Als Sie 2008 antraten, galt Clariant als Pleitekandidat. Sie haben in den ersten zwei Jahren 4000 Stellen abgebaut und inzwischen ein Fünftel des Umsatzes verkauft. Trotzdem hinken Sie bei der Gewinnmarge hinter Konkurrenten zurück.
Im dritten Quartal erreichten wir eine Gewinnmarge von 14,1 Prozent vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen. Das ist für Clariant der beste Wert in der Unternehmensgeschichte, aber Industriedurchschnitt. Bis 2015 wollen wir mit einer Marge von 17 Prozent in das obere Drittel vorstoßen – wo etwa Evonik und Altana schon sind. Um das zu schaffen, setzen wir auf Wachstum, Innovationen und weitere Kostensenkungen, zum Beispiel bei der Logistik und anderen Service-Einheiten.
Ist der Clariant-Umbau abgeschlossen?
Es gibt immer noch fünf, sechs unserer etwa 50 Segmente, die ihre Ziele nicht erreichen. Bisher schwimmen die in größeren Einheiten mit, das wird sich ändern. Welche Segmente das sind, verrate ich nicht. Es wird auch weiter Verkäufe geben, aber nicht in der bisherigen Dimension.
Sie haben sich jüngst von Geschäften wie der Textil- und Lederchemie getrennt; Käufer waren Finanzinvestoren. Breiten die sich in der Chemiebranche weiter aus?
Es wird künftig in der Branche mehr Abschlüsse mit Finanzinvestoren geben. In den USA lässt sich das bereits beobachten.
Wo bleiben die klassischen Konzerne?
Es sind ja oft kleinere Kapazitäten, die auf den Markt kommen. Nehmen Sie unser Emulsionsgeschäft – also Mischungen von Flüssigkeiten –, das wir zusammen mit der Textil- und Papierchemie an die US-Beteiligungsgesellschaft SK Capital verkauft haben. Das waren zwölf verschiedene Standorte, alles eher kleinteilig. Für eine BASF oder Dow Chemical ist das uninteressant.
Clariant hat 2011 die Süd Chemie vom Finanzinvestor One Equity Partners für etwa zwei Milliarden Euro erworben. Was hat der Kauf gebracht? Der große Wachstumssprung ist ausgeblieben.
Es ging uns bei der Akquisition nicht um starkes Wachstum, sondern um Kosteneinsparungen und margenstarke Innovationen. Die Süd Chemie verfügte über einige erstklassige Produkte wie das Geschäft mit Katalysatoren. Und über ein bahnbrechendes Verfahren, um Bioethanol aus Stroh herzustellen. Die industrielle Biotechnologie werden wir ausbauen.
Durch die Süd Chemie sind noch einmal etwa 1000 deutsche Mitarbeiter zu Clariant kommen. Wie vertragen sich Schweizer und Deutsche?
Als Clariant Ende der Neunzigerjahre im Wesentlichen aus der Schweizer Sandoz und der deutschen Hoechst AG entstand, gab es richtige Machtkämpfe. Die damaligen Manager haben das noch geschürt.
Und dann haben Sie für Ruhe gesorgt?
Es sind nun ausgeglichenere Charaktere am Werk. Clariant beschäftigt inzwischen in Basel mehr Deutsche als Schweizer. Ich bin selbst ehemaliger Hoechster, aber ich habe ein ganz klares Verständnis: Das Unternehmen heißt Clariant, die Zentrale liegt in der Schweiz, in Muttenz bei Basel.
Wo müssen die Mitarbeiter umdenken?
Clariant hatte keine sehr kommunikationsorientierte Kultur. Viele Mitarbeiter sind lieber ein bisschen für sich, haben ihr Silo und machen die Türe zu. Wir brauchen Leute, die Probleme selbstständig angehen, aufstehen und ihre Meinung vertreten. Wir müssen anders denken und arbeiten. Das sage ich den Mitarbeitern seit vier, fünf Jahren, es ist ein langer Prozess.