Charge Point Daimler investiert ins „Airbnb der Ladestationen“

Mit einem neuen Investment von rund 80 Millionen Dollar will der US-Ladenetzanbieter Charge Point die elektrische Infrastruktur in Europa ausbauen. Zu den größten Geldgebern gehört der deutsche Autobauer Daimler.

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Charge Point will Besitzern von E-Autos das alltägliche Laden erleichtern. Quelle: dpa

Düsseldorf Elektroautofahrer haben es derzeit nicht leicht. Nicht nur die Reichweite der meisten Modelle reicht selten für eine längere Ausfahrt, auch das Aufladen kann mitunter kompliziert sein. Zwar hat sich die Industrie mittlerweile auf einen einheitlichen Stecker geeinigt. Doch bei den Ladesäulen herrscht oft noch Kleinstaaterei. Viele kleine Anbieter setzen auf eigene Abrechnungssysteme mit eigener Karte, eigener Grundgebühr und eigenen Tarifen. Wer Elektroauto fährt, braucht ein dickes Portemonnaie mit vielen Kartenfächern.

Die USA sind da schon einen Schritt weiter. Insbesondere in Kalifornien wurde die Ladeinfrastruktur in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Nun wagt der größte Anbieter von Ladestationen den Sprung nach Europa. Am Donnerstag verkündete Charge Point ein Investment von 82 Millionen Dollar, mit dem die Amerikaner nach Europa expandieren wollen. Hauptgeldgeber: der deutsche Autobauer Daimler.

Die Schwaben haben große elektrische Pläne. Die Marke EQ soll in den kommenden Jahren konkurrenzfähige Elektroautos mit hoher Reichweite auf den Markt bringen. Vier Themen hat Konzernchef Dieter Zetsche als Zentral für die Zukunft von Daimler definiert und in der „Case“-Strategie zusammengefasst. Case steht für Connected, Autonomous, Shared und Electrified.

Gemeinsam mit BMW, Volkswagen und Ford hatten die Schwaben im November 2016 ein Konsortium gegründet, das hunderte Ladestationen entlang der europäischen Autobahnen aufbauen will. Das Investment in Charge Point soll nun der nächste Schritt sein, mit dem auch das alltägliche Laden erleichtert werden könnte.

Neben Daimler haben sich auch BMW iVentures, Linse Capital, Rho Capital Partners und Braemar Energy Ventures an der Finanzierungsrunde beteiligt. In den nächsten Jahren wollen die Amerikaner auch in Europa zu einem „Airbnb der Ladeinfrastruktur“ werden, erklärt Charge-Point-Chef Pasquale Romano im Gespräch mit dem Handelsblatt.


Charge Point will von prominenten Investoren profitieren

Anders als andere Anbieter betreibt Charge Point keine eigenen Ladestationen. Die Amerikaner beraten interessierte Geschäfte beim Aufbau eigener Ladesäulen und bieten auf Wunsch ein Abrechnungssystem ab. Kunden von Firmen, die mit Charge Point kooperieren, können dann an allen Stationen im Netzwerk laden. Der Preis für den verkauften Strom spielt für das Geschäft von Charge Point eine untergeordnete Rolle. Sie verdienen an den Gebühren der Betreiber. „Wir verdienen auch, wenn der Kunde umsonst laden darf“, sagt Romano.

Damit die Ladesäulen auch gefunden werden, will Charge Point von seinen prominenten Investoren profitieren. Die Säulen der Plattform können beispielsweise über die Navigationssysteme der Autobauer gefunden werden. Neben Schnellladestationen bieten die Amerikaner vor allem Lösungen für das alltägliche Laden an, beispielsweise bei Händlern oder am Arbeitsplatz. In den USA hat das Unternehmen bereits 33.000 Ladepunkte in seinem Netzwerk. Ähnliches Potenzial sieht Charge Point für Europa.

Die Amerikaner sind optimistisch, dass der Anteil der Elektroautos auch in Deutschland deutlich zulegen wird. „Die Deutschen sind sehr wählerische Käufer mit einer hohen Erwartungshaltung an ein Auto“, sagt Romano. Aber gerade die deutschen Hersteller würden in den nächsten Jahren großartige Produkte auf den Markt bringen.

Dass der die elektrische Mobilität bisher vor allem durch Subventionen für den Aufbau von Infrastruktur getrieben wird, hält Romano für ein vorübergehendes Phänomen. Förderung sei am Anfang wichtig. „Doch es ist unser erklärtes Ziel, Geschäftsmodelle für den Betrieb von Ladesäulen zu entwickeln, die am Ende auch ohne staatliche Förderung auskommen“, sagt er.

Derzeit suche sein Unternehmen nach einem geeigneten Standort für eine Europazentrale. Die soll in Deutschland entstehen, verrät Romano. Wo genau, stehe allerdings noch nicht fest. Außerdem bekommt der Aufsichtsrat von Charge Point mit dem Investment Zuwachs. Axel Harries, der bei Daimler für den Aufbau der neuen Division Case zuständig ist, soll in das Gremium aufgenommen werden.

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