Entscheidung über Aufsichtsrat-Besetzung Was Sie über die Stada-Hauptversammlung wissen müssen

Die Hauptversammlung des Arzneimittelherstellers Stada wird richtungsweisend für den Konzern: Es steht eine Kampfabstimmung über den Aufsichtsrat bevor. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

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Bei der Hauptversammlung des Pharmaherstellers steht eine Kampfabstimmung über die Besetzung des Aufsichtsrats an. Quelle: dpa

Frankfurt Warum ist die HV von Stada so spannend?
Es geht in der Hauptversammlung von Stada letztlich um eine richtungweisende Entscheidung über die künftige Führung und Ausrichtung des viertgrößten Pharmaherstellers mit Firmensitz in Deutschland. Es steht eine Kampfabstimmung über die Besetzung des Aufsichtsrats bevor, deren Ausgang im Vorfeld der HV aber schwer abzuschätzen ist.

Wer sind die Gegner?
Als maßgebliche Kontrahenten stehen sich der Stada-Aufsichtsrat unter dem Vorsitz von Martin Abend auf der einen und der aktivistische Investor Active Ownership Capital (AOC) auf der anderen Seite gegenüber.

Welche Entscheidungen stehen konkret an?
Die wichtigste Entscheidung betrifft die Neubesetzung des Aufsichtsrates. Im Prinzip stehen sich zwei konkurrierende Wahlvorschläge gegenüber. Stada schlägt die Wahl von vier neuen Vertretern für den AR vor. Prominentester AR-Kandidat auf der Liste von Stada ist dabei Opel-Marketing-Vorstand Tina Müller (47). Ferner sollen der Amgen-Manager Rolf Hoffmann (57), die frühere Geschäftsführerin des Medikamenten-Lohnhersteller Aenova, Birgit Kudlek (49) und der ehemalige Bayer Crop-Science-Manager Gunnar Riemann (58) neu in das Gremium einziehen.

Welche Kandidaten schickt Active Ownership ins Rennen?
AOC will im Gegensatz zur Verwaltung alle sechs Vertreter der Kapitalseite austauschen und schlägt dazu in einem Gegenantrag zur HV auch die Abwahl von Martin Abend (53)und Carl Ferdinand Oetker (43) vor. Für Abend soll der Novartis-Manager Eric Cornut, für Oetker die Bundesbahn-Managerin Ursula Schütze-Kreilkamp in den Stada-AR einziehen. AOC schlägt außerdem auch Gegenkandidaten zu den von Stada nominierten Kandidaten Birgit Kudlek und Gunnar Riemann vor. An deren Stelle sollen der frühere Novartis- und Glaxo-Manager Hans-Helmut Fabry und der ehemalige Hexal-Finanzchef Klaus J. Krauth in den Stada-AR gewählt werden.

Welche weiteren wichtigen Entscheidungen stehen an?
Weitere wichtige Entscheidungen sind die Abstimmung über ein neues Vergütungssystem für Stada sowie über die Abschaffung der vinkulierten Namensaktien. Während das Vergütungssystem ebenfalls umstritten ist, wird die Abschaffung der Vinkulierung sowohl von der Stada-Führung als auch von den Opponenten befürwortet.

Was bedeutet die Abschaffung der Vinkulierung?
Das würde bedeuten, dass eine Übertragung von Stada-Aktien künftig nicht mehr, wie bisher, vom Vorstand des Unternehmens genehmigt werden muss. Branchenkenner und Finanzexperten glauben, dass dieser Beschluss eine Übernahme von Stada in Zukunft erleichtern wird. Vor allem angelsächsische Investoren, heißt es, hab dieses Instrument abgeschreckt, obwohl der Stada-Vorstand bisher Übertragungen routinemäßig genehmigt hat.

Welche Mehrheiten sind für die Wahl der AR-Mitglieder erforderlich?
Laut Satzung der Stada genügt für die Beschlüsse eine einfache Mehrheit auf der Hauptversammlung.

Wie sieht die aktuelle Aktionärsstruktur von Stada aus?
Der letzten Aktionärserhebung des Unternehmens zufolge, befinden sich noch 36 Prozent des Kapitals im Besitz deutscher Aktionäre, darunter Ärzte und Apotheker, die noch etwa einen Anteil von zehn Prozent halten. Rund 35 Prozent der Aktien liegen bei US-Investoren, weitere knapp 30 Prozent bei Aktionären im europäischen Ausland. Insgesamt 68 Prozent des Kapitals halten institutionelle Investoren.

