Deal zwischen Novartis und Glaxo Pharmawelt im Tauschfieber

Novartis und Glaxo Smith Kline nehmen einen spektakulären Tausch von Unternehmensteilen vor. Die Pharmakonzerne spezialisieren sich weiter. Das Tauschgeschäft beflügelt die Börse, große Übernahmen könnten folgen.

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Die Temperatur steigt: Auf den Deal zwischen Novartis und Glaxo-Smithkline könnten in der Pharmabranche weitere Verschiebungen folgen. Quelle: Getty Images

Düsseldorf „Du gibst mir den Rathausplatz und bekommst dafür von mir die Badstraße plus 3000 Euro“ – Tauschgeschäfte wie dieses bringen bei Monopoly gleich zwei Spieler voran. Sie kommen schneller an alle Straßen einer Gruppe und können Häuser und das berüchtigte Hotel bauen, um schließlich eine happige Miete von ihren Gegenspielern zu kassieren.

Solche Geschäfte gibt es nicht nur auf dem Monopoly-Brett: In der Pharmawelt gaben am Dienstag zwei große Spieler einen ähnlichen Deal bekannt. Der Schweizer Konzern Novartis, nach Pharmaumsätzen die Nummer zwei der Welt, und der britische Konkurrent Glaxo Smith Kline (GSK) tauschen verschiedene Sparten miteinander und gründen zusätzlich ein Gemeinschaftsunternehmen. Auch das US-Unternehmen Eli Lilly ist mit von der Partie und bekommt im Rahmen des Konzernumbaus von Novartis eine Sparte ab.

Am Ende wollen die drei großen Spieler sich weiter spezialisieren, Synergien nutzen – und allesamt gewinnen.

Konkret kauft Novartis seinem Konkurrenten Glaxo Smith Kline für 14,5 Milliarden Dollar (10,5 Milliarden Euro) das Geschäft mit Krebsmedikamenten ab. Im Gegenzug verkaufen die Schweizer GSK für 7,1 Milliarden Dollar ihre Impfsparte. Eli Lilly übernimmt für 5,4 Milliarden Dollar den Bereich für Tiergesundheit von Novartis.

Im Rahmen der Vereinbarung gründen Novartis und GSK ein Gemeinschaftsunternehmen für rezeptfreie Medikamente – laut dem Baseler Unternehmen entsteht dadurch eine der weltweit führenden Firmen für Gesundheitsprodukte. Novartis wird an dem neuen Unternehmen einen Anteil von 36,5 Prozent halten. Die Gründung des Joint Ventures sei überraschend, sagte Analyst Thorsten Strauß von der NordLB zu Handelsblatt Online. Derartige Vertriebsvereinbarungen sind zwar nicht neu, waren in den vergangenen Jahren aber eher die Ausnahme.

Dem am Dienstag verkündeten Mega-Deal war eine Strategie-Überprüfung bei Novartis vorausgegangen. In einem ersten Schritt verkaufte das Management um Konzernchef Joe Jimenez im November das Geschäft mit Bluttransfusions-Diagnostik an die spanische Grifols. Nicht hinterfragt werden die drei großen Bereiche Pharma, Generika und Augenheilkunde.

„Die Transaktionen markieren eine Neuausrichtung des Konzerns“, erklärte Jimenez am Dienstag. Die Maßnahmen im Gesamtwert von rund 27 Milliarden Dollar drückten zwar den Umsatz um rund vier auf gut 53 Milliarden Dollar. Gleichzeitig steige aber der Gewinn, denn das Krebsgeschäft wirft deutlich mehr ab als die Bereiche, die Novartis losschlägt. „Das Krebsgeschäft ist attraktiv und lukrativ, daher ist der Zukauf strategisch nachvollziehbar“, sagte NordLB-Analyst Strauß. „Über die Beteiligung an Roche ist Novartis indirekt schon stark in dem Geschäft aktiv.“


Steht eine Übernahme-Rally bevor?

An der Börse kamen die Umbaumaßnahmen gut an. „Insgesamt hat Novartis sehr gute Preise ausgehandelt“, erklärten die Analysten der Zürcher Kantonalbank. Die Novartis-Aktie kletterte um bis zu 2,9 Prozent auf 76,90 Franken, Glaxo gewannen gar bis zu sechs Prozent. Das Tauschgeschäft wird von Marktbeobachtern als gute Idee bewertet. Novartis habe eine Lösung für praktisch alle seine Problemkinder gefunden, schrieb die Schweizer Privatbank Notenstein in einem Marktkommentar. Der Umfang der Transaktion mit GSK sei allerdings größer als erwartet.

Doch die Händler bewegt nicht nur das Tauschgeschäft. Vielmehr regt die Aussicht auf einen viel größeren Deal oder gar eine Übernahme-Rally die Phantasie der Börse an. Ums Tauschen geht es dabei allerdings nicht: Die „Sunday Times“ hatte berichtet, dass der US-Konzern Pfizer mit einem Angebot von rund 100 Milliarden Dollar auf den britischen Rivalen Astra-Zeneca zugegangen sei. Es habe auch bereits informelle Gespräche gegeben, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Investmentbanker und Branchenkreise.

Astra-Zeneca habe den Vorstoß aber abgelehnt, weshalb es derzeit keine Verhandlungen gebe. Analysten rechnen jedoch mit einem zweiten Vorstoß von Pfizer, dem nach Pharma-Umsätzen größten Konzern der Welt. „In der Pharmabranche ist einiges in Bewegung, dabei werden ganz schön dicke Brocken bewegt“, sagte NordLB-Analyst Strauß.

Neben den Gerüchten um Pfizer und Astra-Zeneca steht noch eine weitere Übernahme im Raum: Der Finanzinvestor William Ackman will zusammen mit der kanadischen Valeant Pharmaceuticals den Botox-Hersteller Allergan kaufen. „Die Entwicklung ist spannend und es ist durchaus möglich, dass eine neue Phase von Fusionen und Übernahmen bevorsteht“, sagte Strauß.

Eine Fusionswelle in der Pharmawelt gab es zuletzt in den Jahren 2008/09, als beispielsweise Pfizer den US-Konkurrenten Wyeth für fast 70 Milliarden Dollar übernahm. Mit dem Kauf von Astra-Zeneca könnte Pfizer diesen Deal noch einmal toppen.

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