Demografie Alternde Gesellschaft: Wer gewinnt, wer verliert

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Butler für Betagte

Pflege-WG Quelle: dpa

Wer älter wird, braucht zunehmend Hilfe, nicht erst am Krankenbett, sondern schon vorher beim Einkaufen, bei Arztbesuchen oder der Körperpflege. Diese Kosten trägt die Pflegeversicherung aber nicht. Deshalb fragen Betroffene derlei individuell zugeschnitten und abrechenbare Dienste auf Stundenbasis nach. In den USA sind solche Dienstleistungen anders als in Deutschland längst Big Business. Das Unternehmen Home Instead aus Omaha in Nebraska erzielte mit seinen sogenannten „Caregivers“ im vergangenen Jahr weltweit 900 Millionen Dollar Umsatz. Inzwischen offeriert Home Instead auch hierzulande seine Dienste. „In Köln beschäftigen wir nach nur drei Jahren 110 Mitarbeiter zumeist auf Stundenbasis und zu sehr flexiblen Arbeitszeiten“, sagt Jörg Veil, der die Franchiseidee 2009 nach Deutschland holte. „In 15 bis 20 Jahren ist das ein ganz großer Markt.“

Auch A. T. Kearney-Berater Sonnenschein sieht darin ein großes Zukunftsgeschäft. „Nicht nur Hilfe im Haushalt, auch medizinische Pflegeleistungen lassen sich im großen Rahmen standardisieren und exportieren.“ Allerdings passiere auf diesem Gebiet in Deutschland „noch viel zu wenig“.

Diagramm: Boombranche Pflege Quelle: Statistisches Bundesamt

Notruf per Sensor

Meist entscheidet eine simple Frage darüber, wie lange Senioren ohne Pflegeheim auskommen: nämlich wie schnell sie im Notfall Hilfe bekommen. Genau hier wittert die Deutsche Telekom das große Geschäft. „Jeder möchte möglichst selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben“, sagt Axel Wehmeier, Leiter des 2011 gegründeten Geschäftsfeldes Gesundheit. „Mit intelligent vernetzter Technik wollen wir ältere Menschen dabei unterstützen.“ Das Ziel ist ehrgeizig: Bis 2015 soll das neue Geschäftsfeld Einnahmen im hohen dreistelligen Millionenbereich liefern.

Beispiel: das neue Notrufsystem, das 2013 auf den Markt kommen soll. Nicht wie bisher der Meldeknopf am Körper soll ein Signal an die Notrufzentrale ermöglichen, wenn jemand stürzt oder Hilfe braucht, sondern ein in der Wohnung installiertes System von Sensoren. Die automatisch benachrichtigte Hotline, die über alle nötigen Daten ihres Kunden verfügt, bringt dann sofort Hilfe auf den Weg.

Innovativer als der neue Hausnotruf ist die automatisierte Unterstützung anfälliger Menschen auch außer Haus. So will die Telekom noch in diesem Jahr Spezialhandys mit Notknopf auf der Rückseite anbieten. Droht Diabetes-Erkrankten – und das sind zunehmend auch jüngere Menschen – eine akute Unterzuckerung, soll der Knopfdruck Alarm bei einer Hilfsorganisation auslösen. Dort sind alle Informationen des Zuckerkranken elektronisch hinterlegt. Wehmeier hat klare Vorstellungen vom digital betreuten Wohnen im Alter: „Wir sind am Ziel, wenn sich Ärzte, Kassen, Kliniken, Patienten und Pflegedienste untereinander hochsicher digital austauschen können.“

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