Colt meldet Insolvenz an Daran scheiterte die Waffenschmiede

Colt ist der Inbegriff des Revolvers. Doch nun steht die US-Waffenschmiede vor dem schwersten Gefecht ihrer Geschichte: Die Kultfirma ächzt unter einem millionenschweren Schuldenberg und muss Insolvenz anmelden.

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US- Waffenhersteller Colt droht Pleite Quelle: imago, Montage

Mit Colts haben John Wayne und Clint Eastwood ebenso „getötet“ wie die diversen James-Bond-Darsteller. Mit seiner 160-jährigen Geschichte gehört Colt zu den traditionsreichsten amerikanischen Unternehmen. Doch nach etlichen schlechten Geschäftsjahren steht der Firma in West Hartfort im Bundesstaat Connecticut nun das Wasser bis zu Hals: Im Mai blieb sie Pfandbriefinhabern Zinsen von 10,9 Millionen Dollar (9,6 Millionen Euro) schuldig. Bis Montag hatte das Unternehmen eine Gnadenfrist, die Summe zu bezahlen.

Doch Colt blieb die Summe schuldig. Darum wurde am Montag beim U.S. Bankruptcy Court Delaware das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie das "Wall Street Journal" am Sonntag in seiner Online-Ausgabe unter Berufung auf eingeweihte Quellen berichtet, soll sich der Schuldenberg auf 355 Millionen Dollar (316 Millionen Euro) belaufen. Laut dem Bericht geht Colt mit der Unterstützung zweier großer Kreditgeber in das Verfahren. Nach einer Umstrukturierung sollen die Geschäfte weitergeführt werden.

Die größten Rüstungsexporteure der Welt
Israelische Panzer nahe dem Gaza-Streifen Quelle: dpa
Frauen gehen an einem ukrainischen Panzer in Debaltseve vorbei Quelle: REUTERS
Italienische Soldaten in einem 1100 Fiat 508 Quelle: dpa
Spanische Soldaten neben einem Spanischen Humvee Quelle: AP
U.S. Navy F-18 Hornet jet fighter Quelle: REUTERS
Französische Soldaten im Libanon Quelle: dpa
Marinesoldaten auf einem Speedboat vor der Fregatte Lübeck Quelle: AP

Der Niedergang der Kult-Waffenschmiede überrascht zunächst. Firmengründer Sam Colt galt als einer der modernsten Fabrikanten des Landes, als er 1855 sein Unternehmen gründete. 19 Jahre zuvor hatte er das Patent für eine revolutionäre Waffe erhalten: den Revolver mit Drehtrommel. Damit wurde es erstmals möglich, bis zu fünf Schuss ohne Nachladen abzufeuern.

Coltsville sollte deutsche Arbeiter locken

Berühmtheit erlangten Colts Waffen zuerst im Wilden Westen, wo sie als Standardausstattung amerikanischer Soldaten massenhaft in den Kriegen gegen die Ureinwohner Einsatz fanden. Colt brauchte schnell effiziente Fabriken, um die hohe Nachfrage bedienen zu können, seine Fließbandproduktion war eine der besten. Colt setzte als eines der ersten Unternehmen möglichst viele gleiche Teile bei verschiedenen Produkten ein und senkte so die Kosten.

Diese Länder haben die meisten Handfeuerwaffen

Colt zog drei Fabrikgebäude in West Hartfort, das rund 200 Kilometer nordöstlich von New York City liegt, hoch und umgarnte seine Mitarbeiter dort mit einem für damalige Verhältnisse attraktiven Zehn-Stunden-Tag, einer einstündigen Mittagspause und einem Club, wo Angestellte bei Zeitungslektüre und Konversation entspannen konnten.

Weil er technisch versierte deutsche Arbeiter anlocken wollte, baute er in der Nähe der Fabrik eine Arbeitersiedlung namens Coltsville, der Potsdam als Vorbild diente, und pflanzte dort deutsche Weiden.

Colt bleibt wertvoll - trotz finanzieller Probleme

Wann immer Amerika im Krieg war – vom Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, über den Bürgerkrieg bis hin zum Zweiten Weltkrieg, Vietnam und den Kalten Krieg – blühte das Geschäft in West Hartfort, weil das Unternehmen im großen Stil die US-Armee ausrüstete.

Nur von den Nahost-Kriegen konnte Colt nicht mehr so recht profitieren. Seit dem Ende des Kalten Krieges kriselte das Geschäft wegen Qualitätsmängeln, einer falschen Produktpolitik, einem Mangel an Großaufträgen von Militär und Polizei und verpassten Chancen auf Auslandsmärkten.

Nicht zuletzt wurden politische Aussagen des Managements zur Belastung: Ende der 90er-Jahre sprach sich Firmenchef Ron Stewart für strengere Waffengesetze in den USA aus. Daraufhin boykottierten viele private Waffenkäufer die Marke.

