Clariant und Huntsman Rebellischer Investor verhindert Megafusion

Die Chemiekonzerne Clariant und Huntsman müssen ihre Pläne für eine milliardenschwere Fusion absagen. Die beiden Chemiekonzerne sind am Widerstand aktivistischer Investoren gescheitert. Für die deutsche Evonik bietet das neue Chancen.

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„Do not eat“ – ein Clariant-Produkt regelt die Feuchtigkeitskontrolle in Pharma-Verpackungen. Quelle: PR

Frankfurt Außer Spesen nichts gewesen, so lautet das Fazit zu einem der größten Fusionsvorhaben in der Chemiebranche. Knapp ein halbes Jahr nach Bekanntgabe der Pläne haben die Schweizer Clariant und der US-Konzern Huntsman ihre Pläne aufgegeben, zusammen einen neuen Branchenriesen zu formen.

Der opponierende Investor White Tale, hinter dem das US-Unternehmen Standard Industries und der aktivistische Hedgefonds Corvex stehen, hat sich damit durchgesetzt. White Tale hatte seine Anteile an Clariant zuletzt auf 20 Prozent aufgestockt. Die Investorengruppe näherte sich damit einem Anteil von einem Drittel, mit dem sie die nötige Zustimmung der Generalversammlung von Clariant zu dem Fusionsvorhaben hätte blockieren können.

Man sei weiterhin überzeugt, dass der Zusammenschluss langfristig im besten Interesse aller Aktionäre gewesen wäre, bekräftigte Clariant-Chef Hariolf Kottmann am Freitagmorgen. Aber nachdem White Tale auf 20 Prozent aufgestockt habe und offenbar auch Unterstützung von weiteren Aktionären erhalten habe, sei man zu der Überzeugung gelangt, dass es besser wäre, „nicht in dieser Konfliktsituation zu bleiben“.

Huntsman und Clariant haben sich dabei darauf verständigt, auf Aufhebungszahlungen, wie sie ursprünglich vorgesehen waren, zu verzichten. Clariant vermeide damit Zahlungen von 210 Millionen Dollar, die laut Fusionsvertrag bei einem einseitigen Abbruch fällig geworden wären. Auch eine Strafzahlung von 60 Millionen Dollar, die bei einem negativen Votum der Generalversammlung fällig geworden wäre, ist nicht mehr vorgesehen. Die Clariant-Aktie legte im frühen Handel an der Schweizer Börse um gut ein Prozent zu.

Clariant möglicher Übernahmekandidat

Das Scheitern der Fusionspläne dürfte neue Spekulationen nähren, dass Clariant zu einem Übernahmekandidaten in der Chemiebranche werden könnte. Unter anderem soll sich in der Vergangenheit auch die Essener Evonik für den Schweizer Konzern interessiert haben. Clariant werde nun wieder zum „Übernahmeziel Nummer Eins in der europäischen Chemie“, schreibt Markus Mayer von der Baader-Bank in einem Kommentar zur geplatzten Fusion.

Clariant-Chef Kottmann indessen sieht für eine solche Entwicklung keine Basis. „Wir hatten niemals eine ernsthafte Diskussion mit einem anderen Unternehmen“, betonte er. „Wir hatten keine Angebote, als die Aktie bei 10 oder 15 Franken notierte. Jetzt sind wir über 25. Ich weiß nicht, warum Firmen, die ernsthaft interessiert sind, warten sollten, bis der Preis auf 30 ist.“


Zweifel am Sinn der Fusion waren groß

Ende Mai vereinbarten Huntsman und Clariant einen Zusammenschluss unter Gleichen mit dem Ziel, dadurch einen neuen großen Spezialchemie-Konzern mit 13,2 Milliarden Dollar Umsatz zu formen. Clariant-Aktionäre, so der Plan, sollten am fusionierten Unternehmen 52 Prozent der Anteile halten, Huntsman-Anteilseigner 48 Prozent.

Mit einem Pro-forma-Umsatz von umgerechnet etwa 11,3 Milliarden Euro hätte die neue Huntsman-Clariant zu Konkurrenten wie Evonik oder Solvay aufschließen können. Doch schon seit Monaten schon seit Monaten wird der Deal von White Tale attackiert.

Die US-Investoren kritisierten unter anderem, dass Clariant in dem Deal zu niedrig bewertet werde, mit dem geplanten Merger vom Kurs eines reinrassigen Spezialchemieunternehmens abweiche und die operative Führung zu stark dem US-Partner überlassen wolle. Den größten Teil der geplanten Synergien, so ihr Argument, könne Clariant auch im Alleingang realisieren.

Auch viele externe Experten und Manager aus der Branche sahen nur begrenzten Sinn in dem transatlantischen Zusammenschluss, da sich die Produktportfolios der beiden Konzerne kaum überschneiden.

Zu den weiteren Plänen des Schweizer Chemiekonzerns wollte sich Kottmann am Freitagmorgen nicht konkret äußern. Man müsse nun sehen und abwarten, wie es weitergeht. „Wir sind wirklich überzeugt, dass wir weiter unsere mittel- und langfristige Ziele erreichen können, indem wir unsere fünf Säulen-Strategie verfolgen“, sagte er in einer Telefonkonferenz. „Clariant hatte und hat immer noch mehrere Optionen, Wert für Aktionäre zu steigern. Eine Fusion unter Gleichen ist eine Option, eine große transformierende Übernahme ist eine zweite Option, alleine zu bleiben ist auch eine Option.“

Clariant, so Kottmann, werde nun die bisherige Strategie fortsetzen. Sie sieht vor allem einen Ausbau der Geschäftsfelder Funktions-Mineralien, Katalysatoren, Biotechprodukte und Spezialchemikalien für die Konsumgüter- und Lebensmittelindustrie vor. Den Bereich Kunststoffe und Pigmente betrachte man weiter als strategische Währung, die Clariant bei einem größeren Zukauf einsetzen könne. Im ersten Halbjahr 2017 steigerte Clariant den Konzernumsatz um acht Prozent auf 3,1 Milliarden Franken (etwa 2,7 Milliarden Euro) und den Nettogewinn um ein Fünftel auf 153 Millionen Franken.

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