Das Unternehmen Diageo, die Nachfolgegesellschaft eines früheren Contergan- Lizenznehmers, hat in Australien einen millionenschweren Vergleich mit einer Geschädigten geschlossen. Ist das auch für Grünenthal ein gangbarer Weg?
Nein. Man muss auch bedenken, dass an solchen Vergleichen angelsächsische Anwaltskanzleien, die etwa ein Drittel der Vergleichssumme kassieren, kräftig verdienen. Ich möchte lieber nach vorne schauen. Es geht darum, die Situation der Contergan-Geschädigten zu verbessern. Vielen Opfern, die heute um die 50 Jahre alt sind, läuft die Zeit davon. Sie leiden unter starken Schmerzen, da sie wegen der Fehlbildungen an Armen und Beinen andere Gelenke übermäßig belastet haben. Daher hat Grünenthal vor etwa einem Jahr einen Härtefallfonds aufgelegt, um schwer Geschädigten zu helfen, wenn Kranken- oder Rentenkassen nicht mehr zahlen.
In Deutschland leben noch etwa 2400 Contergan-Geschädigte. Wie viele davon profitieren denn von Ihrem Fonds?
Wir haben bisher rund 100 Anträge erhalten, etwa 70 Betroffenen konnten wir bereits helfen. Mit unserem Geld werden Autos behindertengerecht ausgestattet, Hilfsmittel gekauft oder Bäder umgebaut.
Wie viel Geld zahlt Grünenthal dafür? Gibt es eine Höchstgrenze für Zahlungen?
Wir haben mit den Antragstellern vereinbart, dazu nichts zu sagen.
Die Summe scheint ja nicht hoch zu sein.
Bitte respektieren Sie unsere Entscheidung. Eine Höchstgrenze pro Fall gibt es nicht. Wir wollen aber die Zahl der Hilfsmaßnahmen und deren finanziellen Umfang erhöhen. Dazu planen wir, zusammen mit unseren Gesellschaftern, der Grünenthal-Eigentümerfamilie Wirtz, eine neue Stiftung für Contergan-Geschädigte aufzubauen. Sowohl Grünenthal als auch die Eigentümerfamilie werden dort Gelder zustiften können. Über finanzielle Details möchte ich jedoch auch hier nichts sagen.
Fehlt Grünenthal im Umgang mit Betroffenen zuweilen das Taktgefühl? Bei dem Contergan-geschädigten Bassbariton Thomas Quasthoff hat das Unternehmen mal angefragt, ob er auf der Weihnachtsfeier singen wolle. Quasthoff war empört.
Das muss vor meiner Zeit gewesen sein. Ich hätte diese Anfrage nicht gestellt.
2012 erlöst Grünenthal 160 Millionen Euro Sondergewinn aus dem Verkauf des Mittel- und Osteuropageschäfts an das Pharmaunternehmen Stada. Wie viel davon fließt in Stiftung und Fonds?
Davon zahlen wir einiges in den Härtefallfonds ein. Als CEO darf ich aber nicht nur die Contergan-Geschädigten im Blick haben, sondern muss auch die Interessen unserer Patienten, Gesellschafter und Mitarbeiter berücksichtigen.
Der Darmstädter Pharmakonzern Merck will in Deutschland mehr als 1000 Stellen abbauen. Haben Sie ähnliche Pläne?
Es ist kein weiterer Personalabbau geplant. Wir haben bereits in den vergangenen zwei Jahren Stellen abgebaut und sind ohne Kündigungen ausgekommen.