Digitale Holz-Vermessung Neue Technologien sorgen für Ärger im Wald

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Holzhändler bremsen Startup

2015 könnte sich das ändern, denn vom 1. Januar an gilt ein neues Eichgesetz. Auf dessen Grundlage soll künftig auch die Fotomessung geprüft und zugelassen werden. Doch das wird noch Monate dauern. Derzeit ringen die Beteiligten in einem Regelermittlungs-Ausschuss darum, was und wie geprüft werden soll. Denn kleine Details wie die zulässigen Fehlertoleranzgrenzen können große Auswirkungen auf eine Zulassung haben.

Trotzdem sind schon jetzt zwölf Dralle-Fahrzeuge in deutschen Wäldern unterwegs. Vor allem die Staatsforsten in Bayern, Thüringen und Brandenburg nutzen die Technik. Der Käufer muss dem Einsatz allerdings zustimmen, und da zögern noch viele.

Die Zurückhaltung trifft auch das niedersächsische Start-up Fovea. Gründer Manfred Ide hat eine Smartphone-App entwickelt, mit der Holzstämme schnell und einfach vermessen werden können. Auf der Computermesse Cebit hatte ihm Sigmar Gabriel dafür den Gründerpreis des Wirtschaftsministeriums überreicht. Doch die Warnung des Holzverbandes hat viele Kunden abgeschreckt. "Durch die Unsicherheit warten viele Interessenten ab", klagt Ide.

Fakten zum Startup Fovea

Dass die Holzkäufer den Einsatz der fotooptischen Vermessung verhindern wollen, hat nach Ansicht der Waldbesitzer einen finanziellen Grund. Es war bisher sehr schwierig, die Holzmengen genau zu messen.

Die Spielräume sollen bei manchen Holzkunden oder Sägewerken gar Teil der Geschäftskalkulation sein. "Manche Holzhändler leben nicht von der Preis-, sondern von der Maßdifferenz", sagt ein Branchenkenner. Nach Schätzungen von Holzverkäufern liegen die Holzmessungen um drei bis fünf Prozent unter den tatsächlichen Mengen.

Die Holzkäufer wollen zudem die Kontrolle über die Preisbestimmung behalten, denn die Vermessung von Stämmen, die zu Brettern verarbeitet werden, erfolgt bislang im Sägewerk. "Das ist so, als ob ich beim Metzger Fleisch hole, das selbst zu Hause wiege und ihm dann das Geld überweise", sagt Markus Ziegeler, Geschäftsführer des Deutschen Forstwirtschaftsrates, der die Interessen der Waldbesitzer vertritt. In den Sägewerken werde zwar mit genauer Lasertechnik gemessen, dabei sei es jedoch üblich, jeden einzelnen Durchmesser und das Gesamtergebnis abzurunden.

Rütteln am Rüttelfaktor

Wenn die Stämme auf LKWs im Sägewerk angeliefert werden, ist zudem die Zuordnung zu den ursprünglichen Holzstapeln im Wald und damit zu den ursprünglichen Verkäufern nicht immer ganz einfach.

Noch stärker betroffen ist Rundholz, das etwa zu Spanplatten oder Papier verarbeitet wird. Dabei wird nach dem Raummaß abgerechnet, gemessen wird dabei das Gesamtvolumen der Stämme mit Rinde und Luft. Hier ist es gängige Praxis, dass die zu bezahlenden Mengen weniger von der Messgenauigkeit als vom Verhandlungsgeschick abhängen, wie auch Ohnesorge als Vertreter der Holzkäufer bestätigt.

Die Preise pro Kubikmeter seien oft vorher in Rahmenverträgen festgelegt. Dann besichtigen und messen Käufer und Verkäufer gemeinsam die Holzstapel. Je nach Qualität oder Feuchtigkeitsgrad ist es üblich, sich auf eine Anpassung der Mengen zu einigen. Spielraum dafür bietet beispielsweise der Rüttelfaktor, der berücksichtigen soll, wie krumm die Stämme sind und wieviel Luft sich dazwischen befindet. Die manuell ermittelten Messwerte werden entsprechend angepasst, doch das wird meistens nicht dokumentiert.

"Diese Umrechnungsfaktoren sind ein beliebtes Einfallstor für Blenderpreise", kritisiert Wald-Vertreter Ziegeler. So würden zwar vermeintlich attraktive Kubikmeterpreise vereinbart, die durch solche Mengenanpassungen für manchen Holzverkäufer aber doch zum schlechten Geschäft würden: "Gerade für kleine Waldbesitzer ist das ein schwer durchschaubares Spiel."

Die neuen Technologien können hier für mehr Transparenz sorgen. Dabei wollen deren Anbieter den Rüttelfaktor gar nicht abschaffen, Dichte und Luftanteil werden mit der neuen Technik auch berücksichtigt. Dralle-Manager Stuhlmann: "Das ist dann aber im Nachhinein für alle viel besser nachvollziehbar."

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