Losgegangen war es mit den dubiosen Geschäften bei Schumag, nachdem das Unternehmen seine Maschinenbausparte verkauft hatte und von heute auf morgen über 40 Millionen Euro auf dem Konto lagen. Eigentlich hätte der Vorstand damit dringend nötige Investitionen finanzieren müssen. Doch dazu kam es nicht. Die Maschinen bei Schumag sind inzwischen so marode, dass sie jedes Jahr 35.000 Stunden ausfallen.
Stattdessen wanderte das Geld unter anderem in das ominöse und offensichtlich gescheiterte Russland-Geschäft, für das nun niemand die Verantwortung tragen will. Schumag-Chef Ohlinger fühlt sich von Großaktionär und Aufsichtsrat Koschel, der dem Unternehmen das „Know-how-Paket“ verkaufte, sowie vom damaligen Vorstandschef Heinen hereingelegt. Koschel dagegen schiebt alles auf die damaligen Vorstände. Diese seien schuld daran, dass Schumag mithilfe des „Know-how-Pakets“ keine Aufträge hereinholen konnte. So habe Schumag in einem Fall Zertifikate für ein paar Tausend Euro benötigt, um einen Millionenauftrag an Land zu ziehen. Der Vorstand aber habe die Rechnung des Zertifizierers nicht beglichen und damit das Geschäft versemmelt. Im Übrigen erwarte er noch Gewinne. Die Geschäftslinie sei immer noch werthaltig.
Große Retourkutsche
Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache: Bis September 2012 hat die Energietochter von Schumag, die die Pipeline-Geschäfte an Land ziehen sollte, 6,7 Millionen Euro verbrannt.
Ex-Vorstandschef Heinen holt gar zur großen Retourkutsche gegen das gegenwärtige Management aus. Schumag, so sein Vorwurf, werde „noch immer als Spielball für die Ego-Trips und Fehden der örtlichen Führungskräfte“ missbraucht. Der Aufsichtsrat habe beim Russland-Geschäft sämtliche Informationen gehabt und den Deal einstimmig genehmigt.
In der Tat müssen sich die Aufsichtsratsmitglieder, zu denen damals auch Ohlinger gehörte, die Frage gefallen lassen, ob sie ausreichend hingeschaut haben. Die Unterlagen einer Aufsichtsratssitzung jedenfalls erwecken den Eindruck, dass die Kontrolleure nicht so ganz genau wussten, was sie da eigentlich für die Schumag einkauften. Im Protokoll ist eher rudimentär von einer „Geschäftslinie Russland“ die Rede. Obwohl es intern auch warnende Stimmen gab, winkte der Aufsichtsrat den Russland-Deal durch.
Neuer Ärger
Wann Schumag aus dem Schlamassel kommt, ist nicht absehbar. Denn wer gehofft hatte, der Einstieg des chinesischen Autoteile- und Kleidungsherstellers Meikai mit 52 Prozent brächte Ruhe ins Unternehmen, sieht sich getäuscht. Erst einmal schafft der neue Großaktionär weitere Probleme. So verliert Schumag durch den neuen Mehrheitseigentümer das Recht, die Verluste der Vergangenheit mit späteren Gewinnen steuerlich verrechnen zu können. Das heißt, das Unternehmen muss künftige Gewinne – und in diesem Jahr wird Schumag vermutlich wieder schwarze Zahlen schreiben – versteuern. Internen Kalkulationen zufolge könnten durch den Eigentümerwechsel in den kommenden fünf Jahren Steuern in Höhe von bis zu zehn Millionen Euro anfallen.
Des Weiteren drohen die Eigentumsverhältnisse Schumag zu blockieren. Denn Miaocheng Guo, der Chef des neuen Großaktionärs Meikai, hätte auch gerne Koschels 27 Prozent übernommen. Der aber wollte nicht für 1,35 Euro pro Aktie verkaufen. Nun kann Koschel mit seinen 27 Prozent eine Kapitalerhöhung bei Schumag durch die Chinesen verhindern, da hierfür 75 Prozent der Stimmen auf der Hauptversammlung nötig sind.
Der Betriebsrat steht dem neuen Aktionär aus China Unternehmenskreisen zufolge ebenfalls eher feindlich gegenüber.
Die Mitarbeiter sind bei Schumag mächtig, da ihnen acht Prozent des Unternehmens gehören. Meikai-Chef Gou soll kürzlich zwar versichert haben, am Standort Aachen festhalten zu wollen, um die Kunden nicht zu verunsichern. Doch das Misstrauen der Beschäftigten ist groß.
Die vergangene Schumag-Hauptversammlung beendete Betriebsrats- und Aufsichtsratschef Ralf Marbaise mit den Worten: „Wir haben noch ein Ass im Ärmel.“ Viele Anwesende verstanden das als Drohung an die Adresse der Chinesen.