CO2-Ausstoß Warum Geländewagen zum Klimakiller werden

Der Autoindustrie fällt es immer schwerer, den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeuge zu senken, zeigt eine exklusive Studie des Center of Automotive Management. Der Trend zum Geländewagen beschleunigt den Klimawandel.

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Der GLE 450 AMG von Daimler kommt auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 199 Gramm – mehr als der durchschnittliche Porsche. Quelle: AFP

Es gab Zeiten, in denen der Gewinn von Daimler vor allem vom Erfolg der S-Klasse abhing. Je neuer das Spitzenmodell, desto höher fiel der Gewinn der Premiummarke aus. Mittlerweile haben die Schwaben aber eine weitere Goldgrube gefunden. Geländewagen wie der bullige GLE verkaufen sich blendend. Jedes dritte verkaufte Fahrzeug der Schwaben ist derzeit ein SUV.

Das macht sich auch in der Flottenbilanz von Daimler bemerkbar. Erstmals seit 2009 ist der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Konzernfahrzeuge gestiegen. Mit rund 132 Gramm CO2 auf 100 Kilometern liegt man deutlich über dem 95-Gramm-Ziel, das ab dem Jahr 2021 gelten soll.

Damit schneidet Daimler besonders schlecht ab, ist aber in der Branche bei weitem nicht alleine. Insgesamt konnte die Industrie den durchschnittlichen CO2-Ausstoß im Referenzmarkt Deutschland im vergangenen Jahr nur um 1,1 Prozent auf 127,4 Gramm senken, zeigt eine neue Studie des Center of Automotive Management (CAM) der FH Bergisch-Gladbach. Geringer war der Rückgang seit sechs Jahren nicht mehr.

Neben dem SUV-Trend gibt es weitere Gründe für den geringen Abfall der Emissionen. Seit der Betrug von Volkswagen aufgedeckt worden ist, sinkt der Anteil der verkauften Diesel-Fahrzeuge. Ein Selbstzünder stößt im Schnitt 15 bis 20 Prozent weniger CO2 aus als ein Benziner. Allerdings stößt er ohne eine teure Abgasreinigung auch giftiges Stickoxid aus. Gerade diese Abgasreinigung macht den Diesel in niedrigen Fahrzeugklassen mittlerweile zu teuer. In Deutschland sank der Marktanteil zuletzt um zwei Prozentpunkte auf 46 Prozent. „Der Höhepunkt des Dieselmotors als Antriebstechnologie scheint im globalen Maßstab bereits überschritten“´, heißt es in der Studie.

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Darüber hinaus erreichen alternative Antriebe noch keine marktrelevanten Verkaufszahlen und tragen daher kaum zum Flottenschnitt bei. „Die insgesamt ernüchternde CO2-Bilanz ist auch auf die mangelnde Akzeptanz der Elektromobilität zurückzuführen“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des CAM.

Zwischen den Herstellern gibt es aus Bratzels Sicht ohnehin große Unterschiede. „Eine unterdurchschnittliche CO2-Bilanz deutet auf einen im Wettbewerbsvergleich ungünstigen Produktmix, sowie Defizite im Bereich effizienter Antriebe und Leichtbau hin“, sagt er. Kurzum: Es gibt Hersteller, die den Umweltschutz bislang vernachlässigen.

Ausstoß wie ein Sportwagen


Wie bei Daimler stieg der durchschnittliche CO2-Ausstoß auch bei den Volumenherstellern Ford (+3,5 Gramm) und Kia (+3,8 Gramm). Besonders hoch fällt der durchschnittliche Ausstoß beim italienischen Autobauer Fiat aus, der mit einem Flottenschnitt von rund 138 Gramm immer noch deutlich mehr CO2 ausstößt als die meisten Konkurrenten. Das liegt vor allem an den steigenden Verkäufen der Fiat-Marke Jeep, die mit 177 Gramm CO2 pro 100 Kilometern schon fast Sportwagen-Werte erreicht. „Ohne drastische Verbesserungen der CO2-Emissionen könnte man die EU-Grenzwerte 2021 verfehlen“, sagt Bratzel.

Dass es anders geht, zeigt unter anderem der schwedische Autobauer Volvo. Obwohl auch die Schweden immer mehr Geländewagen verkaufen, konnten sie ihren Flottenschnitt auf mittlerweile 126,8 Gramm CO2 senken. Ein bemerkenswerter Erfolg, denn innerhalb von sechs Jahren könnten die Schweden den Schnitt damit um mehr als 50 Gramm senken – und ziehen damit auch an den deutschen Premiummarken vorbei. Die Schweden haben ihre gesamte Modellpalette ausschließlich auf Vierzylinder-Motoren mit maximal zwei Litern Hubraum umgestellt.

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Zwei Volumenhersteller kommen den gesetzlichen Vorgaben schon heute sehr nah. Den niedrigsten Flottenschnitt im Branchenvergleich (105,8 Gramm) weist der französische Hersteller PSA (Peugeot-Citroën) aus. Die Franzosen verkaufen besonders viele Kleinwagen. Knapp dahinter landet Toyota. Die Japaner kommen durch einen hohen Anteil an verkauften Hybriden auf einen Flottenschnitt von 108 Gramm.

Den größten Rückgang innerhalb eines Jahres kann der britische Autobauer Jaguar Land Rover (JLR) vorweisen. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate sank der durchschnittliche CO2-Ausstoß um satte 12 Gramm auf 149,4 Gramm pro 100 Kilometer. Damit stoßen die Sport- und Geländewagen der Briten immer noch mehr aus als die meisten Konkurrenten. Allerdings profitiert JLR von einer Ausnahmeregelung. Wegen der geringen Zahl der verkauften Fahrzeuge gelten für die Briten nur abgeschwächte Grenzwerte, die spätestens mit der Einführung des vollelektrischen I-Pace erreicht werden dürften.

Doch die Wissenschaftler geben der Industrie insgesamt keine Entwarnung. Denn die Ersparnisse des Diesels seien bei der CO2-Bilanz fest eingeplant worden – und fallen jetzt weg. „Sollte der Dieselanteil weiter sinken, müssten die Hersteller zum Ausgleich ihre Aktivitäten im Bereich der Elektromobilität weiter verstärken, um hohe Strafzahlungen zu verhindern“, sagt Bratzel. Nicht umsonst kündigte auch Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche zuletzt an, eine Elektrooffensive starten zu wollen.

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