China Gute Geschäfte, sehr schlechte Aussichten

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Die Außenhandelskammer bleibt optimistisch

Erstmalig investieren mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen nicht mehr an anderen Standorten in China. Der Grund seien die vorherrschende Rechtsunsicherheit und unklare rechtliche Rahmenbedingungen, so die Unternehmen. Noch erstaunlicher bei der Sache mit den Investitionen ist aber, dass viele Unternehmen im vergangenen Jahr ihre Gewinne aufgrund der grenzüberschreitenden Kapitalverkehrskontrollen nicht zurücküberweisen konnten. Offensichtlich kann die AHK deshalb nicht einmal ausschließen, dass ohne die Beschränkungen nicht noch weniger investiert werden würde, wenn nicht die Not bestünde, das Geld irgendwo in China loszuwerden.

Ohne Investitionen haben deutsche Unternehmen langfristig keine Chance mehr gegen die chinesischen Unternehmen, die in vielen Branchen in den vergangenen Jahren massiv aufgeholt haben und teilweise von hohen Subventionen Pekings profitieren. Noch zählt China zu den drei wichtigsten Märkten, so die befragten Firmen. Aber es verliere für sie an Bedeutung. Das klingt wie Resignation. Auf die Frage, wie die China-Politik der Bundesregierung ob dieser Probleme aussehen sollte? Darauf wollte die Kammer am Freitag lieber nicht antworten.

China betreibt eine aggressive Industriepolitik, die heimische Firmen bevorteilt und ausländische Unternehmen dort aus dem Markt drängt, wo man selbst das Know-how inzwischen besitzt und lieber auf nationale Player setzen will.

China will mehr Einfluss in ausländischen Firmen

Dazu folgen mit einem steigenden politischen Druck aus Peking Pläne wie das Vorhaben, Parteizellen in ausländischen Unternehmen zu stärken. Bisher sitzen Parteivertreter vor allem in Staatsunternehmen in Führungspositionen und halten von dort Verbindung zu Chinas obersten Regierungsorganen. Geht es nach Xi, sollen sie nun auch in ausländischen Firmen an Einfluss gewinnen – und möglicherweise sogar Entscheidungen treffen dürfen. Die chinesische Industriepolitik, wie die "Made in China 2025"-Initative, die die Förderung von zehn Schlüsselindustrien durch Subventionen und staatliche Eingriffe vorsieht, müsse langfristig zu Spannungen mit dem Ausland führen, sagte erst jüngst der ehemalige Stabschef des Weißen Hauses unter Obama, Jack Lew, bei einem Besuch in Peking.

Wirklich erfolgreich ist noch, wer sich wie ein Fähnchen im Wind immer in die entsprechende Richtung drehen kann. Volkswagen ist so ein Fall. Während es sich auf dem deutschen Markt gegen ein Ende des Dieselmotors durch die obersten Chefetagen in Berlin lobbyiert, pumpt es Milliarden in den Ausbau von E-Autos in China – und geht gleich noch ein drittes Joint Venture mit einer chinesischen Firma ein.

Die neuen starken Männer in China

Doch der Bericht der AHK zeigt: Ein Großteil der Unternehmen leidet unter der aktuellen Situation und diese wird nicht besser, sondern schlechter. Selbst von den angeblichen Reformversuchen bemerkt ein Großteil der Firmen im Alltag überhaupt nichts. Im Gegenteil: Sie sind sogar skeptisch, ob die chinesische Regierung ihre Zusagen bezüglich einer weiteren Marktöffnung überhaupt umsetzt. Auch der deutsche Botschafter Michael Clauss hat erst diese Woche erklärt, dass es zuletzt nicht an Versprechen aus Peking gemangelt habe, sondern an entsprechenden Taten.

So folgen auf die Ankündigungen auch nur noch zögerlich neue Investitionspläne. So auch in der vergangenen Woche nach der Bekanntgabe, den Markt für Finanzinstitute und Versicherer weiter zu öffnen. Auf Anfrage bei deutschen Unternehmen, was die Reform für sie bedeutet, folgte vor allem eins: Schweigen. Die Deutsche Bank wollte sich auf Anfrage der Wirtschaftswoche nicht äußern. Die Commerzbank lobte zwar die Reformbemühungen. Aber deshalb stärker in den Markt gehen – scheinbar nicht geplant. Der Versicherer Allianz reagierte erst gar nicht.

Und die AHK? Klar, die ist optimistisch. "Wir beobachten die Entwicklungen", erklärt Bettina Schön von der AHK am Freitag. Man sei zudem mit chinesischen Behörden "im Gespräch", so dass Unternehmen ruhig weiter nach China kommen könnten. Doch auch bei der Handelskammer sollte man nicht mehr länger darum herumreden: Der Wettbewerb für deutsche Unternehmen in China ist unfair. Diese werden nur so lange geduldet, bis man ihre Technologie und eigene Player hochgezogen hat. Es wird für deutsche Unternehmen immer schwieriger werden, am Wachstum des Landes teilzuhaben. Es gibt es keinen Grund mehr für Optimismus.

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