Chemieriese vor dem Umbruch Wie BASF den Ruf des "Unantastbaren" verliert

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Wenig Signale für Innovationen

Fallen große Übernahmen aus und tritt DuPont/Dow Chemical dank niedrigerer Kosten mit aggressiven Preisen an, bleibt Bock eigentlich nur eines: stärker mit Innovationen zu punkten, so wie Bayer es in den vergangenen Jahren vormachte.

Doch Signale in dieser Richtung blieben in letzter Zeit eher aus. So verabschiedete sich BASF vor einigen Monaten aus der Entwicklung neuartiger Solarzellen, weil die Preise auf dem umkämpften Markt weiter purzelten. Auch die Expansion ins Geschäft mit gesunder Ernährung stockt. Vor drei Jahren kaufte Konzernchef Bock einen norwegischen Hersteller von Omega-3-Fettsäuren, denen eine positive Wirkung auf Herz- und Kreislauf-Krankheiten nachgesagt wird. Seither ist aber nicht mehr viel passiert, weitere innovative Firmen zur Übernahme sind rar. Auch die Materialien für Elektroautobatterien, die BASF produziert, dürften kaum Schub bringen. Ein Umsatzpotenzial von 500 Millionen Euro aufwärts sieht Bock hier im Jahr 2020 – das wäre nicht mal ein Prozent des Konzernumsatzes 2015.

Kommt des Geschäft nicht schleunigst in Fahrt und sinkt der Aktienkurs weiter, wächst für BASF-Chef Bock das Risiko von Attacken aus dem Kapitalmarkt. Die Fusion der lahmenden US-Konkurrenten Dow Chemical und DuPont kam auf Druck aktivistischer Investoren zustande: durch Nelson Peltz, Gründer des US-Hedgefonds Trian, der DuPont triezte, und seinen Kollegen Daniel Loeb vom Hedgefonds Third Point, der Dow Chemical einheizte. „Solche aktivistischen Investoren dürften, nachdem sie in den USA bereits erfolgreich waren, bald in Deutschland deutlich präsenter werden“, sagt Wilhelm Schmundt, Kapitalmarktexperte bei der Beratung Bain & Company.

Für BASF wäre das nichts Neues. Einer dieser aktivistischen Investoren ist Cevian aus Schweden. Die Skandinavier mischen gerade den Bau- und Dienstleistungsriesen Bilfinger in Mannheim auf und machen beim Essener Stahl- und Technologieunternehmen ThyssenKrupp Druck. Cevian hatte vor gut zehn Jahren versucht, auch bei BASF Fuß zu fassen. Doch die Ludwigshafener wehrten den Einstieg mithilfe der Deutschen Bank ab. Sie trieben den Kurs, indem sie etwa eine höhere Dividende ankündigten.

Noch gibt es keine Indizien für einen Angriff. Die größten Einzelaktionäre, der US-Vermögensverwalter Blackrock (6,3 Prozent) und der norwegische Staatsfonds (3,3 Prozent), sind keine Aktivisten. Um nennenswert Einfluss zu erlangen, müsste ein Angreifer für fünf Prozent an der BASF rund drei Milliarden Euro aufbringen.

Bleibt die Frage, was der dann tun würde. Den Chemieverbund könnte auch er nicht ohne Weiteres auflösen. Ein Verkauf der Öl- und Gastochter Wintershall würde des niedrigen Ölpreises wegen wenig bringen. Die Lackfertigung in Münster dagegen wäre leicht aus dem BASF-Verbund herauszubrechen und zu verkaufen. Für die größte Fantasie sorgt aber die Agrarchemie. „Ein aktivistischer Investor könnte die Agrarsparte mit einem Wettbewerber zusammenspannen“, meint ein Kenner des Unternehmens – also doch mit Bayer oder Syngenta. Für BASF wäre das dann der Beginn einer ganz großen Transformation – aufgezwungen, nicht freiwillig.

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