Wer steht hinter AOC?
Active Ownership Capital wurde von Klaus Röhrig und Florian Schuhbauer gegründet, der zuvor Manager beim Private-Equity-Unternehmen Triton tätig war. Die Gesellschaft wird nach eigenen Angaben von europäischen Unternehmerfamilien und ausgewählten institutionellen Investoren finanziert und verwaltet einen dreistelligen Millionenbetrag.


Welche Ziele verfolgt AOC?

Wie hoch ist der Kapitalanteil von AOC bei Stada?
Der Finanzinvestor hält nach eigenen Angaben 5,05 Prozent des Kapitals von Stada und kontrolliert weitere rund zwei Prozent über Optionsrechte.

Welche langfristigen Ziele verfolgt AOC?
Nach eigenen Angaben verfolgt der Fonds das Ziel, den Unternehmenswert von Stada aktiv zu steigern, indem man „die Umsetzung von operativen, strategischen und strukturellen Verbesserungen“ fördert. Man wolle d

ie Unternehmen, bei denen man sich engagiere, als Partner langfristig und konstruktiv begleiten.

Gibt es weitere versteckte Ziele?
Kritiker und manche Branchenkenner spekulieren, dass AOC eigentlich darauf zielt, Stada komplett zu verkaufen oder zu zerschlagen. Das wird von dem Finanzinvestor bestritten.

Was sind die Hauptkritikpunkte der Opponenten?
AOC und andere Kritiker werfen Stada vor, dass die operative Entwicklung des Unternehmens in den letzten Jahren deutlich hinter der Konkurrenz zurückgeblieben ist und dass der Aufsichtsrat des Konzerns die Grundsätze guter Unternehmensführung (Corporate Governance) nicht ausreichend beachtet hatte, indem er unter anderem dem früheren Firmenchef Hartmut Retzlaff zu große Machtfülle überließ und zu hohe Bezüge zugebilligte.

Wie reagierte die Stada-Führung auf die Kritik?
Stada reagierte auf den Angriff von AOC unter anderem mit dem Vorschlag, vier Positionen im Aufsichtsrat zu ersetzen. Der neue Firmenchef Matthias Wiedenfels hat eine Reorganisation eingeleitet und neue Wachstumsziele für den Pharmahersteller präsentiert. Der Umsatz soll danach von zuletzt 2,1 Milliarden Euro bis 2019 um gut ein Fünftel und der bereinigte Nettogewinn um 51 Prozent auf rund 250 Millionen Euro.

Wer unterstützt AOC?
Überwiegend für die Vorschläge der Opponenten haben sich die Aktionärsberater Glass Lewis und Institutional Shareholder Service (ISS) ausgesprochen. Beide unterstützen die Abwahl des AR-Vorsitzenden Abend, sprechen sich aber gegen die Abberufung von Oetker aus dem Aussichtsrat aus. Vor allem bei angelsächsischen Fonds haben die Empfehlungen der Berater Gewicht. Auch der amerikanische Investor Guy Wyser-Pratte steht auf Seiten AOC. Er fordert den Verkauf von Stada an Private Equity Fonds.

Wen hat die Stada-Verwaltung auf ihrer Seite?
Überwiegend für die AR-Kandidaten von Stada hat sich der deutsche Aktionärsberater Ivox ausgesprochen, der zwar im vergangenen Jahr von Glass Lewis übernommen wurde, aber ein eigenes Votum vorgelegt hat. Auch die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) stehen eher auf der Seite der Stada-Verwaltung.

Was passiert, wenn sich AOC durchsetzt?
In diesem Fall dürfte es wohl zu einer relativ grundlegenden Neuausrichtung des Konzerns kommen. Der neue AR dürfte die bisherige Strategie komplett auf den Prüfstand stellen und über kurz oder lang auch den Vorstand austauschen.

Wird Stada am Ende verkauft?
Das ist aus heutiger Sicht schwer zu sagen. Manche Branchenkenner gehen fest davon aus, dass es dazu kommen wird. Sie trauen dem Unternehmen ein hohes Wertsteigerungspotenzial zu. Das Interesse an dem Pharmakonzern gilt als sehr groß. Etliche große Beteiligungsgesellschaften bereiten sich auf mögliche Offerten für Stada vor. Besonders hohes Interesse wird der Private Equity Firma CVC nachgesagt.

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