Große Kaliber für Waffenliebhaber
Vom siebten bis zum zehnten März präsentierten sich mehr als 1300 Aussteller bei der Internationalen Fachmesse für Jagd- und Sportwaffen, in den Nürnberger Messehallen. Fast 40.000 Besucher aus mehr als 100 Ländern kamen, um sich die Neuheiten aus den Bereichen Jagd und Schießsport, Bekleidung und Outdoorbedarf sowie öffentliche und private Sicherheit anzusehen (im Bild eine 9mm-Pistole des schweizer Waffenherstellers Kriss International SA). Quelle: dpa
Dass deutsche Jagd- und Sportwaffen (im Bild ein Gewehr des deutschen Waffen-Herstellers Heckler und Koch) weltweit beliebt sind, zeigt sich an den vorläufigen Produktionszahlen des Jahres 2013. Demnach haben die deutschen Hersteller Jagd- und Sportwaffen sowie entsprechende Waffenteile im Wert von ca. 330 Millionen Euro produziert, was eine Steigerung von rund 15 Prozent zum Vorjahr bedeutet. Ausschlaggebend für diese Produktionssteigerung ist die hohe Exportnachfrage. Insbesondere Länder mit einer langen Tradition im Bereich der Jagd und des Schießsports- wie beispielsweise die USA - schätzen die hohe Qualität, Präzision und Sicherheit der deutschen Produkte. Quelle: dpa
Aber auch aus anderen Ländern waren Aussteller auf der Messe vertreten. Gut 50 Nationen waren auf der IWA vertreten und präsentierten Waffen aller Art - von Vorderladern über Luftdruckwaffen bis hin zu modernen Großkaliberfaustfeuerwaffen und für den Schießsport auf Präzision getrimmten Selbstladebüchsen. Quelle: dpa
Zu den großen Themen der IWA OutdoorClassics gehört schon immer der Bereich Optik. Die Industrie hat auf diesem Feld in den beiden letzten Jahrzehnten überwältigende Herstellungsverfahren entwickelt. Anteil hieran haben in besonders hohem Maße auch deutsche Hersteller, die weltweit zu den führenden Anbietern von optischen Premium-Produkten gehören, wie beispielsweise der deutsche Hersteller Minox. Quelle: dpa
Bei den Jagdwaffen reicht das Spektrum des Angebots von in Großserie produzierten Modellen bis hin zur individuellen Einzelanfertigung durch handwerklich arbeitende Betriebe. Für die Kundschaft der besuchenden Fachhändler bietet die IWA OutdoorClassics sowohl edle Jagdwaffen mit kunstvoll gestalteten Gravuren wie auch solche, die primär ein funktionsgerechtes Werkzeug sind. (im Bild: Ein Messebesucher blickt durch ein Zielfernrohr des österreichischen Herstellers Swarovski Optik). Quelle: dpa
Hochwertige Kunststoffschäfte und spezielle Beschichtungsverfahren sollen die Hightech-Waffen robust und witterungsunempfindlich machen. Der überwiegende Teil der modernen Kunststoffschäfte wird auf Fiberglas- und Kevlar-Basis hergestellt. Im Aufwind befindet sich der Carbon-Schaft, der an geringem Gewicht und Festigkeit kaum mehr zu überbieten ist. Quelle: dpa
Trotz all dieser Hightech-Produkte ist die IWA OutdoorClassics, wie seit den ersten Tagen dieser Fachmesse Anfang der 70er Jahre, das Schaufenster des traditionellen Büchsenmacherhandwerks. Büchsenmacher, Schäfter und Graveure lassen im Zusammenspiel wahre Kunstwerke edelster Jagdwaffen entstehen. Quelle: AP

Versuche der Firma mit „smarten“ Waffen, die nur in der Hand des rechtmäßigen Eigentümers funktionieren, scheiterten. Solche Waffen werden von US-Politikern gefordert, werden aber von den Käufern bislang weitgehend ignoriert. 2002 ging es Colt so schlecht, dass schonmal über eine Insolvenz spekuliert wurde.

Colt muss schlanker werden

Dass Colt Insolvenz anmeldet hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Unternehmen mit rund 670 Mitarbeitern vom Markt verschwindet. Es geht wohl um eine Planinsolvenz nach Kapital 11 im US-Insolvenzgesetz, das Unternehmen dabei hilft, Ansprüche von Gläubigern abzuschütteln.

Unternehmen können sich in der Planinsolvenz verschlanken, neu ausrichten und dann gestärkt an den Markt zurückkehren. Erfolgsbeispiele kommen aus der Auto-Industrie: Die Autobauer General Motors und Chrysler haben nach der Finanzkrise erfolgreich von diesem Verfahren Gebrauch gemacht.

Colt ist mit seiner bekannten Marke nach Einschätzung von amerikanischen Waffenmarktexperten trotz der finanziellen Probleme zu wertvoll, um das Unternehmen einfach abzuwickeln.

Wahrscheinlich ist eine Sanierung in Eigenregie oder ein Verkauf an Wettbewerber, die in den vergangenen Jahren mehr Glück hatten: Der österreichische Hersteller Glock etwa, das italienische Unternehmen Beretta, der US-Marktführer für Handfeuerwaffen Smith & Wesson oder die deutsche Heckler & Koch-Gruppe.

SIG Sauer, ein deutscher Hersteller bekannter Pistolenmodelle, kommt dagegen als Käufer wohl nicht in Frage. Die Firma hat ähnliche Probleme wie Colt.

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