Schulz nennt Siemens "asozial" So reagiert Joe Kaeser auf die Kritik des SPD-Chefs

Auf der Protestkundgebung der Siemens-Mitarbeiter hat Martin Schulz den möglichen Stellenabbau stark kritisiert. Nun kontert Siemens-Chef Joe Kaeser in einem offenen Brief.

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Proteste gegen Stellenabbau

Wie das Handelsblatt berichtet kontert Siemens-Chef Joe Kaeser die Kritik von SPD-Chef Martin Schulz, der mit den geplanten Entlassungen zahlreicher Siemens-Mitarbeiter streng ins Gericht gegangen ist. Kaeser weist den Vorwurf zurück, dass Siemens ein "Staatsprofiteur" sei und weist auf die hohen Steuerzahlungen des Unternehmens hin. Die von Schulz aufgeführten "Managementfehler", sieht der Konzernchef nicht. Stattdessen betont er in seinem Brief die schwierigen Marktbedingungen und den "Wettbewerbsnachteil im Energieerzeugungsgeschäft" mit dem Siemens zu kämpfen habe. Joe Kaeser erinnert SPD-Chef Schulz zudem an die Verantwortung seiner Partei für Deutschland: "Vielleicht sollten Sie sich dabei auch überlegen, wer wirklich verantwortungslos handelt: Diejenigen, die absehbare Strukturprobleme proaktiv angehen und nach langfristigen Lösungen suchen, oder diejenigen, die sich der Verantwortung und dem Dialog entziehen."

Martin Schulz hatte zuvor auf der Protestkundgebung in Berlin geäußert, dass die Politik wenig tun könne, um den Stellenabbau bei Siemens zu verhindern. Zugleich kritisierte er die Pläne des Managements scharf und mahnte den Münchner Konzern zu gesellschaftlicher Verantwortung. Man habe keinen direkten Einfluss auf das Unternehmen, sagte Schulz am Rande einer Kundgebung von Siemens-Beschäftigten und Gewerkschaftern am Donnerstag in Berlin: „Ich kann den Unternehmen nicht auferlegen, dass sie Arbeitsplätze erhalten müssen. (...) Ich kann Siemens nicht zwingen.“ Der Konzern müsse sich aber den Fragen der Politik stellen. „Man kann Siemens schon noch mal darin erinnern, dass die Bundesrepublik Deutschland ein großer Auftraggeber ist.“

Vor rund 2000 Demonstranten am Tagungshotel der jährlichen Siemens-Betriebsräteversammlung nannte Schulz die Streichung tausender Jobs volkswirtschaftlich irrsinnig und verantwortungslos. „Dass durch Arbeitsplatzabbau die Effizienz des Unternehmens gesteigert wird, heißt übersetzt: Damit wir noch ein bisschen mehr Gewinn machen, schmeißen wir die Leute raus. Das ist asozial.“

Siemens-Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter wollen bis auf Weiteres nicht über den geplanten Abbau von fast 7000 Arbeitsplätzen und Werksschließungen mit der Konzernführung sprechen. "Wir werden nicht auf der Grundlage von Schließungsplänen verhandeln", sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied und Siemens-Aufsichtsrat Jürgen Kerner auf einer Protestkundgebung von Siemens-Mitarbeitern aus ganz Deutschland am Donnerstag in Berlin. "Siemens ist kein Sanierungsfall." Auch Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn forderte den Vorstand auf, seine Pläne zurückzunehmen und alternative Konzepte mit den Arbeitnehmern zu entwickeln.

Siemens hatte vor einer Woche wegen der absehbaren Auftragsflaute in der Kraftwerkstechnik und bei Generatoren die Streichung von 6900 Stellen angekündigt, die Hälfte davon in Deutschland. Mindestens zwei Werke in Görlitz und Leipzig sollen geschlossen, das in Erfurt verkauft werden.

Begonnen hatte die Protestaktion mit einem Autokorso von 175 Fahrzeugen quer durch Berlin zum Tagungsort. "Was wird aus den Menschen?" stand auf Plakaten. "Das ist Steinzeitkapitalismus, das ist asozial", kritisierte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, Klaus Abel, die Pläne, die vor allem die Kraftwerks-Sparte betreffen. "Wehrt Euch, empört Euch, steht zusammen." Betriebsratschefin Steinborn forderte "Respekt" vom Vorstand ein. Der Konzern als Ganzes sei auf falschen Wegen. "Es wird ja fast überall abgebaut. Das lehnen wir ab."

Kerner sagte, wenn ein Konzern wie Siemens 6,3 Milliarden Euro Gewinn mache, dann stehe er in der Pflicht, das Geld auch für die Mitarbeiter einzusetzen. SPD-Chef Schulz sagte, dass ein gewinnträchtiger Konzern wie Siemens Arbeitsplätze abbaue, sei von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Siemens profitiere immer wieder von öffentlichen Aufträgen und Hilfen.

Siemens hatte angekündigt, weltweit 6900 Stellen abzubauen - davon etwa die Hälfte in Deutschland. Der Münchner Konzern reagiert damit nach eigener Begründung auf schlechter laufende Geschäfte in der Kraftwerks- und Antriebstechnik.

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