Chinesische Investitionen in Deutschland Altkanzler Schröder warnt vor Abschottung

Chinas Akquisitionen in Deutschland sind das große Thema auf dem Chinagipfel in Hamburg. Der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder plädiert für Offenheit und Zusammenarbeit.

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Gerhard Schröder auf dem Hamburg Summit. Quelle: dpa

Deutschland, meint Gerhard Schröder, dürfe keine „defensive Haltung gegenüber chinesischen Investitionen einnehmen“. „Wir wissen“, fügt der frühere Bundeskanzler hinzu, „dass Investitionen und Offenheit Elemente sind, die unsere Wirtschaft voranbringen.“ Gemessen an der Zahl der Projekte, rechnet Schröder sodann vor, hat China in diesem Jahr in Deutschland so viel investiert wie in keinem anderen Land der Welt.

Der Roboterhersteller Kuka aus Augsburg, der Maschinenbauer Aixtron vom Niederrhein oder Osram: Chinesische Investoren, manchmal staatlich, aber in ein privates Gewand gekleidet, bisweilen auch unterstützt mit heftigen Subventionen, greifen ganz offen nach den Perlen der deutschen Hochtechnologie.

Die kommunistische Führung in Peking will es so. In ihrem Plan „Made in China 2025“ hat sie haarklein aufgelistet, in welchen Branchen China im Ausland zukaufen soll: Medizintechnik, Luft- und Raumfahrttechnik oder die Halbleiterindustrie sind nur drei von insgesamt zehn Industrien, in denen China in zehn Jahren weltweit den Ton angeben will – auch und vor allem durch den Zukauf von High-Tech-Unternehmen im Ausland.

Übernahmen chinesischer Firmen in Deutschland

Doch standen chinesischen Investoren in Deutschland noch vor wenigen Jahren die Türen weit offen, wenn sie sich beispielsweise abgewirtschaftete Maschinenbauer einverleibten, tritt vor allem die deutsche Politik den Vorstößen aus Peking mittlerweile weitaus kritischer entgegen. Jetzt geht es um Hochtechnologie, und Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wollen verhindern, dass deutsche Technologieriesen reihenweise in die Hände eines alles andere als transparenten Staates fallen, auch wenn sie das so offen nicht sagen.

Auch auf dem diesjährigen China-Gipfel in Hamburg, bei dem deutsche und chinesische Politiker und Wirtschaftsvertreter zusammenkommen, sind die chinesischen Akquisitionen in Deutschland ein heiß diskutiertes Thema. Mit ein Grund dafür: Deutschen Investoren in China sind trotz fast vier Jahrzehnten Reformen und Öffnung noch immer viele Branchen per Gesetz verschlossen.

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Altkanzler Schröder macht sich für ein Miteinander stark. „Aber Deutschland ist nicht nur auf ausländische Investitionen angewiesen, sondern auch auf ausländisches Wissen und Know-how“, sagt er und plädiert für einen intensiveren Technologieaustausch zwischen Deutschland und China. „Eines der Erfolgsrezepte der deutschen exportorientierten Wirtschaft ist nachhaltige und faire Kooperation“, sagt der Altkanzler: ein deutlicher Aufruf, Chinas Regierung möge deutschen Unternehmen bitteschön die selben Spielräume geben wie umgekehrt.

Kevin Rudd, ehemaliger australischer Premierminister hat reichlich Erfahrung mit Angriffen chinesischer Investoren. „Die Beziehungen zwischen Australien und China waren nicht immer einfach“, sagte Rudd in Hamburg. Etwa 90 Prozent der Investitionen aus China hätten die australischen Behörden aber am Ende genehmigt. Rudd plädiert für Transparenz bei geplanten Übernahmen, vor allem auch Reziprozität: Ausländische Unternehmen müssen in China die gleichen Chancen haben wie umgekehrt.

Der frühere Außenminister Joschka Fischer vermisst eine klare Strategie der Bundesregierung. China habe klar gezogene rote Linien zu Übernahmen heimischer Unternehmen durch Ausländer, Deutschland habe sie nicht. Fischer: „Wir müssen unsere strategischen Interessen definieren.“

Das Mercator Institute for Chinese Studies (Merics) aus Berlin kommt in einer aktuelle Studie zu dem Schluss, dass der Plan „Made in China 2025“ weitreichende Folgen für westliche Industriestaaten haben könnte.

„Diese Strategie könnte in spezifischen Wirtschaftssektoren zur Erosion der technologischen Führerschaft der Industrieländer beitragen“, warnen die Autoren der Merics-Studie. Kuka, Aixtron und Osram sind nur der Anfang der chinesischen Einkaufstour im Ausland.

Europas Politiker müssten auf die vom chinesischen Staat betriebenen Aufkäufe europäischer High-Tech-Unternehmen reagieren, so das Merics-Papier, und zwar durch eine Palette von Instrumenten. Nicht neue Behörden schweben den Autoren der Studie vor, sondern eine Stärkung bestehender Institutionen, damit diese einfacher und effizienter Informationen zu geplanten Akquisitionen aus China sammeln und teilen können.

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