Daimler mit weniger Gewinn Bremsspuren in der Bilanz

Die Untersuchung in den USA wegen angeblich überhöhter Abgaswerte und ein Gewinnrückgang überschatten die Quartalsbilanz von Daimler. Hohe Anlaufkosten für die neue E-Klasse haben den Gewinn deutlich gedrückt.

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Der Modellwechsel bei der E-Klasse hat den Konzern Gewinn gekostet. Quelle: dpa

Stuttgart Daimler hat im ersten Quartal trotz eines Umsatzanstiegs deutlich weniger verdient als vor Jahresfrist. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um neun Prozent auf 2,68 Milliarden Euro gesunken, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Das unbereinigte Ebit ging noch stärker zurück um gut ein Viertel. Als Grund nannte Daimler Absatzrückgänge bei S- und E-Klasse. Der Konzernerlös kletterte von Januar bis März dagegen um zwei Prozent auf 35 Milliarden Euro.

Für den weiteren Geschäftsverlauf zeigte sich Vorstandschef Dieter Zetsche zuversichtlich: „Im Jahresverlauf werden wir uns kontinuierlich verbessern und 2016 zu einem weiteren Erfolgsjahr für Daimler machen“, erklärte er. Die Modelloffensive gehe mit unvermindertem Tempo weiter. Er hatte bereits auf Belastungen durch den Modellwechsel bei der Mercedes E-Klasse, Wechselkurseffekte und das schwächere Lkw-Geschäft hingewiesen.

Der Nettogewinn brach um knapp ein Drittel ein auf 1,4 Milliarden Euro, obwohl es das absatzstärkste erste Quartal für Daimler war. Das lag unter anderem an hohen Investitionen und Steuerzahlungen.

Der Markt war bereits auf schwächere Ergebnisse zum Jahresauftakt eingestellt - zumal Daimler im vergangenen Jahr kräftig zweistellig gewachsen war und die Vergleichsbasis damit hoch ist. Von Reuters befragte Analysten prognostizierten im Schnitt ein bereinigtes Ebit von 2,6 Milliarden Euro und einen Nettogewinn von 1,6 Milliarden bei einem Umsatz von 36 Milliarden Euro.

Die Schwäche im Pkw-Geschäft riss das Quartalsergebnis herunter. Der bereinigte Vorsteuergewinn lag mit 1,4 Milliarden Euro ein Fünftel unter dem Vorjahresniveau. Die Rendite war mit 7,1 Prozent zwei Prozentpunkte niedriger und rangierte damit deutlich unter der von Zetsche angestrebten Marke von zehn Prozent, die Mercedes-Benz im vergangenen Jahr zwei Quartale lang geschafft hatte.

Neben dem Bremseffekt im Pkw-Geschäft macht Zetsche auch ein schwaches Nutzfahrzeuggeschäft zu schaffen. Der Absatz sank von Januar bis März, da der US-Markt nach starkem Wachstum den Rückwärtsgang einlegte und Brasilien in der Krise auf Talfahrt blieb. Die Jahresprognose von Daimler Trucks eines operativen Gewinns auf Vorjahresniveau wackelt.

Zu kämpfen hat Mercedes auch auf seinem nach China zweitwichtigsten Einzelmarkt, den USA, wie Stuart Pearson von Exane BNP Paribas schreibt. Der Mercedes-Absatz lag dort im ersten Quartal drei Prozent unter Vorjahr, beim Erzrivalen BMW war das Minus mit fast elf Prozent noch heftiger. Daimler kann Pearson zufolge die hohe Nachfrage nach SUV wegen Engpässen in der Produktion des GLC noch nicht befriedigen, während die Limousinen der S-, E- und C-Klasse nur mit reichlich Rabatt verkauft werden können. Der Preiskampf mit Audi und BMW werde sich noch verstärken, da die Konkurrenten aus Bayern mit den Neuauflagen ihrer wichtigen Modelle A4 und 5er BMW punkten könnten.

