Energiekonzern EWE-Chef kämpft um seinen Job

Der Oldenburger Strom- und Gasversorger EWE will am Mittwoch seinen Vorstandsvorsitzenden Matthias Brückmann abberufen. Vorher sprechen möchte das Gremium mit dem Manager aber nicht mehr. Nun meldet sich sein Anwalt.

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Matthias Brückmann steht erst seit 2015 an der Spitze des Oldenburger Regionalversorgers. Am Mittwoch berät der Aufsichtsrat über seine Ablösung. Quelle: dpa

Düsseldorf Sein Brief ist halb Bitte, halb Warnung. „Sehr geehrter Herr Dr. Kaulvers“, schreibt der Anwalt von Matthias Brückmann, dem Vorstandsvorsitzenden der EWE AG, an Stephan Andreas Kaulvers, den Aufsichtsratsvorsitzenden von Deutschlands fünftgrößtem Energieunternehmen. Er habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass eine Anhörung von Herrn Brückmann in der Sitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch „ausdrücklich abgelehnt“ werde. „Damit wird Herrn Brückmann jegliche Möglichkeit genommen, gegenüber dem Aufsichtsrat zu den erhobenen Vorwürfen persönlich Stellung zu nehmen und diese damit in dem zuständigen Gremium auszuräumen.“

So ist die Lage. Brückmanns Vertrag läuft noch bis 2020, aber seine Tage sind gezählt. Im Oktober 2015 als Vorstandsvorsitzender bei der EWE AG angetreten, legte Brückmann ein hohes Tempo vor. Er steigerte die Gewinne, strich die ausgeuferten Sponsoring-Aktivitäten seines Vorgängers zusammen und stieß Ermittlungen der Konzernrevision an. Anlass waren Vorwürfe von Bestechung und Kick-Back-Vereinbarungen bei EWE Netz, dem wichtigsten Unternehmenteil des Konzerns. Den Anschuldigungen zufolge ließen sich Manager seit Jahren von Geschäftspartnern schmieren.

Doch noch bevor der erste Zwischenbericht in Sachen Korruption fertig war, fiel Brückmann selbst. Die Vorwürfe, die der Aufsichtsrat für seinen Rauswurf gesammelt hat, sind bunt. Brückmann soll einem Pizzeria-Kellner bei der Stromrechnung geholfen haben. Außerdem gebe es eine Fahrerflucht mit seinen Dienstwagen. Der wichtigste Vorwurf: Brückmann überwies eine Spende von 253.000 Euro eigenmächtig an die Stiftung der Boxer Vitali und Wladimir Klitschko.

Anfang Februar 2017 sprach sich das Präsidium des Aufsichtsrats einstimmig gegen Brückmann aus. Mit ihm selbst wollten die Kontrolleure danach nicht mehr sprechen. Am Mittwoch kommt nun der Aufsichtsrat zusammen, um das Aus zu besiegeln. Brückmann selbst ist nicht geladen. Es gab zwar ein letztes Treffen mit Brückmann und seinem Anwalt. Aufsichtsratschef Kaulvers nahm daran aber nicht teil. „Aus gesundheitlichen Gründen“, wie es hieß.

Also wird schriftlich kommuniziert. Brückmanns Anwalt verschickte mit seinem Brief nicht nur eine siebenseitige Entgegnung auf all die 17 Punkte, die dem Vorstandsvorsitzenden seitens der EWE vorgeworfen werden. Er fügte gleich auch ein 17-seitiges Gutachten eines Rechtsprofessor bei, das sich allein mit der Spende Brückmanns an die Klitschko-Stiftung auseinandersetzt. Ergebnis: Keiner der Vorwürfe sei stichhaltig.

Auf die 20 Aufsichtsräte der EWE AG wartet nun viel Lesestoff. Einige von ihnen mögen sich fragen, ob der ganze Aufwand wirklich angemessen ist. So geht es etwa bei der Pizzeria-Frage um den Zahlungsrückstand eines Kellners, der zugleich EWE-Kunde war. Der Mann bat Brückmann um Hilfe oder Rat. Doch bevor der Vorstandsvorsitzende aktiv werden konnte, sei die Rechnung schon beglichen gewesen, schreibt Brückmanns Anwalt.

Die angebliche Fahrerflucht sei in Wirklichkeit ein Lackschaden gewesen. Brückmann touchierte mit seinem Auto eine Betonwand und meldete den Vorfall am nächsten Tag an der zuständigen Stelle im Unternehmen. Auch die angeblich überhöhten Hotelrechnungen könne er nicht nachvollziehen. Brückmann habe in denselben Hotels geschlafen wie seine Kollegen.


Strittige Spende an die Klitschko-Spende

EWE wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Gutachten äußern. Ein Sprecher betonte jedoch, dass vom Spendenbudget des Vorstands von 500.000 Euro bereits am 23. Februar 2016 eine Summe von 450.000 Euro an die EWE-Stiftung überwiesen worden sei. Damit standen dem Vorstand nur noch 50.000 Euro für Spenden zur Verfügung. Die strittige Spende an die Klitschko-Stiftung wäre demzufolge nicht mehr gedeckt gewesen.

In Kreisen des Aufsichtsrates heißt es, seinen Rauswurf werde Brückmann wohl nicht mehr abwenden können. Die Vorwürfe seien für viele Aufseher nur ein dankbarer Anlass, um sich vom Vorstandschef zu trennen. Der habe sich im Haus unter anderem mit seinem ruppigen Führungsstil unbeliebt gemacht.

Und auch die kommunalen Eigentümern seien mit Brückmann unzufrieden. Der EWE-Verband musste vor einem Jahr weitere zehn Prozent des Unternehmens übernehmen, als die Energie Baden-Württemberg (EnBW) ausstieg. Brückmann hatte den kommunalen Aktionären den Deal nahegelegt, ihnen aber versprochen schnell einen neuen Investor zu finden. Der ist nicht in Sicht – und der EWE-Verband muss die teure Finanzierung der Transaktion tragen. Die Mehrheit sei gegen Brückmann – und dagegen könne sich kein Vorstandschef halten, hieß es aus dem Umfeld des Aufsichtsrates. Entscheidend sei aber, die Art und Weise wie man sich trenne. Die Entscheidung wird erst in den Abendstunden fallen. Der Aufsichtsrat kommt erst um 17 Uhr zusammen

Einen hochkantigen Rauswurf will Brückmann jedenfalls nicht akzeptieren. Nicht einmal der bestellte Untersuchungsbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zu seinem Mandaten sei komplett, warnte Brückmanns Anwalt bereits: „Ich gehe daher davon aus, dass in der Aufsichtsratssitzung am 22.02.2017 keine meinen Mandanten betreffenden Entscheidungen getroffen werden.“

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