Enttäuschung bei Eli Lilly Alzheimer – eine Hoffnung weniger

Ein neuer Fehlschlag bei der Entwicklung eines Alzheimer-Medikaments sorgt für Enttäuschung bei Forschern und Pharmainvestoren. Die Aktie des US-Konzerns Eli Lilly stürzte zwischenzeitlich um mehr als 12 Prozent ab.

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Kurssturz nach Forschungsrückschlag. Quelle: Reuters

Frankfurt Der Kampf gegen Morbus Alzheimer entpuppt sich weiter als harte Nuss für die Pharmaforscher. Nachdem in den letzten Jahren bereits diverse Projekte scheiterten, musste nun auch der US-Konzern Eli Lilly enttäuschende Daten für seinen Wirkstoffkandidaten Solanezumab bekanntgeben. In einer sogenannten Phase-III-Studie verfehlte er den primären Endpunkt, wie Lilly mitteilte. Patienten, die mit Solanezumab behandelt wurden, hätten keine statistisch signifikante Verlangsamung beim Rückgang ihrer geistigen Fähigkeiten gezeigt.

Das Forschungsprojekt des US-Konzerns stand zuletzt stark im Blickpunkt von Pharmainvestoren. Denn im Erfolgsfall hätte Solanezumab der erste Vertreter einer neuen Klasse von Alzheimer-Medikamenten werden können. Das Marktpotenzial für wirksame Alzheimer-Medikamente wird auf zweistellige Milliardenbeträge geschätzt. Auch die Börse reagierte daher bitter enttäuscht. Die Lilly-Aktie verlor im frühen Handel an der New Yorker Börse mehr als 12 Prozent an Wert. Die Aktie des Biotechunternehmens Biogen, das an einem ähnlichen Wirkstoff arbeitet, büßte rund fünf Prozent ein. Auch andere Pharmawerte standen unter Druck.

„Die Resultate sind nicht so, wie wir es erhofft hatten und wir sind enttäuscht für die vielen Millionen Menschen, die auf eine wirksame Behandlung von Alzheimer warten“, ließ sich Lilly-Chef John Lechleiter in einer Pressemitteilung des US-Konzerns zitieren. Eine Zulassung von Solanezumab will Lilly nun nicht weiter verfolgen. Zugleich betonten die Manager des Konzerns, dass das Unternehmen über genügend andere Neuentwicklungen verfüge, um weiter wachsen zu können.

Mit dem Rückschlag bei Solanezumab wird die These, dass Ablagerungen Amyloid-Molekülen im Gehirn für die Demenzerkrankung verantwortlich sind, erneut in Frage gestellt. Sie ist einer der zentralen Ausgangspunkte für viele Forschungsprojekte. Ebenso wie Solanezumab zielt daher auch eine Reihe weiterer Entwicklungsprodukte von anderen Pharmafirmen darauf, diese Amyloid-Ablagerungen zu reduzieren oder ihre Bildung zu verhindern.

Dazu gehören etwa ein Medikamentenkandidat, den Biogen ebenfalls in einer großen Studie testet, oder ein Wirkstoff, den der Schweizer Konzern Roche in Kooperation mit der Münchner Morphosys entwickelt. Die Ergebnisse dieser Studien werden erst für die nächsten Jahre erwartet. Die Zweifel an den Projekten dürften aber durch die Resultate von Lilly wieder gewachsen sein.

Insgesamt erwies sich die Alzheimer-Forschung für die Pharmahersteller bisher als extrem schwierig. Praktisch alle Projekte auf dem Gebiet in den letzten zehn bis 15 Jahren sind gescheitert. Die letzten Neuzulassungen erfolgten in den 90er-Jahren. Dabei handelt es sich um Medikamente wie Aricept (von Pfizer und Eisai) und das von der deutschen Merz Pharma entwickelte Memantine. Diese Mittel können indessen nur die Symptome von Alzheimer etwas lindern, den Krankheitsverlauf aber nicht stoppen oder umkehren.

Auch der Wirkstoff Solanezumab hatte in der Vergangenheit schon einmal enttäuscht. Lilly hatte die Studien aber in modifizierter Form wieder aufgegriffen, nachdem ein ähnliches Molekül von Biogen überraschend gute Daten in einer kleineren Phase-II-Studie gezeigt hatte. In dieser Phase der klinischen Tests werden Medikamente bei einer größeren Zahl von etwa 50 bis 200 Patienten erstmals auf Wirksamkeit getestet. Positive Ergebnisse müssen anschließend aber in nochmals größeren Tests der Phase III bestätigt werden, bevor man eine Zulassung beantragen kann.

Angesichts des Umfangs und der langen Dauer dieser Studien sind die klinischen Alzheimer-Projekte relativ teuer. Biogen etwa investiert nach eigenen Angaben eine Milliarde Dollar in diese Forschung. Ähnliche Summen dürften bei Lilly angefallen sein. Für das vierte Quartal hat der Pharmakonzern eine Abschreibung von 150 Millionen Dollar im Zusammenhang mit dem Solanezumab-Fehlschlag angekündigt. Genauere Daten aus der Studie will der US-Konzern am 8. Dezember auf einer Fachtagung vorstellen.

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