Daimler bekräftigte die Jahresziele für den gesamten Konzern: Der Absatz soll erneut deutlich steigen, wenn auch etwas langsamer als im vergangenen Jahr. Das Ebit aus dem laufenden Geschäft will Daimler „leicht“ steigern, was in Zahlen 2,5 bis zehn Prozent bedeutet.


Ungemach droht aus den USA

Das zweite Halbjahr werde besser laufen, bekräftigte der Daimler-Chef erst kürzlich auf der Hauptversammlung. Dann rollt der Verkauf der neuen E-Klasse und einiger Varianten wie etwa des S-Klasse-Cabrios an. Die neuen Geländewagen von Mittel- bis Luxusklasse erleben ihr erstes vollständiges Verkaufsjahr. „Viele sagen, damit ist der Höhepunkt im Modellzyklus erreicht“, sagt Klaus Breitenbach, Analyst bei der Baader Bank. Wenn das erste Quartal ein Ausrutscher bleibe, werde Mercedes-Benz Cars in diesem Jahr zehn Prozent Rendite erreichen und zusammen mit einem Rekordabsatz auch das Ziel, erstmals seit 2005 wieder größter Premiumhersteller weltweit vor BMW und Audi zu werden. Doch schon im kommenden Jahr könnten die Münchner die Stuttgarter wieder vom Thron vertreiben. Branchenexperte Breitenbach ist sich sicher: „BMW wird vor allem mit dem neuen 7er aufholen.“

Belastungen drohen dem Autobauer auch durch eine mögliche Untersuchung der US-Behörden. Das Washingtoner Justizministerium habe die Schwaben aufgefordert, das Zustandekommen der offiziellen Abgas-Werte in den Vereinigten Staaten intern und unter Einbeziehung der US-Aufseher unter die Lupe zu nehmen, teilte Daimler in der Nacht zum Freitag in einer Pflichtmitteilung an die Finanzwelt mit.

Die Anordnung folgt auf Sammelklagen von US-Autobesitzern, die dem Hersteller illegal überhöhte Emissionswerte vorwerfen. Daimler hat die Anschuldigungen bislang stets entschieden zurückgewiesen. Nun räumte der Konzern ein, bereits am 15. April 2016 unter Hinweis auf strenge Vertraulichkeit von der US-Justiz aufgefordert worden zu sein, den Zertifizierungs- und Zulassungsprozess in Bezug auf Abgasemissionen in den USA durch eine interne Untersuchung in Abstimmung mit den US-Ermittlern überprüfen zu müssen.

Der Stuttgarter Dax-Konzern sagte eigenen Angaben zufolge „vollumfängliche Kooperation“ zu. In einer Pressemitteilung erklärte der Autobauer weiter: „Etwaigen Hinweisen auf Regelverstöße wird das Unternehmen konsequent nachgehen und die erforderlichen Maßnahmen selbstverständlich treffen.“ Die Erfahrungen mit den US-Behörden hätten „klar gezeigt, dass eine konservative Kommunikation den konstruktiven Dialog mit den Behörden unterstützt“.

In der Pflichtmitteilung steht, dass der Schritt an die Öffentlichkeit mit dem US-Ministerium abgestimmt sei. Daimler, dessen schwere Luxuslimousinen als ein Inbegriff der deutschen Stärke in der Automobilindustrie gelten, muss sich in den USA bereits wegen angeblicher Abgas-Manipulationen mit Rechtsstreitigkeiten auseinandersetzen. Fahrzeugbesitzer aus mehreren US-Bundesstaaten werfen dem Hersteller illegal überhöhte Emissionswerte vor.

Die Kläger beschuldigen den Hersteller, ähnlich wie VW mit einer speziellen „Defeat Device“ genannten Software an der Abgas-Kontrolle getrickst zu haben. Der tatsächliche Schadstoff-Ausstoß von etlichen Diesel-Modellen soll angeblich deutlich über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Daimler betonte jedoch auch in der jüngsten Mitteilung: „Im Übrigen hält das Unternehmen die Sammelklagen für unbegründet und wird sich dagegen mit sämtlichen juristischen Mitteln zur Wehr setzen.“

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