Chinesischer E-Autobauer Was Byton aus dem Tesla-Desaster gelernt hat

Der chinesische Elektroautohersteller Byton will das Auto neu erfinden. Doch bei der Produktion verlassen sich die Chinesen auf deutsche Expertise.

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Bis 2021 will der deutsche Manager 100.000 E-Autos verkauft haben. Quelle: dpa

Peking Aus seinen Ambitionen macht Carsten Breitfeld keinen Hehl: „Byton soll für den Automarkt das sein, was das iPhone für den Smartphone-Markt war“, sagt der Chef der chinesischen Automarke Byton.

Schon in der Konstruktion ist das Auto der Chinesen eine Revolution: Wo bei anderen Autos die Armatur ist, wird das Cockpit des ersten Byton SUV durch einen riesen Touchscreen beherrscht. Das Auto soll nicht allein Transportmittel, sondern digitale Plattform sein – für Apps und Dienste verschiedenster Partner.

Byton ist eine Abkürzung für  „Bytes on Wheels“ – Bytes auf Rädern. Für den Marktstrat hat sich Breitfeld ambitionierte Ziele gesetzt: bis 2021 sollen 100.000 Fahrzeuge verkauft haben. Mittelfristig plant man sogar mit 300.000 Autos im Jahr. Nur Tesla wächst schneller.

Doch Breitfeld sind die Probleme, die der Elektropionier zuletzt bei der Fertigung hatte, nicht entgangen. „Wir wollen zwar das Auto umdenken, aber nicht den Autobau selbst. Wie man ein Auto industrialisiert, ist eine der komplexesten Aufgaben und da schöpfen wir gerne aus jahrelang bestehender, deutscher Exzellenz und Erfahrung.“

Elektropionier Tesla hatte zuletzt massive Probleme in der Produktion eingestanden. Bei der Fertigung des Model 3 hängen die Kalifornier um einige Monate hinterher.

In einem Interview mit dem Sender CBS übt Tesla-Chef Elon Musk darum zuletzt Selbstkritik. „Wir hatten dieses verrückte, komplexe Netzwerk von Laufbändern“, erklärte Musk. Später fügte Musk bei Twitter hinzu: „Ja, die übertriebene Automatisierung bei Tesla war ein Fehler. Um genau zu sein, mein Fehler. Menschen sind unterbewertet.“

Breitfeld will es mit Byton anders machen. Er weiß sehr genau, wie die deutschen Premiumriesen eine Produktion aufziehen, Bei BMW war er federführend an der Entwicklung des Elektrosportwagens i8 beteiligt. Mit Byton will er die Expertise des klassischen Autobaus mit der Technologie aus Silicon Valley verschmelzen.

Design und Fahrzeugkonzept finde in München statt, Elektronik und autonomes Fahren in Kalifornien und der Einkauf, die Lieferkette und Produktion geschehe in China.

Die Volumenproduktion habe man von Anfang an mitgedacht und angestrebt, erklärt Breitfeld. Den größten Absatzmarkt mit 50 Prozent sieht Breitfeld dabei in China; gefolgt von Nordamerika und dann Europa.

Tesla setzt zwar auch auf einen Deutschen an der Spitze der Produktion: Mitte 2016 warben die Kalifornier Peter Hochholdinger von Audi ab. Die Chinesen hätten dennoch ihre Lehren aus dem Tesla-Debakel gezogen, glaubt Stephanie Brinley, Auto-Analystin für die globale Marktforschungsfirma IHS Markit.

„Tesla will alles alleine machen. Byton hat Zulieferer und löst viele logistische und technische Fragen auf die herkömmliche Art und Weise“, sagt die Expertin. 

Mit Tencent oder Foxconn hat Byton nicht nur Investoren mit einer großen Produktionskompetenz, sondern auch mit einem großen Geldbeutel. Die Finanzierung sei darum auf Jahre gesichert, mein Analystin Brinley.

Eine wichtige Voraussetzung fehlt Byton allerdings, um in die Massenproduktion einzusteigen: Eine Produktionslizenz für ihre Fabrik in Nanjing haben die Chinesen noch nicht. Zurzeit steht dort eine Prototyp-Werkstatt, in der circa 100 Ingenieure beschäftigt seien, sagt Breitfeld. Bis Jahresende wolle man insgesamt 350 anstellen.

Er ist sehr optimistisch, dass sein Unternehmen die nötige Lizenz 2019 erhalten wird. Schließlich will Byton schon im vierten Quartal die ersten Autos produzieren und an Kunden in China ausliefern. 2020 soll das Auto dann in den USA starten – und in der zweiten Jahreshälfte dann auch nach Europa kommen.

Sollte es bei der Vergabe der Lizenz Probleme geben, will Byton sich mit einem lokalen Partner zusammenschließen, um seine Produktionsziele dennoch zu erreichen. John Zeng, Analyst bei der Marktforschungsfirma LMC Automotive, sieht darin sogar Vorteile, da Byton von existierenden Netzwerken und Erfahrungen profitieren könne. 

Preislich und technisch will der Hersteller dann mit den großen Konzernen auf dem Weltmarkt messen. Der erste SUV soll in der kleinsten Batterievariante schon ab 45.000 Dollar erhältlich sein – und wäre mit einer Reichweite von 400 Kilometern trotzdem im Branchenvergleich vorne mit dabei.

Analystin Brinley ist dennoch skeptisch, das Byton in den kommenden Jahren schon ein Herausforderer für Weltkonzerne wie VW und General Motors werden könnte. China biete zwar durch die starke Förderung ein vorteilhaftes Umfeld für Elektroauto-Hersteller. „Doch normale Verbraucher ist bisher noch nicht von solchen Autos überzeugt und es sieht auch nicht danach aus, als ob sie demnächst ihre Meinung massenhaft ändern werden“, sagt sie.

Während das iPhone Nokia aus dem Markt drängte, dürfte die Revolution auf dem Automarkt später beginnen.

Auch John Zeng, Analyst bei der Marktforschungsfirma LMC Automotive, findet Bytons Wette auf die chinesische Regierung und das Umfeld als „machbar aber schwierig“.

„Sie haben nur ein kurzes Zeitfenster, um Konsumenten von ihren Produkten bis 2020 zu überzeugen, denn die etablierten Autobauer holen in dieser Nische sehr schnell auf“, so Zeng. Der chinesische Verbraucher lege im umkämpften Premiumsektor großen Wert auf Namenserkennung und Markengeschichte.

Um beides aufzubauen, meint Zeng, müsste Byton so schnell wie möglich Autos auf den Markt bringen und beweisen, dass das Auto „verlässlich und sicher“ sei. Und Breitfeld muss beweisen, dass er es besser kann als Tesla.

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