China Warum die goldenen Jahre für deutsche Firmen vorbei sind

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„Herausforderung“ für deutsche Autohersteller

Die mauen Aussichten schlagen sich in der Investitionsbilanz nieder. 2013 haben deutsche Firmen 8,2 Milliarden Euro in ihr Chinageschäft gesteckt, im vergangenen Jahr waren es nur noch 4,3 Milliarden Euro. Und der Abwärtstrend hält an. In einer aktuellen Umfrage der Deutsch-Chinesischen Handelskammer in Peking gibt die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen an, in den kommenden zwei Jahren keine Investitionen zu planen. Ein Jahr zuvor hatte der Anteil bei 40 Prozent gelegen.

An die neue Realität gewöhnen müssen sich die erfolgsverwöhnten deutschen Autohersteller. Die Zeiten traumhafter Absatzzuwächse von mehr als 20 Prozent im Jahr sind für die Deutschen längst vorbei. Inzwischen sind Daimler, BMW und VW schon zufrieden, wenn sie zwischen sechs und acht Prozent wachsen. Doch auch die wackeln. Zum Jahresbeginn hat China die steuerliche Förderung von Kleinwagen gestrichen, zudem erwägt die Regierung, den Herstellern vom kommenden Jahr an eine Mindestquote für den Verkauf von Elektroautos vorzuschreiben. Als „Herausforderung“, bezeichnete Jochem Heizmann, Chinavorstand bei Volkswagen, diese kürzlich.

China bleibt langfristig ein schwieriger Markt

Auch bei den Zulieferern mehren sich die Sorgen. „2015 war ein extrem schlechtes Jahr“, berichtet ein chinesischer Mitarbeiter von Bosch. Es sei so wenig Geld da gewesen, dass sogar die Neujahrsfeier im Februar ausfallen musste. Im vergangenen Jahr, so der Mitarbeiter, hätten sich die Zahlen ein wenig stabilisiert.

Viele erfolgreiche Mittelständler sitzen in Deutschland in der Provinz – aber wie sieht das im Ausland aus? Ein Blick nach Frankreich, Großbritannien und China.
von Karin Finkenzeller, Yvonne Esterházy, Lea Deuber

Langfristig aber bleibt China für Bosch ein schwieriger Markt. Die Produkte der Deutschen sind inzwischen einfach zu teuer. Der Konzern aus der Nähe von Stuttgart gehört in China zwar immer noch zu den Branchenführern, aber die chinesische Konkurrenz kommt Bosch gefährlich nahe. Die Qualität der lokalen Anbieter ist zwar nicht so hoch wie die der Originalprodukte von Bosch – aber ausreichend gut und preiswert, um chinesische Kunden zufriedenzustellen. Um ihre Produkte zu verbessern, greifen die chinesischen Konkurrenten bisweilen auch zu unlauteren Mitteln. So wie der Siemens-Manager berichten auch andere Experten von nahezu täglich vorkommenden Attacken chinesischer Hacker, so auch auf Bosch oder den Halbleiterkonzern Infineon.

Die allgemeine Ernüchterung ist auch in Deutschland spürbar. Ausfuhren nach China wachsen längst nicht mehr so kräftig wie vor einigen Jahren. Betroffen ist vor allem der Maschinenbau. 2016 exportierten die Unternehmen der Branche noch Waren im Wert von knapp elf Milliarden Euro nach China, 2015 waren es noch mehr als zwölf Milliarden Euro. Besonders betroffen waren Hersteller von Werkzeugmaschinen.

Offiziellen Angaben zufolge ist Chinas Wirtschaft im vergangenen Jahr um 6,7 Prozent gewachsen, in diesem Jahr sollen es nach dem Willen der Regierung immerhin noch 6,4 Prozent sein. Doch die Aussagekraft des Zahlenwerks ist begrenzt. Selbst der chinesische Premierminister Li Keqiang hat bekannt, dass er sich einen Überblick über die chinesische Wirtschaft eher anhand der Indikatoren Stromverbrauch, Auslastung des Schienengüterverkehrs und Zuwachs bei Bankkrediten verschafft als anhand der Wachstumszahlen.

Die drei Indikatoren haben zuletzt zwar zugelegt. Doch das liegt vor allem an gigantischen, staatlich finanzierten Infrastrukturprojekten – und dem Immobilienmarkt. Dort wächst eine gefährliche Blase heran. Das Volumen der Baukredite wuchs 2016 um satte 50 Prozent. Langfristig stabiles Wachstum sollen eigentlich Reformen bringen, doch von dem vor etwa drei Jahren vollmundig verkündeten Programm zur weiteren Öffnung der Wirtschaft ist nicht viel übrig geblieben. Die Reformmüdigkeit beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen, die bei deutschen Abnehmern weniger nachfragen. Aus Angst vor Protesten hat die Regierung ihr Versprechen gebrochen, die Überkapazitäten in Branchen wie der Stahlindustrie konsequent abzubauen. Die Gewinne der Hersteller schmelzen deshalb dahin, als Abnehmer deutscher Anlagen fallen sie aus.

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