Dieselskandal VW-Aufsichtsrat nennt Piech-Aussagen "Fake News"

Der frühere Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch soll mehrere VW-Aufsichtsräte schwer belastet haben, darunter Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Nun will der VW-Vorstand mögliche Maßnahmen gegen Piëch prüfen.

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Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht am 09.02.2017 bei einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Hannover (Niedersachsen). Quelle: dpa

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat Vorwürfe des früheren VW -Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëchs im Abgasskandal als unwahr zurückgewiesen. Die Behauptungen, das Aufsichtgremium sei von Piëch frühzeitig über den Dieselskandal informiert worden, seien "nicht bewiesen und nicht beweisbar", sagte der SPD-Politiker, der im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt, am Donnerstag in Hannover. Das sei nicht nur seine Bewertung, sondern das Ergebnis einer unabhängigen Untersuchung durch die amerikanische Anwaltskanzlei Jones Day. "Ich habe im Frühjahr 2015 von keiner Seite Hinweise darauf erhalten, es gebe eine unzulässige Einflussnahme von Volkswagen auf Schadstoffwerte." Er bedaure sehr, "dass ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten wie Herr Ferdinand Piech inzwischen zu Mitteln greift, die man neudeutsch eigentlich nur als Fake News bezeichnen kann." Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent zweitgrößter Anteilseignern des Wolfsburger Autobauers.

Der "Spiegel" hatte vergangene Woche berichtet, Piëch habe in einer ausführlichen Aussage bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erklärt, Winterkorn habe früher als bislang eingeräumt von dem Dieselbetrug erfahren. Demnach soll der später im Groll bei VW ausgeschiedene Piëch Ende Februar 2015 von einem Informanten den Hinweis erhalten haben, dass VW ein großes Problem in den USA habe, weil das Unternehmen mit einer Software die Abgaswerte manipuliere. Laut "Spiegel" will Piëch Winterkorn damals darauf angesprochen haben. Laut einem Vorabbericht der "Bild am Sonntag" vom Mittwoch hatte Piëch nach Winterkorn im März auch das sechsköpfige Aufsichtsratspräsidium darüber informiert. Der Dieselskandal wurde erst im September 2015 von der US-Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht.

Nach Angaben des Konzerns hat Piëch bereits im Frühjahr 2016 im Rahmen der internen Untersuchung ähnliche Anschuldigungen gemacht. Diese Darstellung sei durch die von VW mit der unabhängigen Untersuchung beauftragte Kanzlei Jones Day detailliert überprüft worden. "Dabei haben sich keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptungen ergeben, sie wurden insgesamt als unglaubwürdig eingestuft", hieß es in der Erklärung des VW-Aufsichtsrats. Sämtliche betroffenen Mitglieder des Aufsichtsratspräsidiums hätten unabhängig voneinander alle Behauptungen von Piëch klar und nachdrücklich als falsch zurückgewiesen. VW drohte dem Großaktionär, der über Jahrzehnte das Geschick des Wolfsburger Konzerns bestimmte, zugleich mit einer Klage: "Der Vorstand wird mögliche Maßnahmen und Ansprüche gegen Herrn Piëch sorgfältig prüfen." Piëch war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

VW und der Dieselrückruf - was Kunden jetzt erwartet

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der auch im Aufsichtsratspräsidium von VW sitzt, erklärte, es habe im Frühjahr 2015 von keiner Seite Hinweise an ihn gegeben, dass Volkswagen unzulässigerweise Einfluss auf Schadstoffwerte nehme. "Davon habe ich erst am 19. September 2015 erfahren. Jede anderslautende Darstellung ist schlichtweg falsch."

Auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat wies die Vorwürfe zurück. Der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber, der im November 2015 aus dem VW-Aufsichtsrat ausschied, drohte Piëch ebenfalls mit einer Klage. "Ich behalte mir vor, juristisch gegen Ferdinand Piech vorzugehen, das lasse ich so nicht stehen", sagte Huber der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich kann vor jedem Gericht der Welt schwören, dass Piëch nicht mit mir über diesen Sachverhalt geredet hat, weder unter vier noch unter zehn Augen." In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten Betriebsratschef Bernd Osterloh und Huber, dass die Behauptung von Piëch unwahr sei. "Hätte uns Dr. Piëch in Kenntnis gesetzt, dann hätten wir das Unternehmen und die Belegschaften vielleicht vor großem Schaden bewahren können. Jetzt erwarten wir, dass der Vorstand umgehend prüft, ob er gegen Piëch vorgehen muss."

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