Elektroauto-Pionier Tesla gerät unter die Räder

US-Behörden untersuchen erneut einen Unfall mit einem Tesla-Auto. Wieder könnte es einen Zusammenhang mit der Autopilot-Funktion geben. Für Elon Musk ist das der nächste Rückschlag – die Nervosität der Anleger wächst.

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Tesla-Chef Elon Musk Quelle: REUTERS

Bei Tesla häufen sich die schlechten Nachrichten. Am Mittwoch meldeten die US-Behörden, sie würden erneut einen Unfall eines Tesla-Autos untersuchen. Erst in der vergangenen Woche war ein tödlicher Unfall eines Tesla-Autos mit eingeschalteter Autopilot-Funktion bekanntgeworden. Danach hatte der Tesla-Chef Elon Musk verlauten lassen, der Vorfall sei „nicht bedeutsam“ für den Unternehmenswert gewesen. Und nun liegen die Nerven blank.

Der „Fortune“-Journalist Alan Murray zweifelte am Dienstag via Twitter eben jenes Statement von Elon Musk an. Der Tesla-Chef kartete auf dem selben Kanal umgehend und pampig zurück: „Ja, wichtig für Sie – für einen Bullshit-Artikel, um die Anzeigenerlöse in die Höhe zu treiben. Aber für uns ist es nicht bedeutsam, wie der Aktienkurs zeigt.“ Nach einem kurzen Einbruch hatte dieser sich wieder erholt.

Ein „Fortune“-Artikel hatte die Frage aufgeworfen, welche Bedeutung es haben könnte, dass Musk von dem Unfall eines selbstfahrenden Fahrzeugs bereits im Mai wusste. Wenige Tage vor dem Verkauf von eigenen Aktien im Rahmen einer großen Kapitalerhöhung hatte er dieses Wissen nicht veröffentlicht.

Die fünf Stufen des automatisierten Fahrens

Sollte der Aktienkurs nun nach dem Bekanntwerden des Unfalls noch abstürzen, könnte der Fall möglicherweise viele Rechtsanwälte beschäftigen. Vor allem, wenn am Ende der bislang vorläufigen Untersuchungen der US-Behörden ein Fahrzeugrückruf stehen sollte. Tesla bleibt in Stellungnahmen dabei, dass der Unfall keine Information gewesen sei, die man den Anlegern damals hätte mitteilen müssen.

Für den charismatischen Multiunternehmer Elon Musk kommt derzeit vieles zusammen. Die angepeilte Milliardenübernahme des verlustgeplagten Solar-Panel-Herstellers Solar City, von Musk als perfekte Lösung dargestellt, stößt auf wenig Interesse bei Aktionären und Analysten. Nicht zuletzt, weil Musk als Solar-City-Großaktionär einer der größten Profiteure wäre.

Die Angst: Tesla braucht selbst jeden Cent, um die Produktion des neuen Model 3 aufzubauen, für den hunderttausende Bestellungen vorliegen. Solar City könnte aber die letzten Reserven aufbrauchen und Tesla zwingen, schneller als erwartet weiteres Geld aufzunehmen.

Sein Produktionsziel von 500.000 Autos pro Jahr will Musk wegen der hohen Nachfrage schon 2018 statt 2020 erreichen. Eine Ankündigung, die die Wall Street mit Erstaunen aufnahm. Es wäre nicht weniger als eine Verzehnfachung der 2015er-Zahlen. Da passt die Mitteilung vom Sonntag mitten im „Independence Day“-Wochenende überhaupt nicht, Tesla habe im abgelaufenen Quartal mit 14.370 Fahrzeugen erneut die Auslieferungsziele verfehlt.

US-Verkehrssicherheitsbehörde untersucht zweiten Unfall


Am Mittwoch dann die nächste Hiobsbotschaft: Der Fahrer eines Tesla X SUV krachte am 1. Juli in die Leitplanken eines Highways in Pennsylvania, der Wagen überschlug sich. Er hatte nach eigenen Aussagen den Autopiloten eingeschaltet. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA teilte mit, dass sie derzeit Informationen zu dem Unfall sammelt.

Die Tesla-Chronik

Es könnte dann der zweite Unfall weniger Tage sein, den die Behörde im Zusammenhang mit dem Autopiloten untersucht. Tesla selbst erklärte, man habe derzeit keine Informationen, ob der Autopilot eingeschaltet war. Die Antenne des Fahrzeugs, das automatisch wichtige Fahrzeugdaten an Tesla in Kalifornien übermittelt, könnte durch den Überschlag beschädigt worden sein. Man habe mehrfach vergeblich versucht, den Fahrer zu kontaktieren.

Das „Wall Street Journal“ berichtet derweil über einen weiteren Unfall vom November 2015, bei dem ein Tesla-Wagen trotz Autopilot auf einen abgestellten Lastwagen aufgefahren war. Es habe keine Verletzten gegeben, der Wagen hatte allerdings einen Totalschaden. Auf Anfrage der Zeitung räumte Tesla mehrere Unfälle mit Autopilot-Beteiligung ein, konstatierte aber auch, dass die Unfallrate der Fahrer ohne Nutzung der Technik höher liege als die der Autopiloten.

Trotzdem zog ein bekanntes Investmenthaus in den USA, Pacific Crest, nun erste Konsequenzen und setzte den fairen Wert der Aktie bei 190 Dollar an, rund 25 Dollar unter dem aktuellen Kurs. Unter anderem die anhaltenden Fertigungsprobleme und eine wachsende Popularität des preiswerteren Model S mit 60 KW-Batterie zulasten der teureren Versionen dürften die Gewinnmargen senken. Die Tesla-Aktie verlor zum Handelsbeginn und schloss am Mittwoch dann aber praktisch unverändert zum Vortag.

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