hat einen Auftrag für 20 Schreibmaschinen ausgeschrieben. Dafür hat Olympia ein Angebot abgegeben.
Die Nachricht, die hier zu Lande die Nachrichtenagentur dpa verbreitet hat, ist gleich doppelt interessant: Einerseits zeigt sie die skurrilen Folgen der Geheimdienst-Nachrichten der vergangenen Wochen. Nach den Enthüllungen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden, dem Abhörskandal beim G20-Gipfel in London und den Veröffentlichungen von Geheimunterlagen durch WikiLeaks, möchten die Russen brisante Informationen künftig nicht mehr auf eventuell undichten Computern abtippen und speichern – sondern auf Schreibmaschinen und Papier. Damit zeigt die Nachricht auch: Für die totgesagte Schreibmaschine gibt es noch Bedarf.
Dabei ist sie schon seit Jahren auf dem Rückzug. In Deutschland werden die Geräte nicht mehr gebaut. 2011 stellte als weltweit letzte Firma Godrej and Boyce in Indien die Produktion mechanischer Schreibmaschinen ein. Die deutschen Firmen Olympia und Bandermann mit der Marke Triumph-Adler vertreiben noch elektrische Schreibmaschinen –produzieren lassen sie jedoch im Ausland.
Ende der 1980er Jahre hat Olympia seine deutsche Schreibmaschinen-Fabrik in Wilhelmshaven geschlossen, vor fünf Jahren gab das Unternehmen schließlich die Produktion in Mexiko auf. Damals hatte der Unternehmensabsatz seinen Tiefpunkt erreicht. Von einst jährlich eine Millionen Schreibmaschinen in den 1980ern, bleibt der Jahresabsatz seit dem konstant zwischen 10.000 und 12.000 Schreibmaschinen. Olympia lässt sie heutzutage in China fertigen, fünf Prozent tragen sie zum Gesamtumsatz bei.